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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Andeutung gemeint hatte, Gwennan sei alles ein bisschen zu Kopf gestiegen: der Reichtum, der Status, die Kontakte zu den Mitgliedern des walisischen Parlaments. Sie war jetzt eine Kriegerkönigin für das Neue Wales, und die Sprache war ihre Waffe.
    «Nur dass das hier überhaupt kein neues Wales ist», hatte Eirion missmutig gesagt. «Es ist dieselbe alte Region, in der dieselben alten Honoratioren das Sagen haben, bloß nennen sie sich jetzt Parlamentsmitglieder, werden aber von denselben scheinheiligen Finanziers unterstützt wie früher und fühlen sich allen anderen überlegen. Auf einmal sehen sie auf alle anderen
herab

    «Und ganz besonders auf die Engländer?», hatte Jane vermutet.
    «Und
ganz besonders
auf die Engländer, weil die Engländer nämlich nicht die einzigartige Identität der Waliser vorzuweisen haben.»
    Eigentlich, sagte Eirion, fand er Gwennan meistens sogar ziemlich unterhaltsam. Sie war extrem oberflächlich und total naiv. Und manchmal konnte sie sogar richtig nett sein. Falls sie einen wahrnahm.
    Leider war Gwennan mit Anhang erschienen. Mit Sioned undLowri, elf und acht Jahre alt, ihren beiden kleinen Prinzessinnen. Vermutlich schon vor der Geburt zweisprachig. Zwerg-Missionarinnen für die Sache der Sprache und der Kultur.
    «Nein, Jane», sagte Sioned zum Beispiel und wackelte mit ihrem erhobenen Zeigefingerchen, bis Jane Lust bekam, eine Schere zu holen und es abzuschneiden. «Ich hab es dir schon so oft gesagt – ich mache das nicht, bevor du mich nicht
yn Cymreig
gebeten hast.»
     
    «Du weißt, was ich hier eigentlich mache, oder?», fragte Jane Eirion, nachdem Sioned gegangen war. Vermutlich würde sie an der Haustür auf die Rückkehr ihrer Mutter und Dafydds warten, um ihnen brühwarm die schockierenden Tatsachen zu erzählen. «Weißt du, was ich
bin

    «Wenn sie irgendwas erzählt, erklären wir ihr einfach, dass du einen Witz gemacht hast», sagte Eirion unbehaglich. «Ist ein ziemlich unanständiger Witz einer Elfjährigen gegenüber, aber   …»
    «Ich bin das erste englische Au-pair-Mädchen in Wales, das bin ich. Ist dir das klar?»
    Gwennan hatte einen Terminkalender hinter die Küchentür gehängt. Für jeden Tag der laufenden Woche war für sie und Dafydd eine Verabredung zum Mittagessen eingetragen. Und jeden Abend dinierten sie in St.   David’s oder Haverfordwest, weil mehrere ihrer Freunde in der Gegend Cottages besaßen. Weil die Küste bei Pembrokeshire inzwischen langsam zu einer Art walisischer Toskana wurde.
    Und wer musste sich in der Zwischenzeit um die grässlichen Gören kümmern?
    «Es ist
genau so
, als wäre ich ein Au-pair-Mädchen», sagte Jane säuerlich, «weil ich mich hier totschufte,
um die verdammte Sprache lernen zu dürfen

    Sie schlug mit den Fäusten auf das Kopfkissen ein.
    «Es tut mir leid!» Eirion schluchzte beinahe. «Mir war wirklich nicht klar, dass sie so   …»
    «…   eigennützig ist?»
    Eirion war zu ehrenhaft, um darauf zu antworten.
    Es war ein großes altes Bauernhaus. Das erste Stockwerk war in zwei Bereiche unterteilt worden. Eine eigene Treppe führte zu Dafydds und Gwennans Suite, eine zweite Treppe zu drei kleinen Schlafzimmern: Sioneds, Lowris   … und in der Mitte Janes. An den meisten Abenden schliefen die Kids ein, während sie ihre jeweiligen Ghettoblaster walisische Rockmusik durch die Rigipswände rechts und links von Janes Bett wummern ließen.
    Wenn man genauer darüber nachdachte, war es sehr unwahrscheinlich, dass es Gwennan und Dafydd stören könnte, wenn sich der junge Master bei dem englischen Au-pair-Mädchen ein bisschen die Hörner abstieß.
    Nicht dass er das getan hatte. Noch nicht. Die ständige Anwesenheit seiner garstigen kleinen Stiefschwestern schien ihn stärker einzuschüchtern, als es ein Verbrecher wie Charles Manson getan hätte.
    Stieffamilien: ein wahrer Albtraum.
    Sie hatte den Kids das Abendessen gemacht. Sie hatte sie ihre Zimmer aufräumen lassen. Sie hatte sie um zehn Uhr ins Bett geschickt. Sie hatte sie um Viertel nach zehn ins Bett
zurück geschickt
. Und zur Krönung dieses endlosen, grässlichen Abends war sie von Mom am Telefon ausgefragt worden und hatte sich hinterher total scheiße gefühlt. Um halb zwölf, als sie vermutlich aussah wie eine komplett überarbeitete Hausfrau, war sie mit Eirion in sein Speicherschlafzimmer gegangen, hatte sich auf sein Bett fallen lassen und ihm von dem Telefonat erzählt.
     
    «Also nochmal», sagte Eirion. «Diese

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