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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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in’s Ohr.«
    Eines Tages wollte der alte Häuptling seine Kunst als Sänger und Tänzer zeigen, um die Fremden zu überraschen.
    »Trotz der Last seiner Lebensjahre lustig hüpfend und das weiße Haar schüttelnd, heißt es in dem Berichte, machte er unzählige Luftsprünge zum großen Vergnügen der Zuschauer, deren Gelächter, das einzige gebräuchliche Beifallszeichen der Afrikaner, der Eitelkeit des Greises höchlichst schmeicheln mußte, so daß er sogar eine Krücke zu Hilfe nahm, um die Vorstellung fortzusetzen. Er hinkte noch ein wenig hin und her, mußte aber aus Erschöpfung aufhören und sich neben uns auf die Schwelle der Hätte niederlassen. Um alles in der Welt wollte er uns seine Schwäche nicht merken lassen. Keuchend vor Anstrengung, suchte er doch möglichst ruhig Luft zu schöpfen und den pfeifenden Athem zu unterdrücken; er versuchte auch noch einmal zu tanzen und zu singen; die Natur forderte aber ihre Rechte und seine schwache, zitternde Stimme war kaum vernehmbar. Inzwischen setzten andere Sänger und Sängerinnen, Tänzer und Musiker ihr ohrbetäubendes Concert fort, bis wir, müde vom Hören und Sehen, bei einbrechender Nacht sie baten, sich zurückzuziehen, zum großen Leidwesen des lustigen, eitlen Greises.«
    Mallam Dendo rieth den Engländern übrigens davon ab, weiter flußabwärts zu reisen. Egga, sagte er, sei die letzte Stadt von Nyffe; die Macht der Fellans reicht nicht weiter, und bis zum Meere hin würden wir nur wilde, barbarische, stets mit einander im Kriege liegende Völkerschaften treffen.
    Diese Warnung und die Aussage der Einwohner gegen die beiden Lander, daß sie Gefahr liefen, ermordet oder gefangen genommen und als Sklaven verkauft zu werden, hatten deren Leute so erschreckt, daß sie sich weigerten, wieder auf das Boot zu gehen, und erklärten, nach Cape Coast Castle auf dem früher eingeschlagenen Wege zurückkehren zu wollen. Die beiden Brüder hielten jedoch an ihrem ersten Entschlusse fest, jene gaben nach und am 22. October verließen Alle Egga, von dem sie sich mit drei Flintenschüssen verabschiedeten.
    Einige Meilen jenseits desselben flatterte eine Möwe über ihren Köpfen hin und her, ein Zeichen von der Nachbarschaft des Meeres und die fast gewisse Verheißung, daß sie sich dem Ende ihrer mühseligen Reise näherten.
    Nach und nach kamen sie an mehreren kleineren, halb unter Wasser stehenden Dörfern und an einer großen Stadt am Fuße eines Berges vorüber, der jene fast zu erdrücken schien; den Namen der Stadt konnten sie nicht erfahren. Ferner kreuzten sie eine ungeheuere Menge Canots, in der Bauart denen von dem Bonny-und dem Calabarflusse entsprechend; die Besatzungen der letzteren sahen mit höchstem Erstaunen die weißen Männer, wagten aber nicht, mit ihnen zu sprechen.
    Die niedrigen und auf weite Strecken hin sumpfigen Ufer des Niger wurden bald höher, reicher und fruchtbarer.
    Kacunda, wo die Bewohner von Egga Richard Lander Halt zu machen empfohlen hatten, liegt an der Westseite des Stromes. Von einiger Entfernung aus gesehen, bietet dasselbe wirklich einen malerischen Anblick.
    Beim Erscheinen der Reisenden geriethen die Einwohner in nicht geringe Aufregung. Ein alter Mallam, das ist ein Priester und Lehrer des Islam, nahm jene aber unter seinen Schutz. Ihm hatten es die beiden Brüder zu verdanken, daß ihnen in der Hauptstadt eines von Nyffe unabhängigen Reiches ein recht guter Empfang zutheil wurde.
    Was die Reisenden von dieser Stadt oder vielmehr der Vereinigung von vier Dörfern sehen oder über dieselbe hören konnten, stimmte mit dem überein, was sie schon in Egga erfahren hatten. Richard Lander entschloß sich auch, von hier aus nur des Nachts zu reisen und die vier Flinten und zwei Pistolen, welche ihnen noch verblieben, mit Kugeln und Rehposten laden zu lassen.
    Zur größten Verwunderung der Bewohner von Kacunda, welche eine so augenscheinliche Verachtung jeder Gefahr gar nicht begreifen konnten, verließen unsere Forscher die Stadt mit drei schallenden Hochrufen und »legten ihr Schicksal in Gottes Hand«. Mehrere große Städte, an denen sie vorüberkamen, ließen sie sorglich beiseite. Der Lauf des Flusses änderte sich jetzt wiederholt und wandte sich zu einer Reihe hoher Hügel, erst von Süden nach Südosten und dann nach Südwesten.
    Am 25. October befanden sich die Engländer an der Einmündung eines großen Flusses. Es war das der Tchadda oder Benoue. Hier erhob sich eine ausgedehnte Stadt, längs der Niger-und der

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