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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Benoue-Seite, das war Cutumcuraffi.
    Endlich, nachdem sie bald in einem Wasserwirbel umgekommen und ihr Boot an einem Felsen zerschellt wäre, entdeckte Richard Lander einen bequemen, unbewohnten Platz am rechten Stromufer, wo er einmal zu landen beschloß.
    Diese Stelle war immerhin kurz vorher besucht gewesen, wovon noch die Reste eines Feuers, zerbrochene Kürbisflaschen und auf dem Boden zerstreute Scherben von irdenen Gefäßen zeugten, neben welchen sich auch Schalen von Cocosnüssen und Dauben von einem Pulverfäßchen vorfanden, die man mit freudigem Gefühle auflas, da sie die Gewißheit gaben, daß die Einwohner der Gegend mit den Europäern wenigstens einige Verbindung unterhalten mußten.
    Vor drei Leuten aus dem Gefolge Lander’s, welche sich in ein benachbartes Dorf begeben hatten, um Feuer zu holen, waren die Frauen erschreckt entflohen. Die ermüdeten Reisenden hatten sich eben auf die Matten gelagert, als sie sich plötzlich von einer Menge fast nackter Männer umringt sahen, welche mit Gewehren, Bogen, Pistolen, Messern und eisernen Lanzen bewaffnet waren.
    Die Geistesgegenwart und Kaltblütigkeit der beiden Brüder verhütete allein einen scheinbar unvermeidlichen Kampf, dessen Ausgang nicht zweifelhaft sein konnte. Ihre eigenen Waffen niederlegend, gingen sie auf den Anführer des wüthenden Haufens zu.
    Als wir näher kamen, sagt Lander, gaben wir ihm mit den Armen alle erdenkliche Zeichen, um den Wilden und seine Begleiter abzuhalten, auf uns zu schießen. Der Köcher schwankte an seiner Seite, der Bogen war gespannt und ein auf unsere Brust gerichteter Pfeil zitterte, zum Abschießen fertig, als uns nur noch wenige Schritte trennten. Die Vorsehung wandte das drohende Unheil ab, denn eben, als der Häuptling die gespannte Sehne losschnellen wollte, sprang ein dicht neben ihm stehender Mann hinzu und hielt ihm die Arme. Wir standen ihm jetzt Auge in Auge gegenüber und reichten ihm, zitternd wie Espenlaub, die Hand. Der Häuptling sah uns scharf an und – fiel in die Kniee. Sein Gesicht nahm einen gar nicht zu beschreibenden Ausdruck an, in dem sich Furcht und Schrecken mischten und alle guten und bösen Leidenschaften zu kämpfen schienen; endlich ließ er den Kopf auf die Brust herabsinken, ergriff die dargebotene Hand und fing bitterlich an zu weinen.
     

    Viereck-Stuhl des Sultans von Bornu. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
     
    Von jetzt ab war die Freundschaft besiegelt, alle feindseligen Gedanken verdrängt und an deren Stelle trat das denkbar beste Einvernehmen.
    »Ich glaubte, Ihr wäret aus den Wolken gefallene Kinder des Himmels,« sagte der Häuptling, um seine plötzliche Sinnesänderung zu erklären.
    »Es war unser Glück, fügt Lander hinzu, daß unsere weißen Gesichter und unser ruhiges Auftreten diesem wilden Volke solchen Respect einflößten. Eine Minute später wären wir mit mehr Pfeilen gespickt gewesen, als der Igel Stacheln hat.«
     

    Das Canot war über fünfzig Fuß lang. (S. 182.)
     
    Der Ort, wo sich dieser Auftritt zutrug, ist der berühmte Marktflecken Bocqua, von dem die Reisenden öfter reden gehört hatten und wohin von der Küste her viel Händler kommen, um gegen Waaren von den Weißen die aus Funda, am entgegengesetzten Ufer des Stromes, hierher gebrachten Sklaven einzutauschen.
    Hier erhielten die Reisenden nun recht erfreuliche Nachrichten. Das Meer sollte nur zehn Tagemärsche entfernt sein. Die Schifffahrt dahin, fügte der Häuptling von Bocqua hinzu, sei ohne alle Gefahr; nur die Uferbewohner wären »recht schlechte, böse Menschen«. Dem Rathe ihres neugewonnenen Freundes folgend, passirten die Reisenden die schöne und große Stadt Atta, ohne an’s Land zu gehen, und gönnten sich erst einige Ruhe in Abbazaca, wo der Niger sich in drei Arme theilt und der Häuptling der Stadt sie durch seine unersättliche Habgier belästigte. Weiter fuhren sie an zwei oder drei Dörfern vorüber, obwohl man ihnen Zeichen machte, an’s Ufer zu kommen, wahrscheinlich nur, um die Neugier der Eingebornen zu befriedigen, konnten eine Landung aber bei dem Dorfe Damuggo nicht umgehen, wo ein kleiner Mann in einer Soldatenweste sie in englischer Sprache anrief: »Hollah! He! Engländer, kommt hierher!« Es war das ein Bote des Königs von Bonny, der sich hier aufhielt, um für seinen Herrn Sklaven einzukaufen.
    Der Häuptling der Stadt, welcher noch niemals Weiße gesehen hatte, empfing die Reisenden sehr gut, ließ ihnen zu Ehren öffentliche Lustbarkeiten anstellen

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