Der Triumph des 19. Jahrhunderts
ganze Bekleidung; ein anderes kleineres Stück verhüllte den Kopf und fiel von da auf die Schultern herab oder war ganz nach hinten geschlagen. Trotz dieser mangelhaften Kleidung bewahrten sie doch eine sehr züchtige und bescheidene Haltung.«
Eine Meile hinter Bilma, gleich nach einer klaren Quelle, welche die Natur hierher verlegt zu haben scheint, um den Reisenden zur Deckung seines Wasserbedarfs einzuladen, nimmt eine Wüste ihren Anfang, welche man erst nach zehn Tagereisen durchmißt. Früher mochte sich hier ein großer Salzsee ausgebreitet haben.
Am 4. Februar 1828 erreichte die Karawane Lari, eine an der Nordgrenze von Bornu unter 14°40’ nördlicher Breite gelegene Stadt.
Die durch die Stärke der Karawane erschreckten Bewohner derselben flohen entsetzt auseinander.
»Die trübe Stimmung aber, welche diese Wahrnehmung in uns erregte, sagt Denham, machte bald einer ganz anderen Empfindung Platz, als wir etwas weiter hin, kaum eine Meile von der Stelle, an der wir uns befanden, den großen See Tchad im Sonnenglanze schimmern sahen. Der für uns so erquickende Anblick erfüllte Alle mit einer solchen Befriedigung, daß ich keine Worte finde, dieselbe zutreffend zu schildern.«
Von Lari an änderte sich das Aussehen des Landes vollständig. Auf die bisherige Sandsteppe folgt nun ein lehmiger, rasenbedeckter Boden, da und dort mit zerstreuten Akazien und anderen Baumarten, unter denen Antilopenheerden weideten oder Hühner von Guinea und Tauben aus der Berberei ihr herrliches Gefieder durch die grünen Blätter schillern ließen. Städte und Dörfer, letztere meist aus kugelförmigen und mit Hirsestroh bedeckten Lehmhütten bestehend, wechselten mit einander ab.
Längs des Tchadsees, dessen Nordspitze sie zuerst berührt hatten, zogen die Reisenden nun weiter nach Süden. Die Ufer dieser großen Wasserfläche bestanden aus schlammigem, schwarzem aber verhältnißmäßig festem Boden. Das Wasser im See steigt zur Winterszeit ziemlich hoch an und fällt während des Sommers; es ist süß, fischreich und von Flußpferden und Schwimmvögeln bevölkert. Nahe der Mitte desselben, im Südosten, liegen mehrere Inseln, auf welchen Biddohmahs hausen, ein räuberischer Stamm, der von der Beute lebt, die er sich vom festen Lande holt.
Die Fremden hatten einen Boten an den Scheikh El Khanemi vorausgesendet, um sich die Erlaubniß zum Betreten seiner Hauptstadt zu erbitten. Bald erschien auch ein Abgesandter desselben, der Bou Khaloum und dessen Begleiter einlud, nach Kouka zu kommen. Unterwegs kam die Karawane durch Beurwha, eine befestigte Stadt, welche bisher allen Angriffen der Tuaregs widerstanden hatte, und überschritt den Yeou, einen großen Fluß, dessen Breite an manchen Stellen wohl hundertfünfzig Faß betrug. Dieser Zufluß des Tchad kommt aus Sudan.
Am südlichen Ufer desselben erhebt sich eine hübsche, mauerumschlossene Stadt, welche gleichfalls Yeou heißt und halb so groß wie Beurwha sein mag.
Bald darauf langte die Kafila an den Mauern von Kouka an und wurde am 17. Februar, nach zweieinhalbstündigem Zuge, von einer bewaffneten Schaar von viertausend Mann empfangen, welche sehr gut einexercirt schienen. Unter denselben befand sich auch eine Abtheilung Neger, die Leibwache des Scheikh, deren Ausrüstung stark an die der alten Ritter erinnerte.
»Sie trugen, sagt Denham, Panzerhemden aus Eisenkettengliedern, welche die Brust bis zum Halse bedeckten, und nach vorn und hinten herabfielen, wodurch sie die Seiten des Pferdes und die Schenkel des Reiters schützten. Als Kopfschmuck führten sie eiserne Helme, und darüber gelbe, weiße oder rothe Turbans, die unter dem Kinn zusammengeknüpft wurden. Auch die Köpfe der Pferde waren durch Platten des nämlichen Metalls verwahrt. Ihre Sättel waren klein und leicht; die Steigbügel aus Zinn und so eng, daß man nur die Fußspitze hineinstecken konnte; als Fußbekleidung diente ihnen übrigens eine mit Krokodilhaut verzierte Ledersandale. Sie ritten wirklich vorzüglich, sprengten in scharfem Galopp bis auf wenige Schritte an uns heran und schwangen in Bou Khaloum’s Nähe die Lanzen unter dem Rufe: ›Barca! Barca! Willkommen! Willkommen!‹«
Umgeben von dieser glänzenden Phantasie zogen die Engländer und die Araber in die Stadt ein, wo als Ehrenbezeugung für sie noch ein ähnliches militärisches Schauspiel veranstaltet wurde.
Der Scheikh El Khanemi ließ sich die Fremden bald vorführen. Jener mochte fünfundvierzig Jahre zählen. Er hatte
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