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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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eine ansprechende Erscheinung mit freundlichem, geistvollem und wohlwollendem Gesichtsausdrucke.
    Die Engländer händigten ihm die Briefe des Paschas aus. Als der Scheikh dieselben durchlesen, fragte er Denham, was er und seine Gefährten in Bornu zu beginnen gedächten.
    »Wir wollen nur das Land sehen, sagte Denham, und uns über dessen Bewohner, Natur und Erzeugnisse unterrichten.
     

    Empfang der Mission. [Facsimile. Alter Kupferstich.] (S. 98.)
     
    – So seid mir willkommen, erwiderte der Scheikh; es soll mir ein Vergnügen sein, Euch Alles zu zeigen. Ich habe für Euch Wohnstätten in der Stadt herstellen lassen; seht sie Euch mit einem meiner Leute an und fürchte nicht, auszusprechen, was Ihr daran etwa auszusetzen habt.«
     

    Ulan des Sultans von Beghermi. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
     
    Die Reisenden erhielten bald Erlaubniß, Thier-und Vögelbälge, welche ihnen interessant schienen, zu sammeln und Alles aufzuzeichnen, was der Beobachtung werth schien. So kamen sie in Besitz einer großen Menge schätzenswerther Nachrichten auch über die Nachbarstadt Koukas.
    Die letztere, damals die Hauptstadt von Bornu, besaß einen Markt, wo Sklaven, Lämmer, junge Ochsen, Weizen, Reis, Erdnüsse, Feuerbohnen, Indigo und verschiedene andere Landesproducte verhandelt wurden. In den Straßen der Stadt, welche mindestens fünfzehntausend Einwohner zählte, herrscht ein ungemein reges Leben.
    Angornu ist ebenfalls eine große, mit Mauern umschlossene Stadt von dreißigtausend Seelen. Sie galt früher als Hauptstadt des Landes. Auch ihr Markt war nicht unbedeutend. Daselbst feilschen oft nicht weniger als hunderttausend fremde Käufer und Verkäufer um den Preis von Fischen, Geflügel, Fleisch, das roh oder gekocht zu Markte gebracht wird, Zinn, Kupfer, Weihrauch und Korallen. Leinwand war hier so billig, daß fast Jeder Hemd und Beinkleider aus diesem Gewebe trug. Die Bettler verfuhren auf eigenthümliche Weise, um Erbarmen zu erwecken; sie besetzen die Zugänge des Marktplatzes, halten ein Stück alter, zerrissener Hofe in der Hand und rufen die Vorübergehenden unter kläglichen Geberden mit den Worten an: »Seht, ich habe nicht einmal Beinkleider!« Die Neuheit dieses Kniffes, das Verlangen nach einem Kleidungsstücke, das in ihren Augen nothwendiger als selbst die Nahrung erscheint, zwang den Reisenden zu lautem Lachen, als er zum ersten Male Zeuge einer solchen Scene war.
    Bisher hatten die Engländer nur mit dem Scheikh zu thun gehabt, der, sich mit der ausübenden Gewalt begnügend, dem Sultan die nominelle Oberherrschaft überließ. Dieser Fürst war eine sonderbare Persönlichkeit und ließ sich nur, gleich einem merkwürdigen, gefährlichen Thiere, durch das Gitter einer Art Käfigs aus Rosenholz sehen, der nahe seinem Gartenthore stand. Eine bizarre Mode an diesem Hofe bestand auch darin, daß Alle, die daselbst verkehrten, um elegant zu erscheinen, einen starken Leib haben und sogar künstliche Mittel anwenden mußten, um nur fettleibig zu erscheinen, was sonst doch Jedermann eher für störend hält.
    Die raffinirtesten Hofschranzen hatten, wenn sie zu Pferde saßen, einen so stark ausgestopften Bauch, daß dieser vorn über den Sattelknopf herabhing. Außerdem erforderte die Etiquette einen Turban von solcher Weite und so großem Gewichte auf dem Kopfe zu balanciren, daß Die, welche ihn trugen, oft den Kopf zur Seite neigen mußten.
    Diese barocken Ausschreitungen erinnerten ungemein an die so häufigen Türken der Maskenbälle. Die Reisenden hatten manchmal alle Mühe, solchen Zerrbildern gegenüber den nöthigen Ernst zu wahren.
    Neben diesen feierlich-amüsanten Empfangsceremonien und Erscheinungen machte man aber doch viel interessante Beobachtungen und zog Nachrichten aller Art ein, welche manches frühere Dunkel erhellten.
    Denham wäre nun gern so bald als möglich nach Süden zu aufgebrochen. Der Scheikh schlug das aber ab, um die Sicherheit der ihm vom Bey von Tunis empfohlenen Fremdlinge nicht zu gefährden. Seit dem Betreten des Gebietes von Bornu war ja an Bou Khaloum’s Verantwortlichkeit die des wohlwollenden Scheikh getreten. Denham’s Gesuch wurde aber endlich so dringend, daß er von El Khanemi die Erlaubniß erhielt, Bou Khaloum bei einer »Ghrazzie« oder Razzia zu begleiten, welche dieser gegen die Kaffir oder Ungläubigen unternehmen wollte.
    Die Armee des Scheikh und die Araber kamen nun durch Yeddie, eine große, geschlossene Stadt, zwanzig Meilen von Angornu; ferner durch

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