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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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durcheinandergebracht.
    »Vielen Dank«, wiederholte sie. »Es geht mir gut.«
    »Werden wir bald weiterkönnen?«, erkundigte sich die Frau. »Wir werden allmählich ungeduldig.«
    »Ich hoffe es«, antwortete Patience und machte sich auf den Weg zum Speisezimmer. Sie hörte, wie die Tür hinter ihr mit einem Klicken geschlossen wurde, und war nicht im Geringsten versucht, noch einmal zurückzusehen.
    Die Szene, die sie bei ihrer Rückkehr zur Party vorfand, war ausgelassen. Zwar war immer noch kein Essen zu sehen, aber sie wurde von Gelächter begrüßt. Smudge sprang aufgeregt auf und ab und rief »Hurra! Hurra!«, während Emerald ein winziges Kätzchen in der Hand hielt und dessen niedliches Gesicht betrachtete.
    Der Besucher, ihr Bruder, John und Clovis saßen lachend – und trinkend, wie sie bemerkte – am Tisch, während Charlotte auf der anderen Seite des Zimmers stand, eingerahmt von den Vorhängen, ein wohlwollendes, wenn auch etwas glasiges Lächeln auf dem Gesicht. Der Besucher sah beileibe nicht so aus, als wäre er, nachdem er sie auf der Treppe beäugt hatte, gerade erst ins Zimmer zurückgekehrt. Vertieft in die Betrachtung des Kätzchens, sah er nur kurz zu Patience hinüber.
    »Sieh nur, Patience, sieh nur. Es heißt Tenterhooks«, rief Smudge, und Patience klatschte entzückt in die Hände.
    »Wie süß!«, rief sie.
    »Meint ihr, es ist hungrig?«, fragte Emerald.
    »Das sind wir wohl alle«, bemerkte der Besucher, dessen Offenheit nach einer kaum merklichen Pause mit Gelächter quittiert wurde.
    »Und was hast du da, Patience?«, fragte Ernest. Natürlich wusste er genau, was es war, er wollte nur die Aufmerksamkeit auf sie lenken, damit sie ihr Geschenk überreichen konnte. Emerald gab das Kätzchen an Smudge weiter, die es an ihren Hals drückte.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Emerald«, sagte Patience und überreichte ihr das Kästchen. »Es ist von uns beiden – und natürlich von Mutter.«
    Alle Augen richteten sich auf Emerald, die lächelnd die Schleife aufzog. »Wie hübsch du es eingepackt hast, Patience«, lobte sie.
    »Sie hatte schon immer geschickte Fingerchen«, kam es, sehr von oben herab, von ihrer Mutter.
    Die Schachtel wurde geöffnet. Sie enthielt ein Kästchen aus poliertem Walnussholz mit einem Verschluss aus Messing. Emerald öffnete es nur zögernd, denn plötzlich wusste sie, was sie darin vorfinden würde.
    Mehrere Dutzend Glasplättchen, alle in knisterndes Seidenpapier gehüllt, schmiegten sich in den schwarzen Samt, mit dem das Kästchen ausgeschlagen war.
    »Oh!«, machte Emerald.
    »Und?«, fragte Patience mit eifriger Stimme.
    »Wie großzügig! Und wie lieb!«, sagte Emerald, klang allerdings nicht sehr überzeugend.
    Patience machte ein langes Gesicht. »Hast du denn gar kein Interesse mehr an deinem Mikroskop, Emerald?«, fragte sie unglücklich.
    »Nein, doch, natürlich«, sagte Emerald.
    »Sie hat es seit Ewigkeiten nicht mehr angerührt«, fiel Clovis ihr vergnügt in den Rücken.
    »Das stimmt doch gar nicht«, widersprach Emerald mit einem schuldbewussten Seitenblick auf Patience.
    »Sie hat ihre Notizbücher und den ganzen anderen Kram längst weggeräumt. Sie interessiert sich schon lange nicht mehr dafür, stimmt doch«, sagte Clovis.
    »Wie schade«, murmelte Ernest, der sich noch gut daran erinnerte, wie Emerald und er beim Betrachten vielgliedriger Käferbeine die Köpfe zusammengesteckt hatten.
    »Es ist ein wundervolles Geschenk«, sagte Emerald betont, aber Patience ließ sich nicht täuschen.
    »Es war eine dumme Idee von mir. Ich hätte bei Rosenwasser bleiben sollen«, sagte sie so leichthin, wie es ihr möglich war, aber nun war sie es, die nicht sehr überzeugend klang, und ihre Kehrseite, auf die sie so hart aufgeschlagen war, fing an, entsetzlich wehzutun.
    »Patience …«
    »Du musst eben denken, dass es der gute Wille ist, der zählt«, sagte sie lächelnd.
    John streckte eine mächtige Pranke aus. »Darf ich?«, fragte er, wickelte einen der Objektträger aus und hielt ihn gegen das Licht. »Sie könnten natürlich nie eine wirkliche Wissenschaftlerin werden«, sagte er.
    »Madame Curie wäre da vielleicht anderer Ansicht«, kam es von Emerald.
    »Die ist ja auch Ausländerin«, gab er zurück, und damit war das Thema für ihn anscheinend erledigt.
    Er zerknüllte das Papier und ließ es fallen. Emeralds Hand zuckte instinktiv vor, um es aufzufangen, bevor es auf dem Boden landen konnte. Sie strich es auf dem Tisch glatt,

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