Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis
gewesen, die ebenso dickköpfig gewesen war wie er, und die Ehe hatte nur ein halbes Jahr gehalten. Die Frau hatte Liz Vrongel geheißen und hieß sicher immer noch so.
Der Rest war Schweigen. Und Fußball.
»Hm«, sagte Reinhart. »Ja, in diesem Jahr brauchen sie ihm zu Weihnachten keine Einladung zu schicken. Er kommt bestimmt nicht.«
»Woher weißt du das?«, fragte deBries, der nichts über das Fax aus Sechshafen wusste.
»Er feiert Weihnachten in New York«, seufzte Reinhart. »Dieser Arsch. Wir reden später darüber. Wie war das mit dem letzten Keller im Adressbuch? Ich bilde mir ein, dass da drei vertreten waren.«
»Sein Vater«, sagte deBries und schnitt eine Grimasse.
»Fünfundsiebzig Jahre, alter Säufer oben in Haaldam. Wohnt in einer Art Heim, zumindest zeitweise. Hat seit zwanzig Jahren keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern.«
»Feine Familie«, sagte Moreno.
»Die pure Idylle«, deBries nickte. »Der Alte scheint ein grausiger Quälgeist zu sein. Der Sohn kommt vielleicht auf den Vater.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Reinhart. »Haben wir noch mehr?«
»Ja, das schon«, warf Bollmert dazwischen. »Wir glauben zu wissen, woher Erich Van Veeteren ihn gekannt hat. Aron Keller hat einige Jahre als freiwilliger Bewährungshelfer gearbeitet.«
Reinhart stieß einen Laut aus, der Ähnlichkeit mit einem Knurren hatte.
»Hätte ich mir ja denken können. Dass solche Typen als Bewährungshelfer zugelassen sind, ist ein verdammter Skandal. Wem kann denn so ein Prachtarsch wie Keller in die Gesellschaft zurückhelfen ... der hat doch höchstens zu seinem Staubsauger eine sinnvolle Beziehung!«
»Er hatte auch seit drei Jahren keine Schützlinge mehr«, sagte deBries. »Falls das ein Trost sein kann. Wie gesagt, wir wissen noch nicht sicher, dass er für Erich Van Veeteren zuständig war, aber wir werden das bald überprüft haben.«
»Warum habt ihr das noch nicht gemacht?«, fragte Reinhart.
»Weil du uns für ein Uhr herbestellt hattest«, sagte deBries.
»Hm«, sagte Reinhart. »Tut mir Leid.«
Er stand auf, ging zum Fenster und starrte ins Schneegestöber hinaus.
»Ich frag mich ja ...«, sagte er. »Doch, so muss es sein.«
»Was denn?«, fragte Moreno.
»Er hatte sicher etwas gegen Erich Van Veeteren in der Hand. In der Branche ist das ja fast unvermeidlich ... und, tja, danach hat er das wohl ausgenutzt, um sich von dem Jungen die Kohle holen zu lassen. Pfui Teufel. Und noch mal pfui Teufel.«
»Wir haben doch schon gesagt, dass Erpresser meistens keine Schmusebären sind«, sagte Moreno. »Und Keller hat da offenbar keine Ausnahme gebildet.«
Reinhart setzte sich wieder.
»Ich werde das mit der Bewährungshilfe jetzt sofort überprüfen«, sagte er. »Wenn es stimmt, und das tut es wahrscheinlich, dann können wir den Fall wohl mehr oder weniger als geklärt befinden. Ihr könnt euch heute Nachmittag frei nehmen.«
»Gut«, sagte deBries. »Wollte ich selber auch schon vorschlagen. Ich hab seit Ostern nicht mehr frei gehabt.«
Er verließ das Zimmer zusammen mit Bollmert. Reinhart blieb stumm sitzen und betrachtete die Kassetten, die noch immer auf dem Boden lagen und niemals gehört werden würden. Nicht von ihm und auch nicht von jemand anderem.
»So viel Arbeit«, knurrte er und starrte Moreno an. »So verdammt viel Arbeit und so viel vergeudete Zeit. Wenn du mir eine Frage beantworten kannst, dann werde ich bei Hiller für deinen Winterurlaub ein gutes Wort einlegen.«
»Schieß los«, sagte Moreno.
»Was hat Keller am Donnerstagabend mit Clausen angestellt? Was zum Teufel ist da passiert?«
»Ich brauche Bedenkzeit«, sagte Moreno.
»Du hast den ganzen Nachmittag. Setz dich auf dein Zimmer und sieh dir den Schnee an. Das erleichtert das Denken.«
Van Veeteren zog eine frisch gedrehte Zigarette hervor und gab sich Feuer.
»Du weißt also, wer es war?«, fragte er.
Reinhart nickte.
»Ja, ich glaube, wir haben den Richtigen gefunden. Es ist keine lustige Geschichte, aber das ist es ja nie. Es beginnt mehr oder weniger mit einem Unglücksfall. Dieser Pieter Clausen fährt einen Jungen an, und der kommt dabei ums Leben. Er begeht Fahrerflucht, weiß aber nicht, dass er dabei gesehen worden ist. Vielleicht hat er angehalten, um nachzugucken, was passiert ist, das ist gut möglich. Er ist an diesem Abend auf der Heimfahrt nach Boorkheim, und das ist auch ein gewisser Aron Keller ... vermutlich auf seinem Motorroller. Es ist Scheißwetter, Regen und Wind,
Weitere Kostenlose Bücher