Der ungezähmte Highlander
hielt der Mann noch immer den Arm des Jungen.
»M’lady, wir sind gekommen, um Euch in Eurem Kampf um Eure Ländereien zu unterstützen«, verkündete Kester.
Diese Ankündigung wäre großartig gewesen, wenn sie Kester nicht mit einer schwungvollen Bewegung seines freien Arms unterstrichen und Keiras Cousin Colin dabei einen Schlag zwischen die Augen versetzt hätte. Obwohl Kester vor Verlegenheit hochrot anlief und sich hastig entschuldigte, sah es aus, als wolle sich Colin rächen. Rasch führte Keira den Jungen und seinen Begleiter in den Keep. Während sie gefolgt von ihren breit grinsenden Brüdern das seltsame Paar vorwärtsschob, stellte Kester seinen Freund als Sir Archibald Kerr vor. Keira fiel nach wenigen Stufen auf, dass Sir Archibald sehr schlecht sah, doch sie sagte nichts, bis sie alle in der Großen Halle an der Hohen Tafel saßen und sich die Reste des Frühstücks teilten, das sich Fiona noch immer schmecken ließ.
»Erstens, Kester, würde ich gern wissen, warum du das Kloster verlassen hast«, sagte Keira, während sie ihm und Sir Archibald Apfelwein einschenkte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich die Mönche in eine Schlacht haben ziehen lassen.«
Kester schluckte hastig einen großen Bissen Brot hinunter, dann erwiderte er: »Das haben sie auch nicht, aber als Bruder Matthew mir von Euren Sorgen berichtet hat, wollte ich helfen.«
»Das ist sehr nett von dir, aber …«
»Ich will kein Mönch sein!«, gestand der Junge errötend. »Ich wurde zu meinem Onkel geschickt, weil mein Vater sich nicht um mich kümmern wollte. Dann wurde ich ins Kloster gesteckt, weil mein Onkel mich auch nicht bei sich haben wollte. Er meinte, ich sei eine größere Gefahr für seine Männer als die verfluchten Engländer. Mein Vater wollte mich nicht zurückhaben, also beschlossen die beiden, dass ich Mönch werden sollte. Ich dachte, dass Ihr vielleicht ein Fleckchen für mich und Sir Archie auf Ardgleann finden könnt, wenn wir Euch helfen. Ich würde fast alles tun. Um ehrlich zu sein, würde ich lieber Schweinehirt als Mönch sein.«
Keira wechselte einen Blick mit Fiona und entdeckte in ihren Augen dasselbe Mitgefühl, das auch sie empfand. Selbst ihre Brüder hatten aufgehört zu grinsen. Sie seufzte innerlich, denn ihr war klar, dass sie den Jungen nicht in ein Leben zurückschicken konnte, das er so offenkundig hasste. Zum einen würde es ihn kränken, auch von ihr abgelehnt zu werden, zum anderen würde sie ihn zu einem sehr unglücklichen Leben verdammen.
»Und Ihr, Sir Archibald?«, fragte sie und sah, dass Kester dem Mann seinen Becher reichte und ihm, nachdem er getrunken hatte, dabei half, ihn wieder sicher auf den Tisch zu stellen.
»Nun ja, ich bin wahrscheinlich nicht von großem Nutzen für Euch, aber ich bin wie der Junge bereit zu helfen, wo ich kann«, sagte er. Seine Stimme schallte wie ein tiefes Grollen aus seiner breiten Brust. »Ich habe ein bisschen Ärger mit meinen Augen, aber mein Schwertarm ist noch recht gut.«
»Seid Ihr dabei, Euer Augenlicht zu verlieren?«, fragte Keira behutsam.
»Ich habe es schon verloren. Na ja, mehr oder weniger. Ich sehe die Dinge nicht mehr sehr klar. Es hilft ein bisschen, wenn ich die Augen zusammenkneife. Vor ein paar Monaten habe ich einen Schlag auf den Kopf bekommen.«
»Ich habe Sir Archie im Wald gefunden, als ich Euch und Sir Liam folgte«, erklärte Kester. »Er hat sich mit einem Baum unterhalten.«
»Ich dachte, es wäre ein Mann«, murrte Sir Archibald. »Es hat mir nicht viel geholfen, dass ich die Augen zusammengekniffen habe.«
Keira war richtig stolz auf ihre Brüder, als die sich rasch einen Happen in den Mund stopften, um nicht laut loszuprusten. Ein Junge, der über seinen eigenen Schatten stolperte, und ein Ritter, der kaum noch etwas sah, waren wahrhaftig zu nichts nütze, doch sie konnte sich nicht durchringen, ihnen das zu sagen. Irgendwie musste sie etwas finden, was die beiden tun konnten, ohne sich oder anderen Schaden zuzufügen. Doch zuerst brauchte sie Liams Einwilligung.
»Keira, die zwei sind eher eine Gefahr als eine Hilfe«, meinte Liam. »Kester ist ein guter Junge, aber ich habe noch nie jemanden getroffen, der so tollpatschig ist. Und Sir Archie ist nahezu blind.«
»Ein trauriges Ende für einen Krieger«, murmelte Sigimor und starrte düster in seinen Krug.
Liams Miene drückte Mitleid aus, aber nichts weiter. Sigimors und Ewans Mienen waren so schwer zu lesen wie immer. Keira war den Männern
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