Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Antrage, wurden der Kapitän Meryweather Lewis und der Lieutenant William Clarke beauftragt, den Missouri von dessen Mündung in den Mississippi bis zur Quelle zu erforschen, die Felsengebirge auf kürzestem und leichtestem Wege zu überschreiten, um eine Verbindung zwischen dem Golf von Mexiko und dem Stillen Ocean einzuleiten. Gleichzeitig sollten jene Officiere mit den Indianern, welche sie möglicherweise träfen, Handelsbeziehungen anzuknüpfen suchen.
Er sah den Missouri in einem einzigen Schwalle herabstürzen. (S. 83.)
Die Expedition bestand aus regulären Soldaten und Freiwilligen und zählte, die Officiere mitgerechnet, im Ganzen dreiundvierzig Mann. Diese führten ein Flußschiff und zwei Piroguen mit sich.
Javanischer Krieger. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Am 14. Mai 1804 verließen die Amerikaner den Wood River, der in den Mississippi fällt, um in den Missouri einzufahren. Nach verschiedenen, in dem von Gaß veröffentlichten Tagebuche eingestreuten Bemerkungen erwarteten die Theilnehmer dieses Zuges sowohl auf natürliche schwere Hindernisse, als auch auf riesengleiche Wilde zu treffen, die einen unbezwinglichen Haß gegen die Weißen hegen sollten.
Während der ersten Tage dieser ungeheueren Bootsfahrt, mit der von früher her nur die Orellana’s und La Condamine’s auf dem Amazonenstrome zu vergleichen waren, hatten die Amerikaner das Glück, gleichzeitig mit einigen Sioux einem alten Franzosen und ehemaligem canadischen Waldläufer zu begegnen, welcher der Sprache der meisten Stämme im Missourithal mächtig und erbötig war, jene als Dolmetscher zu begleiten.
Nach und nach kamen sie nun an den Nebenflüssen Osaga, Kansas, la Plate oder Shallow River und dem Weißen Fluß vorüber. Dabei trafen sie wiederholt auf Indianer, vorzüglich auf Osagen und Sioux oder Mahas, welche ihnen alle in offenbarem Verfalle erschienen. Von den letzteren hatte ein Stamm so schwer durch die Blattern gelitten, daß die Ueberlebenden, in einem Anfalle von blinder Raserei, ihre von der Krankheit verschont gebliebenen Frauen und Kinder erschlugen und aus dem verpesteten Gebiete entflohen.
Weiterhin fand man die Ricaris oder Rees, die man anfänglich für die rechtlichsten, umgänglichsten und thätigsten von allen bisher Gesehenen hielt. Einige Diebstähle stimmten freilich sehr bald die hohe Vorstellung herab, die man sich von ihrem ehrenwerthen Charakter gemacht hatte. Auffälliger Weise beschäftigte sich dieser Stamm nicht ausschließlich mit der Jagd, sondern erbaute auch Getreide, Erbsen und Tabak.
Anders verhielt es sich mit den, kräftiger als ihre Stammverwandten entwickelten Mandanen. Bei ihnen findet man dieselbe merkwürdige Gewohnheit wie in Polynesien, die Todten nicht zu begraben, sondern sie auf einem Gerüste lange Zeit zur Schau auszustellen.
Clarke’s Bericht liefert uns einige Kenntniß von diesem merkwürdigen Volksstamme. Die Mandanen sehen in dem göttlichen Wesen nur die Fähigkeit, zu heilen. Sie erkennen deshalb auch nur zwei Gottheiten an, welche als »der Große Arzt« und »der Geist« bezeichnet werden. Soll man wohl annehmen, daß das Leben für sie eine so überwiegende Bedeutung hat, daß sie Alles anbeten, was jenes zu verlängern im Stande scheint?
Auch ihr Ursprung ist nicht minder interessant. Anfänglich bewohnten sie ein am Ufer eines Sees gelegenes unterirdisches Dorf. Als aber ein Weinstock seine Wurzeln so tief trieb, daß sie bis zu ihnen hinabreichten, gelangten einige Mandanen, an denselben emporkletternd, nach der Oberfläche der Erde. Auf ihre begeisterte Schilderung der ausgedehnten Jagdgebiete und des Reichthums an Wild und Früchten hin, beschloß das dadurch bestochene Volk sofort nach jenen von der Natur so begünstigten Gegenden auszuwandern. Schon hatte die Hälfte des Stammes die Erdoberfläche erreicht, als der Weinstock unter dem Gewicht einer besonders wohlbeleibten Frau nachgab und damit den übrigen Mandanen die Möglichkeit abschnitt, aus der Tiefe emporzuklimmen. Nach diesem Leben erwarten sie auch in jene ursprüngliche unterirdische Heimat zurückzukehren; doch gelangen nur Diejenigen dahin, welche mit reinem Gewissen sterben; die Uebrigen werden in einen großen See gestürzt.
Bei diesem Volksstamme also schlugen unsere Forschungsreisenden am 1. November ihr Winterquartier auf. Sie errichteten sich so bequeme Hütten, wie es ihre verfügbaren Mittel zuließen, und überließen sich, trotz sehr rauher Temperatur, während des
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