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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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neue Schwierigkeiten. Obie, der König von Eboe, war ein junger Mann von gewecktem intelligenten Aussehen, der die Reisenden freundlich empfing. Seine Kleidung, im Ganzen der des Königs von Yarriba nicht unähnlich, war mit so vielen Korallen verziert, daß man ihn mit Recht hätte den »Korallen-König« nennen können.
    Offenbar ging Obie die Erzählung des Ueberfalls, bei dem die Engländer ihre Waaren eingebüßt hatten, recht nahe; leider entsprach die Hilfe seinerseits aber nicht dem Mitleid, das er empfand, und er ließ die Fremden fast Hungers sterben.
    »Die Bewohner von Eboe sind, gleich den meisten Afrikanern, ungemein sorgloser Natur und bauen nichts als Yams, Mais und Bananen. Sie besitzen Ziegen und Geflügel, aber wenig Schafe und Rindvieh. Die sehr umfangreiche Stadt liegt in einer offenen Ebene und beherbergt eine zahlreiche Bevölkerung; als Hauptstadt des Königreichs führt sie nur den Namen »das Land Eboe«. Ihr Palmöl wird geschätzt. Sie bildet schon seit langen Jahren den Hauptsklavenmarkt, wo die Eingebornen sich versorgen, welche dieses Geschäft an der Küste zwischen dem Bonny-und dem Calabarflusse betreiben. Zu Hunderten kommen sie dann auf dem Strome hierher und die Meisten bewohnen gleich ihre Canots, welche vor der Stadt angelegt werden. Fast alles Palmöl, welches die Engländer in Bonny und dessen Nachbarschaft kaufen, stammt von hier, ebenso wie die Sklaven, welche spanische, portugiesische und französische Schiffe an der Küste verfrachten. Von verschiedenen Seiten wurde uns mitgetheilt, daß die Bewohner von Eboe Anthropophagen seien, eine Ansicht, welche unter den Stämmen der Nachbarschaft mehr verbreitet ist als unter denen aus dem tieferen Innern des Landes.«
    Nach Allem, was den Reisenden zu Ohren kam, erschien es ausgemacht, daß Obie sie nur gegen schweres Lösegeld wieder freilassen werde. Der Fürst gehorchte damit gewiß zum Theile den Einflüsterungen seiner Günstlinge, mehr aber trugen die Habsucht und das Drängen der Bewohner von Bonny und Braß dazu bei, welche sich darüber stritten, wer von ihnen die Fremden in ihr Land zurückbringen sollte.
    Ein Sohn des letzten Häuptlings von Bonny, König Peper (Pfeffer), ein gewisser Gun (Flinte), der Bruder des Königs Boy (Junge) und deren Vater Forday, der Braß im Verein mit dem König Jacket (Jacke) regiert, waren die hitzigsten. Sie brachten zum Beweise ihrer Rechtlichkeit Zeugnisse bei, die sie von europäischen Kapitänen, mit denen sie Geschäfte gemacht, erhalten hatten.
    Eines dieser Schriftstücke, unterzeichnet James Dow, Kapitän der Brigg »Susanne« aus Liverpool, und datirt vom ersten Flusse in Braß, September 1830, lautete wie folgt:
    »Kapitän Dow erklärt hiermit, niemals erbärmlichere Kerle getroffen zu haben, als die Landeseingebornen im Allgemeinen und deren Lootsen im Besonderen.«
    In demselben Tone geht es weiter; der Kapitän schildert sie als verächtliche Schurken, welche versucht hätten, sein Fahrzeug an den Klippen der Flußmündung scheitern zu lassen, um sich dessen Fracht zuzueignen. Der König Jacket wird als Erzspitzbube und verschmitzter Dieb dargestellt. Boy allein machte eine rühmliche Ausnahme und verdiente einiges Vertrauen.
    Nach endlosen Verhandlungen erklärte Obie, daß er nach Gesetz und Landesgebrauch das Recht habe, die Gebrüder Lander und deren Gefolge als sein Eigenthum zu betrachten; da er aber dieses Vorrecht nicht mißbrauchen wolle, so werde er sich begnügen, dieselben gegen englische Waaren im Werthe von zwanzig Sklaven auszutauschen.
    Diese Entscheidung, deren Zurücknahme Lander vergeblich bei Obie durchzusetzen suchte, brachte die Brüder erst in volle Verzweiflung, welche bald einer derartigen Gleichgiltigkeit und Apathie Platz machte, daß sie ganz unfähig wurden, überhaupt etwas zur Wiedererlangung ihrer Freiheit zu unternehmen. Fügt man dieser gedrückten Stimmung noch die physische Schwäche und den Mangel an Nahrung hinzu, so begreift man wohl, wie herabgekommen die beiden Reisenden sich fühlen mochten.
    Ohne alle Hilfsmittel, ihrer Nadeln, Kaurimuscheln und Tauschwaaren beraubt, sahen sie sich in die traurige Nothwendigkeit versetzt, ihre Nahrung zu erbetteln.
    »Wir hätten aber, schreibt Lander, ebensogut Bäume oder Steine anflehen können; wenigstens hätten wir dabei die Erniedrigung erspart, abgewiesen zu werden. In den meisten Städten und Dörfern von Afrika wurden wir als Halbgötter betrachtet, in Folge dessen allgemein mit Verehrung,

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