Der Triumph des 19. Jahrhunderts
und hielt sie unter lauter Festlichkeiten bis zum 4. November zurück. Obwohl der um Rath gefragte Fetisch vor Erreichung des Meeres tausend Gefahren prophezeite, stellte dieser Fürst ihnen doch ein anderes Boot, die nöthigen Ruderer und einen Führer zur Verfügung.
Die unheimliche Vorhersage des Fetisch sollte nur zu bald in Erfüllung gehen. John und Richard Lander fuhren Jeder in einem besonderen Boote. Als sie nach einer großen Stadt – wie sie später hörten, Kirri – kamen, wurden sie von langen Kriegscanots angehalten, von denen jedes vierzig Mann in europäischer Kleidung (bis auf den Mangel an Beinkleidern) trug.
An langen Bambusstangen flatterten an denselben englische Flaggen; außerdem waren sie mit Stühlen, Tischen, Flaschen und anderen Gegenständen wunderlich aufgeputzt. Die schwarzen Matrosen führten Jeder eine Flinte und im Vordertheile jedes Bootes befand sich ein langes vier-oder sechspfündiges Geschütz.
Die beiden Brüder führte man nach Kirri, wo über ihr Schicksal Rath gepflogen wurde. Glücklicher Weise sprachen einige Mallams oder mohammedanische Priester zu ihren Gunsten und bewirkten auch die Rückgabe eines Theiles der ihnen geraubten Sachen, von denen die meisten freilich mit dem inzwischen versenkten Boote Richard Lander’s untergegangen waren.
»Zu meiner großen Freude, schreibt Richard Lander, entdeckte ich wenigstens die Kiste mit unseren Büchern und eine mit den Tagebüchern meines Bruders wieder; auch der Arzneikasten war noch vorhanden, freilich mit Wasser gefüllt.
Ein großer gestickter Nachtsack, der vorräthige Kleidungsstücke enthielt, war geöffnet und geplündert; wir besaßen nur noch ein einziges Hemd, je ein Paar Beinkleider und einen Rock; mehrere werthvolle Gegenstände blieben verschwunden. Meine Journale, mit Ausnahme eines Notizbuches, in dem ich von Rabba aus einige Beobachtungen aufgezeichnet hatte, waren verloren. Ferner fehlten vier Gewehre, davon eines, das Mungo Park gehört hatte, vier Seitengewehre und zwei Pistolen. Neun Elephantenzähne, gerade die schönsten, welche ich je gesehen, die Geschenke der Könige von Wowou und Boussa, eine Menge Straußenfedern, einige schöne Leopardenfelle, verschiedene Sämereien, alle Knöpfe, Kaurimuscheln unsere Nadeln, die wir nöthiger brauchten als Geld, um dafür Nahrungsmittel zu kaufen, Alles war verschwunden und wie die Leute behaupteten, im Niger versunken.«
Das war in der That ein Schiffbruch am Eingange zum Hafen! Ganz Afrika von Badagry bis Boussa durchzogen zu haben, den Gefahren der Schifffahrt auf dem Niger entgangen zu sein, sich glücklich den Händen so vieler habsüchtiger kleiner Fürsten entzogen zu haben, um sechs Tagereisen vom Meere vielleicht Alles scheitern zu sehen, in die Sklaverei geschafft oder zum Tode verurtheilt zu werden, gerade wo man Europa die wunderbaren Resultate der Reise nach so vielen Strapazen, so vielen überstandenen Gefahren und besiegten Hindernissen zu verkünden hoffte; den Lauf des Niger von Boussa aus erforscht zu haben und so nahe daran, auch seine Mündung kennen zu lernen, im letzten Augenblick sich von erbärmlichen Strompiraten aufgehalten zu sehen, das war doch zu viel, und die beiden Brüder mögen recht bittere Gedanken während jener langandauernden Verhandlungen über sie gehabt haben.
Wurden ihnen die gestohlenen Gegenstände auch zum Theil wieder ausgeliefert und der Neger, der die Feindseligkeiten eröffnet hatte, zur Sühnung seiner That mit dem Tode bestraft, so betrachtete man die beiden Brüder immerhin als Gefangene; sie sollten zu Obie, dem Könige von Eboe, geführt werden, der über ihr Schicksal entscheiden sollte.
Offenbar waren die Räuber selbst hier zu Lande fremd und nur ausgezogen, um zu stehlen und zu plündern. Sie gedachten jedenfalls noch in anderen Ortschaften, wie in Kirri, ihr Handwerk zu treiben, wenn sie nicht mächtige Flottillen antrafen, die sich nicht ohne Gegenwehr plündern ließen. Alle Stämme längs des Nigers zeigten sich übrigens gegen einander höchst mißtrauisch, und kein Handelsgeschäft ward anders als mit den Waffen in der Hand abgeschlossen.
Nach zweitägiger Fahrt kamen die Canots vor Choe an einer Stelle an, wo sich der Strom in drei Flüsse spaltet, die jeder noch sehr groß sind und flache, sumpfige, mit Palmen bedeckte Ufer haben.
Eine Stunde später, am 8. November, rief einer der Leute von der Mannschaft, als er Eboe erblickte: »Das ist meine Heimat!«
Hier erwarteten die Forscher
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