Der Überläufer: Tweed 3
von Hornberg bekommen hatte, der sie wieder aufgrund der Wagennummer, die Tweed sich gemerkt hatte, als er beobachtete, wie Magda Rupescu vom
Grand Hotel
wegfuhr, beim Verkehrsamt eruiert hatte.
Tweed gab Nield auch eine genaue Beschreibung von Magda Rupescu durch. Der Auftrag Tweeds war einfach und klar. »Wenn diese Frau auftaucht, folgen Sie ihr …«
Nield, achtundzwanzig, dunkelhaarig, mit gepflegtem kleinem Schnurrbart, war nicht der Mann, der langer Erklärungen bedurfte. Als er die Rupescu das Haus verlassen sah, war er drauf und dran, ihr zu folgen. Als Poluschkin eintraf und nahe bei Magda Rupescu stand, hatte er seine Aufnahmen gemacht. Jetzt hatte er das Gefühl, es wäre für Tweed wichtig, schnell die Ergebnisse zu sehen.
Zwei Stunden darauf traf er im
Grand Hotel
ein, trug sich ein, brachte sein Gepäck auf sein Zimmer und rief Tweed an. Eine Minute später stand er in Zimmer 632, Tweed machte die Tür zu, schloß ab und schaltete das Radio ein.
»Ist etwas geschehen?« fragte Tweed.
»Ich glaube, ich habe richtig gehandelt. Wenn nicht, dürfen Sie mir in den Hintern treten.«
»Ich bezweifle, daß das nötig sein wird. Harry Butler wird jeden Augenblick hier sein – ich glaube, wir sollten alle wissen, was passiert …« Tweed unterbrach sich, weil jemand an die Tür pochte. Er ließ die Türkette eingehängt, öffnete, sah, daß es Butler war, und ließ ihn ein.
Die beiden waren sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, aber sie hatten als Team mit Erfolg gearbeitet. Pete Nield war von rascher Auffassungsgabe, sehr behende, seinen dunklen Augen entging nichts. In der Art, wie er sich gab, steckte so etwas wie Herausforderung. Auch liebte er lebhafte Kleidung. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit Nadelstreifenmuster, dazu ein weißes Hemd und eine blaue Krawatte mit aufgedruckten Flamingos.
Harry Butler war größer, kräftiger gebaut, einige Jahre älter, glattrasiert und äußerst umsichtig. Er nickte Nield zu und setzte sich auf den Bettrand. Er war weniger auffällig gekleidet als sein Partner, trug graue Hosen und ein kariertes Sportsakko. Er war nicht der Mann, der sich über Kleidung allzu viele Gedanken machte.
»Schießen Sie los, Pete«, sagte Tweed, als er im Armsessel Platz genommen hatte. »Ich möchte, daß Harry im Bilde ist.«
Nield, der lieber stehenblieb, umriß kurz die Episode in Solna.
Sodann schwenkte er die Arme in einer Geste der Reue.
»Und jetzt kommt, weswegen man mir mein Hinterteil verbleuen könnte. Sie sagten, ich soll die Rupescu überwachen. Nun, nachdem sie mit dem Typen in den Wohnblock gegangen war, dachte ich mir, die würden einige Zeit drinbleiben. Ich mußte sie also sowieso unbeobachtet lassen. Aber ich dachte mir, Sie würden das sehen wollen …«
Er streckte die Hand nach einem großen Umschlag aus, den er auf den Couchtisch hatte fallen lassen, und entnahm ihm zwei Hochglanzabzüge. Nachdem er sie Tweed gegeben hatte, erklärte er weiter.
»Von dem Schlächter haben Sie nichts erwähnt – eine ekelhafte Figur. Ich fuhr zur Britischen Botschaft, zeigte meine Karte und benützte die Dunkelkammer …«
»Haben Sie allein entwickelt und vergrößert?« fragte Tweed.
»Natürlich. Den Fototechniker habe ich rausgeworfen. Er war nicht sehr erfreut, aber man kann nicht allen Leuten einen Gefallen tun. War’s wert, Solna unbeobachtet zu lassen?«
»Was denken Sie, Harry?«fragte Tweed und gab Butler die Bilder.
»Sie haben längere Erfahrung als Pete, längere Erinnerungen.
Erinnern Sie sich an den Mann, der bei Magda Rupescu steht?«
»Oleg Poluschkin. Ein Schweinehund, wenn’s je einen gegeben hat. Spricht fließend Schwedisch, Norwegisch – und Lappisch, soviel ich weiß. Obendrein ein ausgebildeter Killer. Eine sehr böse Neuigkeit.«
»Es war’s also wert?« wollte Nield wissen.
»Und ob.« Tweeds Stimme klang düster. »Sie fahren ihre schweren Geschütze auf – im wahrsten Sinne des Wortes. Rupescu und Poluschkin sind Experten im Umgang mit jeder Waffe.«
»Und vielleicht ist die eine oder andere darunter, an die wir gar nicht denken«, bemerkte Butler. »Pete, ich schlage vor, du unterschätzt Magda Rupescu nicht. Sie ist ein hübsches Todesengelchen.«
»Kommen wir also zum Geschäft und treffen wir unsere Dispositionen«, sagte Tweed. »Hier in Schweden stehen die folgenden Steine auf dem Brett: Cord Dillon, der
anscheinend
eine Affäre mit Helene Stilmar, der Frau von Stilmar, hat. Dann das Team Rupescu-Poluschkin. Die
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