Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
Vom Netzwerk:
splash me and duck me!
    sangen sie. Und:
    Come on, out, out!
    Und mit den Liedern und Gesängen hob sich ihre Stimmung noch mehr, bis sie zum Schluss aus den beiden winzigen, inzwischen stickigen und besudelten Räumen hervorquollen. Beide Türen schlugen laut gegen die Wände, als hätte ein heftiger Windstoß sie gepackt.
    Es ist schwer zu sagen, was stärker war, der Gestank, der aus den Zimmern in die Halle drang, oder die frische, angenehme Luft, die ihre armen, sich allmählich auflösenden Gesichter umfächelte. Der Sauerstoff erfüllte sie mit neuer Energie, ihr wohlgenährtes Singen wurde lauter, als sie weiter ins Haus vordrangen.
    Das Heulen des Sturms hatte sich etwas gelegt, dafür war der Regen noch heftiger geworden und prasselte unerbittlich auf den bereits völlig aufgeweichten Boden.
    In diesen Regen starrte Patience Sutton hinaus. Sie stand am Fenster im Zimmer ihres Bruders, in das die beiden sich zurückgezogen hatten, um sich nach den Demütigungen im Speisezimmer gegenseitig zu trösten. Von ihren Gastgebern war keine Spur zu sehen, es gab nur die rüpelhaften Gesänge und Rufe, die nun durch jeden Teil des Hauses hallten und zusammen mit dem Trommeln des Regens alle Ecken und Winkel durchdrangen.
    Come, come, come and make eyes at me,
    Down at the old Bull and Bush
    Ernest lehnte mit dem Rücken an der Tür, sowohl der Bequemlichkeit, als auch der Sicherheit wegen, obwohl er sich Letzteres lieber nicht eingestehen wollte, und beobachtete seine Schwester, die am Fenster stand.
    »Es ist alles so furchtbar«, sagte sie.
    »Ja. Es ist …« Er suchte in seinem Herzen nach einem passenden Ausdruck. »Es ist zutiefst schockierend.«
    Traversham-Beechers’ Enthüllungen über Mrs Swift hatten ihn sehr schockiert. Doch an der hohen Meinung, die er von Emerald hatte, konnte weder die moralische Schwäche ihrer Mutter noch die bösartige Stimmung, die den ganzen Esstisch erfasst hatte, etwas ändern – all das ließ sich auf die rastlosen, anarchischen Ereignisse des Abends zurückführen. Aber dass sie ihn als »sonderbar« bezeichnet hatte, das konnte er nicht vergessen. Die Bemerkung steckte wie ein Angelhaken im Gewebe seiner Gefühle fest.
    »Em hat das, was sie vorhin gesagt hat, nicht wirklich gemeint, Ernest«, sagte Patience, als könnte sie seine Gedanken lesen.
    »Es ist nicht wichtig. Wahrscheinlich bin ich ja tatsächlich sonderbar.«
    »Nein, das bist du nicht. Genauso wenig, wie ich unsäglich bin.« Patience rieb sich die Nase. »Sieh nur«, sagte sie, »da ist Mr Buchanan.«
    Er trat zu ihr ans Fenster. Und tatsächlich lief John Buchanan, die Jacke über den Kopf gezogen, unter ihnen durch den auf die Auffahrt prasselnden Regen zu seinem Auto, riss die Tür auf und sprang hinein. Nachdem er eine Weile im Inneren herumgekramt hatte, kam er mit der Anlasserkurbel wieder zum Vorschein und stolperte durch den sintflutartigen Regen zur Kühlerhaube des Autos, aber obwohl er die Kurbel mehrere Male energisch betätigte, ließ sich der Motor nicht zum Anspringen bewegen. John lief zurück, zog die Tür auf und machte sich anscheinend am Anlasser zu schaffen. Dann hastete er erneut nach vorn und betätigte die Kurbel noch einmal.
    »Es scheint nicht zu funktionieren«, sagte Patience.
    »Ich gehe runter«, sagte Ernest. »Schließ aber bitte die Tür hinter mir ab, Patience. Ich habe das Gefühl, diese Passagiere haben irgendwo die ein oder andere Flasche gefunden. Sie hören sich an, als wären sie – unterwegs.«
    »Unterwegs?«
    »Sie klingen so laut.«
    »Stimmt. Die Ärmsten. Keine Sorge, ich schließe ab.« Damit verließ Ernest das Zimmer, entfernte sich aber erst, als er hörte, wie sie den Schlüssel umdrehte.
    Er ging durch den oberen Korridor des Hauses, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Allerdings hing ein merkwürdiger Geruch in der Luft – einer, den er rätselhafterweise mit Formaldehyd in Verbindung brachte.
    Als er jedoch um die Ecke zur Haupttreppe bog, stieß er auf eine ganze Anzahl Passagiere, von denen einige planlos herumstanden, während andere irgendwie entschlossen auf ihn zukamen. Ihre Mienen unterschieden sich, aber allen gemein war ein Ausdruck benommener Verstörtheit auf den schlaffen Gesichtern. Zuerst bemerkten sie ihn nicht. Einige sangen …
    Her father killed rats and she sold sprats,
    All round, and over the water …
    Andere wiegten sich zum stockenden Rhythmus hin und her oder betrachteten unter leisem Gemurmel aufmerksam die Gemälde und

Weitere Kostenlose Bücher