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Der Überlebende: Roman (German Edition)

Der Überlebende: Roman (German Edition)

Titel: Der Überlebende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst-Wilhelm Händler
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insinuieren, dass die Kopfzahl der Mitarbeiter des Labors unbedingt notwendig war. Es folgte ein ausgiebiger Performance-Vergleich zwischen unseren S-bots und denjenigen in Philadelphia, den Cathleen Nebe mit völlig unbewegter Miene zur Kenntnis nahm. Ihr Plan, den Leiter der Geschäftseinheit Industrieroboter als F&E-Vorstand zu verhindern, war gescheitert. Der alte Vorstand war zwei Jahre früher in Pension gegangen, die Roboter hatten bereits im ersten Jahr das Ziel verfehlt, aber die Abweichung war nicht gravierend gewesen. Tatsächlich hatte der jetzige F&E-Vorstand die ihm gestellten Entwicklungsaufgaben sowohl im zentralen Roboterlabor bearbeiten lassen als auch mehrere Firmen gekauft, die in einer ähnlichen Richtung forschten wie wir. Auf die einzelnen Projekte umgerechnet, kam diese Entwicklungsstrategie D’Wolf um Größenordnungen teurer als das, was wir machten. Cathleen Nebe hatte mehrere Vorlagen gefertigt, aber der Leiter der Unternehmensplanung hielt sie unter Verschluss. Er befürchtete, bei einem offenen Vorgehen gegen Mr Charisma den Kürzeren zu ziehen.
    Wir führten Cathleen Nebe zunächst ausgewählte Simulationen und schließlich die Hardware-Experimente vor. Während der Darbietungen meldete sich mehrfach ihr Telefon, jedes Mal beeilte sie sich, das Gespräch entgegenzunehmen, aber die Verbindung brach immer wieder ab. Wir näherten uns dem Höhepunkt, dem Experiment, in dem sich die S-bots auf den Stalagmiten formierten und so dem sich auftuenden Höllenschlund entrannen. Natürlich konnte ich nichts dagegen tun, wenn Cathleen Nebe während der Vorführung telefonierte, aber es würde den Effekt ruinieren. Zwar konnten wir das Experiment ohne Schwierigkeiten beliebig oft wiederholen, aber die Wiederholung machte ebenfalls den Eindruck zunichte. Ich versuchte deshalb, den Beginn hinauszuschieben, in der Hoffnung, Cathleen Nebe würde das ihr so wichtige Gespräch vorher führen. Beim nächsten Anruf hielt die Verbindung. Ohne Begrüßung, ohne Vorrede war der erste Satz, den sie sagte: »Got what we need?« Ich verstand nur diesen einen Satz, denn sie zog sich in eine Ecke des großen Experimentierraums zurück.
    Das Experiment verlief so beeindruckend, wie es sollte. Peter hatte noch die Aufzeichnung eines anderen Vulkanausbruchs besorgt, bei dem mehr Lava floss und die vom Kraterrand herabfallenden Gesteinsbrocken stärker donnerten. An den Blitzen hatten wir ebenfalls gearbeitet, sie waren jetzt so hell, dass sie blendeten, und wir hatten sie mit zischenden Geräuschen unterlegt. Als ob das Timing Teil der Vorführung gewesen wäre, meldete sich Cathleen Nebes Telefon genau in dem Augenblick wieder, als der letzte S-bot der Kette die rettende Erdscholle erreicht hatte.
    Auch diesmal war die Verbindung stabil. Cathleen Nebe sprach nicht, sie hörte nur zu, was der andere sagte. Dabei beobachtete sie die Blitze, die nach wie vor von unserem Himmel herabfuhren. Erst als die Geräusche verstummt und die Lichteffekte erloschen waren, bewegte sie sich wieder.
    »Richtig gute Vorstellung von Ihnen.«
    Danach hatte sie sich höflich von mir und Peter verabschiedet. Ohne die Bildschirmwand mit der Animation meiner Gestalt, aus deren Händen die verschiedenen Typen von Greifarmen herauswuchsen, auch nur eines Blicks zu würdigen. Sie hatte nicht sehen wollen, wie die Hülle meines Körpers von dem großen S-bot abfiel, wie Debbie den S-bot küsste und wie der sich wiederum von meinem unversehrten Körper ablöste.
    Ich zappte alle Kameras auf dem Außengelände des Werks durch, unter dem mittleren der drei großen Bäume vor dem Laborgebäude konnte ich eine Gestalt ausmachen, die flach auf dem Boden zu liegen schien. Die Kamera war ganz oben auf einem Sendemast angebracht, ich zoomte, das konnte nur Cathleen Nebe sein.
    Sie machte Liegestütze auf dem Erdboden unter den kahlen Bäumen. Sie hatte eine lange und weite schwarze Hose an, trotz der Kälte war sie barfuß und trug nur ein ärmelloses schwarzes Unterhemd. Ich sah Cathleen Nebe, als ob ich aus einem Fenster des Labors blicken würde. Ihre Beine, ihr Rumpf, ihr Kopf bildeten eine völlig gerade Linie, die Hände hatte sie weit weg vom Körper aufgestützt. Jeder einzelne Muskel zeichnete sich ab, ebenso die Adern, die die Muskeln versorgten, besonders diejenigen über dem Bizeps, aber auch an den Unterarmen und auf den Händen. Da war eine Ader auf ihrer Stirn, die das rechte Auge mit dem Haaransatz zu verbinden schien. Ihre Muskeln

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