Der Triumph des 19. Jahrhunderts
nachher eine Menge kleiner Messingschälchen mit Schaffleisch, Reis in Bouillon, gebratenen Hühnchen und in Scheiben geschnittenem Käse. Dem Fürsten und den Georgiern setzte man geräucherten Lachs mit frischen Kräutern vor, weil eben Neumond war. In Georgien weiß man nichts von Löffeln, Gabeln und Messern, man trinkt die Suppe gleich aus der Schüssel, langt das Fleisch mit den Händen zu und zerreißt es mit den Fingern in mundgerechte Stücke. Ist man gegen Jemand sehr freundschaftlich gesinnt, so wirst man ihm wohl ein saftiges Stückchen zu. Die Gerichte werden übrigens auf das Tischtuch aufgetragen. Zum Schlusse der Tafel servirte man Weintrauben und gedörrte Früchte. Während des Essens ging fleißig recht guter, im Lande erzeugter Rothwein herum, der tatarisch »Traktir«, georgisch »Ghwino« heißt, und aus einer sehr flachen, mehr einer Untertasse ähnlichen Silberschale getrunken wurde.«
Wenn dieses Sittengemälde an sich interessant ist, so ist es nicht weniger die Art und Weise, wie Klaproth die verschiedensten Erlebnisse darstellt. Man lese z. B. folgenden Bericht des Reisenden über einen Ausflug nach den Quellen des Terek, deren Lage Güldenstädt zwar genau bestimmt, die er aber selbst nicht gesehen hatte:
»Ich brach von Outsfars Kan am 17. März, an einem schönen, frischen Morgen auf. Fünf Osseten bildeten meine Begleitung. Nach einer halben Stunde Weges begannen wir auf einer steilen beschwerlichen Straße emporzusteigen und kamen so an die Stelle, wo der Outssar Don in den Terek fällt. Von hier aus hatten wir eine Meile noch schlechteren Weg am rechten Ufer des, gewöhnlich kaum zehn Schritt breiten, jetzt aber durch das Schmelzen des Schnees angeschwollenen Flusses. Diese Seite desselben ist übrigens unbewohnt. Weiter bergaufgehend, erreichten wir den Fuß des Khoki oder Istir Khoki. Endlich gelangten wir nach einer Stelle, an der uns große, im Flußbette aufgehäufte Felsblöcke den Uebergang nach dem Dorfe Tsiwratte Kan gestatteten, wo ein Frühstück eingenommen wurde; hier vereinigen sich die einzelnen kleineren Wasserläufe, welche zusammen den Terek bilden. Befriedigt durch die glückliche Erreichung unseres Zieles, goß ich ein Glas Ungarwein in den Fluß und brachte eine zweite Libation dem Genius des Berges dar, aus dem der Terek seine Quellen herleitet. In der Meinung, ich verrichtete eine Ceremonie, betrachteten mich die Osseten dabei mit andächtiger Verwunderung. Ich ließ an die glatte Wand eines großen Schieferfelsens mit rother Farbe das Datum meiner Reise, sowie meinen Namen nebst denen der begleitenden Osseten anschreiben, und begab mich dann noch etwas höher hinauf bis zu dem Dorfe Ressi.«
In seinem Reiseberichte aus dem wir leicht noch weitere Auszüge geben könnten, stellt Klaproth alle Nachrichten und Aufschlüsse zusammen, die er über die Völkerschaften des Kaukasus erhalten konnte, und betont vorzüglich die merkwürdige Aehnlichkeit der georgischen Dialecte mit denen des finnischen und wogulischen (ugrischen) Sprachstammes.
Bezüglich der Lesghier, welche im östlichen Kaukasus wohnen und deren Gebiet Daghestan oder Lezghistan genannt wird, sagt Klaproth, daß man die Bezeichnung Lesghier nur so gebrauchen darf, »wie man sich früher der Namen Scythen oder Tataren bediente, womit nur Bewohner des nördlichen Asiens gemeint waren;« etwas später fügt er hinzu, daß jene keineswegs eine einzige Nation bilden, was schon die große Anzahl gebräuchlicher Dialecte verräth, »welche indessen einer und derselben Quelle zu entstammen scheinen, während sich nur im Laufe der Zeit beträchtliche Abweichungen eingebürgert haben«. Hierin verbirgt sich ein eigenthümlicher Widerspruch: entweder bilden die Lesghier, wenn sie Alle dieselbe Sprache reden, wirklich eine zusammengehörige Nation, oder wenn letzteres nicht der Fall wäre, können sie auch nicht verschiedene Dialecte sprechen, welche aus der nämlichen Quelle herstammen. Nach Klaproth zeigen die lesghischen Wörter viele Uebereinstimmung mit anderen Sprachen des Kaukasus und des nördlicheren Asiens, vorzüglich mit den finnischen und samojedischen Dialecten Sibiriens.
Westlich und nordwestlich von den Lesghiern trifft man die Metzdjeghis oder Tchetchensen, wahrscheinlich die ältesten Bewohner des Kaukasus. Damit stimmt freilich Pallas nicht überein, der jene vielmehr für einen abgesonderten Zweig der Alanen ansieht. Die Sprache der Tchetchensen zeigt viele Aehnlichkeiten und Analogien
Weitere Kostenlose Bücher