Der Tyrann von Hades
sonderbares Gefühl, auf einen Terminal zuzuschreiten, der mitten in einem riesigen Transportknotenpunkt im Zentrum eines Ballungsraumes hätte liegen sollen, sich aber statt dessen mitten in einem Feld befand, ohne daß ihn eine einzige Straße mit der mächtigen Landmasse der Schale verband. Im Innern des Gebäudes wartete wahrscheinlich die Antwort auf die Frage, warum sich die eintreffenden Auswanderer dazu entschlossen, ihre lange und anstrengende Reise in die unbekannten Außenregionen Solanas fortzusetzen.
Während Sine Anura neben Ancor lief, spürte sie, wie er sich fast unmerklich veränderte. Seine übliche Wachsamkeit steigerte sich zur blitzartigen Reaktionsbereitschaft eines Raubtiers, das hinter einer gefährlichen Beute her ist. Er bewegte sich völlig lautlos, und ihr schoß plötzlich der wahnwitzige Gedanke durch den Kopf, daß er beim geringsten Auslöser wie ein Tiger losspringen würde. Sie hatte Ancor in den verschiedensten Stimmungslagen erlebt, aber selten hatte sie beobachtet, daß ihn sein Killerinstinkt derart umfassend vereinnahmte. Sie spürte, daß es vieles gab, was selbst sie über ihn nicht wußte. Die Sorgfalt, mit der er im Schiff sich selbst und seine Waffen vorbereitet hatte, gab ihr das Gefühl, mit der gefährlichsten Kreatur unterwegs zu sein, die jemals auf einer Schale umgegangen war.
Die Terminalgebäude in ganz Solaria folgten demselben, von Zeus vorgegebenen Muster. In der gekrümmten Front waren große Glastüren eingelassen, durch die man eine gewaltige Wartehalle betrat, in der sich üblicherweise die langen Schlangen ängstlicher Auswanderer drängten und darauf warteten, in die Shuttles verladen zu werden. Hinter der Halle befanden sich gigantische Spiralen, auf denen die Shuttles in und aus den Speichen befördert wurden. Auf den Spiralen gab es hausgroße Drehscheiben, die die Shuttles in Rotation versetzten, die in den langen Monaten der Reise zwischen den Schalen als künstliche Schwerkraft diente. Zur Rechten davon waren die Lagerräume und Wartungsabteilungen, die vollständig automatisiert waren und unter Zeus’ Kontrolle standen, und zur Linken war ein Bereich, der normalerweise die menschliche Verwaltung beherbergte. In der Mitte des Gebäudes befand sich die gewaltige Exis-Speiche, die in diesem Fall über eine Milliarde Kilometer zum nächsten Terminal auf der Uranus-Schale abfiel und sich in unbekannte Weiten an die Grenzen Solarias erstreckte.
Als Ancor den Terminal betrat, rekapitulierte er all das innerhalb eines Augenblicks und konzentrierte sich auf die Unterschiede und das Unerwartete. Drei Shuttles lagen horizontal auf der zuführenden Spirale, aber auf den ersten Blick fand er keinen Hinweis auf die Auswanderer, die sie auf die Neptun-Schale gebracht hatten, noch auf irgendwelche andere Menschen. Allerdings sahen sie ungefähr fünfzig Roboter, die alle aus derselben bläulich schimmernden Legierung wie die Carim Carims gefertigt waren. Die Maschinen standen bewegungslos an den Wänden, und Ancor und Sine konnten nicht erkennen, ob sie einsatzbereit oder deaktiviert waren.
Ancor musterte im Vorbeigehen jeden Roboter auf Anzeichen dafür, daß er möglicherweise eigenständig in Aktion treten könnte. Er achtete auch genau darauf, einen ausreichenden Abstand von ihnen zu halten, um nicht überrumpelt zu werden. Er war derart auf die Sache konzentriert, daß er Sine Anura an seiner Seite zu vergessen schien. Er hielt auf eine Leiter zu, die zu einem Steg hinaufführte. Dort oben befand sich eine kleine Kabine, in der verschiedenfarbige Lichter blinkten. Sine Anura sah zu, wie er die Leiter erklomm, war sich aber nicht sicher, ob sie ihm folgen sollte. Dann besah sie sich die düsteren, schweigenden Reihen der Roboter an den Wänden und entschied rasch, den Kontakt mit Ancor nicht zu verlieren. Sowie er auf dem Steg angekommen war, kletterte sie die Leiter hinauf.
Als Sine den Steg betrat, stand Ancor bereits mit gezogener Waffe vor der Tür der Kabine. Sie nahm an, daß sich jemand darin befand, konnte sich aber nicht vorstellen, daß diese Person Ancor bemerkt hatte, so leise bewegte sich der Mörder. Sie hörte, wie die Tür unter der Wucht von Ancors Stiefel aufflog und anschließend Maqs Kommando: »Raus!« Ein Mann trat lässig aus der Kabine, obwohl Ancor eine Waffe auf seinen Rücken gerichtet hatte, und sagte: »Maq Ancor, nehme ich an.« Er trug einen roten Hut, der exakt demjenigen glich, den der Herr von Seonasere getragen hatte,
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