Der ungeladene Gast
Komponenten, Zitronen und Kerbel verliehen Fetträndern Würze.
Das Haus schimmerte stolz vor sich hin.
Porzellanschalen und Glasvasen waren gefüllt mit kleinen Blumenarrangements aus dem Garten: Hyazinthen, Maiglöckchen und Narzissen. Ihr wundervoller Duft, vermischt mit Möbelwachs und blauem Holzrauch, zog sich durch Zimmer, Flure und Treppen. Aus einem kühlen Korridor, erfüllt vom Geruch brennender Feuer, konnte man in ein Schlafzimmer treten und dort vom Duft feuchter Blüten begrüßt werden, den ein Topf wilder Veilchen verströmte, und vom Duft warmer, frisch gestärkter und messerscharf gebügelter Laken und Kopfkissenbezüge.
Sonnenstrahlen, die gelegentlich ihren Weg durch die Scheiben fanden, ließen die Farben der verblassten Teppiche aufleuchten, aber das Wetter war überaus wechselhaft. Ebenso häufig wurden die Zimmer in kühles Halbdunkel getaucht, nur erhellt von den lodernden Flammen in den Kaminen.
Wie auf ein Kommando hin hielten die Mitglieder des Haushalts alle auf einmal in ihren Aktivitäten inne, stellten fest, wie verschwitzt und schmutzig sie waren, und machten sich ebenso hastig, wie sie die Hausarbeit erledigt hatten, ans Umziehen, denn der Zug würde in weniger als einer Stunde eintreffen. Die Frauen halfen sich gegenseitig in ihre Unterkleider. Normalerweise wurden auf Sterne keine Korsetts getragen, wenn allerdings Gäste erwartet wurden, verlangte die Eitelkeit mehr noch als die Schicklichkeit, dass man sich in sie hineinzwängte.
»Ich bade zuerst!«, schrie Clovis und rannte, von Emerald verfolgt, die Treppe hinauf.
»Keine Schlangen im Korridor! Schließlich ist das hier keine Fremdenpension«, sagte Charlotte – die durchaus Erfahrungen mit dem ein oder anderen dieser Etablissements gemacht hatte. »Wir können doch genauso gut unsere Waschständer benutzen. Und ja, Clovis, du kannst als Erster baden, sonst kommst du zu spät zum Zug.«
»Und natürlich wäre es undenkbar, die Geduld der unsäglichen Patience auf die Probe zu stellen«, sagte Clovis, schon dabei, seinen Kragen abzunehmen, und verschwand im Badezimmer.
»Du bist kein bisschen witzig, egal was du denkst«, sagte Emerald zu der geschlossenen Tür.
EIN SCHRECKLICHER UNFALL
Lady war ein nützliches Pony, das – mehr kleines, gedrungenes Pferdchen – mit Leichtigkeit in der Lage war, den Brougham zu ziehen, sofern die Fahrt nicht zu lang und die Fracht nicht zu schwer war. Das Auto war im Vergleich zum bewährten Team, bestehend aus Lady und dem geschlossenen Einspänner, unpraktisch klein und zudem unzuverlässig und deshalb in seiner Box gleich neben der von Ferryman zurückgelassen worden – die schwarzen Reifen im Stroh, mit dem der gepflasterte Boden bestreut war, der Kühler kalt.
Robert, der kurz vor dem Mittagessen von seiner ersten Fahrt zum Bahnhof mit Edward Swift zurückgekommen war, stand um Viertel nach drei abfahrbereit vor der Eingangstür, aber Clovis ließ sich natürlich wie üblich Zeit. Er litt wieder einmal an einer seiner niedergedrückten Stimmungen und kam, statt sich zu beeilen, so langsam aus dem Haus geschlichen, dass Robert erst einmal einen kleinen Riss in einem seiner ledernen Kutschhandschuhe begutachten musste, um ihn nicht anzuschreien.
Mit für den Fall plötzlicher Regengüsse geschlossenem Verdeck rollte die Kutsche zwischen den Eiben hindurch gemächlich vom Haus weg. Robert weigerte sich nämlich, in den Trab zu gehen, bevor die Straße erreicht war, weil er fürchtete, Lady könnte sich einen Muskel zerren, wenn sie sich nicht erst im Schritttempo aufwärmte.
Um Viertel vor vier fing Myrtle an, Emerald die Haare zu machen, die dichter, dunkler und länger waren als die ihrer Mutter, für gewöhnlich aber nur hastig hochgerafft und ungeduldig mit Nadeln festgesteckt wurden. Emerald wusste nie genau, ob sie wirklich alle Nadeln gefunden hatte, wenn sie ihre Haare abends löste. Sie waren so schwer, dass sie ihren Kopf im wahrsten Sinn des Wortes nach unten drückten und eine arge Belastung für ihren Hals darstellten, wenn sie müde war. Die Erleichterung, sie abends über ihren Rücken fallen zu lassen, ganze Hände voll davon zu fassen und Strähne für üppige Strähne auszubürsten, bevor sie sie zum Schlafen zu einem losen Zopf flocht, gehörte zu den Freuden ihres Lebens (auch wenn sie halb damit rechnete, dabei eines Tages auf ein Mäusenest zu stoßen).
Während Myrtle sich an ihren Haaren zu schaffen machte, puderte Emerald sich das Gesicht so langsam
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