Der Triumph des 19. Jahrhunderts
erschöpft, daß Ritchie am 20. November stirbt; Lyon lag ebenfalls längere Zeit krank und hatte, wieder genesen, nur damit zu thun, die heimlichen Versuche des Sultans zu vereiteln, der, in der Hoffnung auf den Tod der Reisenden, sich ihres Gepäckes zu bemächtigen strebte. Auch Lyon konnte über die Südgrenzen von Fezzan nicht hinausgelangen; er fand aber hinlänglich Zeit, über die hauptsächlichsten Städte des Reiches und die Sprache der Bewohner werthvolle Aufschlüsse zu sammeln. Daneben verdankt man ihm auch die ersten authentischen Nachrichten über die Tuaregs, die wilden Bewohner der Wüste und deren Religion, Sprache, Lebensweise und sonstige merkwürdige Gewohnheiten.
Kapitän Lyon’s Bericht ist außerdem reich an Details über Bornu, Wadai und Sudan, welche, wenn sie auch nicht alle auf eigener Anschauung fußen, doch mit Sorgfalt gewählt sind.
Die bisher erzielten Resultate entsprachen freilich nicht der englischen Habgier, welche ihren Kaufleuten die reichen Märkte des Binnenlandes zu erschließen suchte. In Folge dessen wurde ein der Regierung gemachtes Anerbieten eines Schotten, des Doctor Walter Oudney, den die Reiseberichte Mungo Park’s begeistert hatten, ohne Bedenken angenommen. Zur Seite stand ihm ein um drei Jahre älterer Schiffslieutenant, Hugues Clapperton, der sich auf den canadischen Seen vielfach ausgezeichnet, den aber der Friedensschluß von 1815 zur unfreiwilligen Muße verurtheilt hatte, indem er noch dazu auf Halbsold gesetzt wurde. Doctor Oudney’s vertrauliche Mittheilungen von seinem Vorhaben bestimmten Clapperton sofort, sich dem abenteuerlichen Zuge anzuschließen. Oudney erwirkte sich vom Ministerium die Unterstützung dieses thatenlustigen Officiers, dessen ausgebreitete Kenntnisse ihm gewiß von großem Vortheile sein mußten. Lord Bathurst erhob keine Schwierigkeiten, und die beiden Freunde schifften sich, nach Entgegennahme specieller Instructionen, nach Tripolis ein, wo sie bald erfuhren, daß ihnen als Chef der Major Dixon Denham beigegeben war.
Geboren zu London am 31. December 1785, war Denham anfangs Gehilfe bei einem Eigenthümer größerer Ländereien. Schon nahm er die Stelle als Vertreter des Besitzers ein, konnte der Beschäftigung aber so wenig Geschmack abgewinnen, daß er, abenteuerlustig von Charakter, lieber in einem Regimente, das nach Spanien abging, Dienste nahm. Bis 1815 kämpfte er mit, dann benutzte er seinen Urlaub, um Frankreich und Italien zu besuchen.
Sein Ehrgeiz verführte Denham, diejenige Laufbahn zu wählen, die ihn, selbst auf die Gefahr des Lebens hin, am schnellsten befriedigen konnte, und so entschloß er sich zu kühnen Forschungsreisen. Die Ausführung folgte bei ihm dem Gedanken auf der Ferse. Er schlug dem Ministerium vor, auf dem Wege, welchen später Laing folgen sollte, nach Timbuctu zu gehen; als er bei dieser Gelegenheit aber vernahm, mit welcher Sendung Lieutenant Clapperton und Doctor Oudney betraut seien, bat er um die Vergünstigung, sich diesen anschließen zu dürfen.
Eine Sklaven-Kafila. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Versehen mit Allem, was er für die Reise als nothwendig betrachtete, und nachdem er einen geschickten Zimmermann, Namens Hillman, engagirt, schifft sich Denham ohne Zaudern nach Malta ein und trifft mit seinen zukünftigen Reisegefährten am 21. November 1821 in Tripolis zusammen.
Leibwache des Scheikh von Bornu. [Facsimile. Alter Kupferstich.] (S. 95.)
Der englische Name hatte gerade zu jener Zeit einen guten Klang und großes Ansehen in den Barbareskenstaaten nicht allein wegen des erfolgreichen Bombardements von Algier, sondern auch, weil der Consul von Großbritannien in Tripolis durch seine gewandte Politik ein recht gutes Einvernehmen mit den höchsten Behörden der Regentschaft herzustellen gewußt hatte. Dieser Einfluß machte sich auch bald über den ersten beschränkten Kreis hinaus geltend. Die Nationalität verschiedener Reisender, der Schutz, den England der Pforte angedeihen ließ, die Gerüchte von seinen Kämpfen und Siegen in Indien, Alles das war, wenn auch lückenhaft, selbst im Innern von Afrika bekannt geworden, und der englische Name, ohne daß man sich Rechenschaft geben konnte, zu hohem Ansehen gestiegen. Nach Aussage des britischen Consuls war der Weg von Tripolis nach Bornu ebenso sicher wie die Straße von London nach Edinburgh. Jetzt schien also der Zeitpunkt gekommen, aus diesen Vortheilen, die sich vielleicht nicht sobald wieder darboten,
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