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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Ich
konzentrierte mich aufs Fahren. Vom Parkplatz vor dem Hafen der Ruhe bis
in meine Wohnung hinauf brauchten wir fünfzehn Minuten. Dort forderte ich ihn
auf, in einem Sessel Platz zu nehmen, ging dann in die Küche hinaus und öffnete
eine Flasche Whisky. Ich schenkte zwei Gläser ein, trug sie ins Wohnzimmer und
gab ihm eins. Er blickte flehend zu mir auf. »Ich verstehe das alles nicht.«
    »Trinken Sie das«, sagte ich zu
ihm. Gehorsam hob er das Glas zu den Lippen und trank. »Haben Sie Ihre Zeitung
schon gelesen?«
    »Zeitung?« Automatisch blickte
er auf die Zeitung hinab, die er noch immer zusammengerollt unter den Arm
geklemmt trug. »Nein.«
    »Ich glaube, das wäre ganz gut«,
sagte ich.
    Er stellte sein Glas auf dem
kleinen Tisch neben sich ab und entfaltete langsam die Zeitung. Auf der ersten
Seite war ein Bild von Leila Cross aus dem Leichenschauhaus. Es traf ihn wie
ein Schlag. Dazu der Aufruf, daß jeder, der etwas von der Toten wüßte, sich mit
Lieutenant Hammond von der Städtischen Mordkommission in Verbindung setzen
solle.
    Bonds Gesicht wurde weiß wie
Kreide, als er den Bericht las. Seine Hände begannen heftig zu zittern, und er
ließ die Zeitung auf die Knie fallen.
    »Trinken Sie Ihr Glas aus, Mr.
Bond«, forderte ich ihn auf. »Es ist niemals einfach, jemandem von einem Mord
zu erzählen. Waren Sie mit ihr gut befreundet?«
    »Wir wollten heiraten«,
erwiderte er tonlos. »Oder zumindest hoffte ich, wir würden es tun.«
    Er leerte sein Glas. Ich nahm
es in die Küche hinaus und füllte es erneut. Als ich wieder zurückkam, trank er
es auf einen Zug aus. Ich schenkte es nicht noch einmal voll, denn immerhin war
es mein Whisky und nicht der des Stadtrats.
    »Ich kann es noch immer nicht
glauben«, murmelte er. »Ich wußte, daß etwas nicht stimmte, daß etwas ganz und
gar nicht stimmte. Ich habe sie angefleht, aber sie wollte ganz einfach nicht
auf mich hören.«
    »Warum erzählen Sie mir nicht
davon?« forderte ich ihn auf.
    Stumpf blickte er mich an. »Sie
lebte in Vale Heights. Ich bin von dort.«
    »Das liegt etwa vierzig Meilen
von hier, an der Küste?«
    »Ja. Leila arbeitete dort im
Schönheitssalon. Sie war Kosmetikerin. Ich nehme an, daß Sie das wissen?«
    »Weiß ich. Fahren Sie fort.«
    »Alles ging glatt, bis etwa vor
drei Monaten, als sie sich mit einem neuen Mädchen im Schönheitssalon
anfreundete. Ich mochte sie nicht, denn sie übte auf Leila einen schlechten
Einfluß aus. Sie begannen abends zusammen auszugehen. Hin und wieder sagte
Leila eine Verabredung mit mir ab, und wenn ich sie fragte, warum, antwortete
sie, es ginge mich nichts an. Es machte mir Sorge, denn ich fühlte, daß etwas
dabei nicht stimmte... etwas mir verborgen blieb, wenn Sie verstehen, was ich
meine, Lieutenant?«
    Ich nippte etwas von meinem
eigenen Whisky und nickte, um ihm zu zeigen, daß ich Mitgefühl mit ihm hatte.
    »Wenn es nichts Besonderes
war«, fuhr er fort, »konnte mir Leila doch ruhig erzählen, was sie trieb. Und
da war noch etwas anderes. Sie hatte Geld. Ganz plötzlich hatte sie Geld. Die
Kleider, die sie nun trug, mußten sehr viel mehr kosten, als sie mit ihrer
Arbeit im Schönheitssalon verdienen konnte!«
    Ich bot ihm eine Zigarette an,
gab ihm Feuer und nahm selber eine. »Und weiter?« fragte ich ihn.
    »Sie verschwand«, erwiderte er leise.
»Sie verschwand ganz plötzlich, ohne jede Spur. Das war vor etwas mehr als drei
Wochen. Ihre Eltern waren vor vier Jahren gestorben, aber sie hatte selber noch
eine kleine Wohnung in Vale Heights. Die Frau, der das Haus gehörte, erklärte,
sie wüßte nicht, wohin Leila gegangen sei. Sie hätte nur eine Mitteilung
erhalten, in der es hieß, Leila müßte sofort abreisen. Es lag auch die Miete
bis zum Ende des Monats mit dabei. Ich war eine Zeitlang fast von Sinnen. Die
andere arbeitete noch immer im Schönheitssalon, aber als ich sie fragte,
antwortete sie, sie hätte keine Ahnung, wohin Leila gereist sei. Ich war
überzeugt, daß sie log, aber ich konnte es nicht beweisen.«
    Ich nickte. »Wie gelang es
Ihnen denn, Leila in Pine City aufzuspüren?«
    »Ich wußte, daß sie, wohin sie
auch ging, Arbeit finden würde«, fuhr er fort. »Es war das nächstliegende ,
daß sie sich Arbeit als Kosmetikerin suchen würde. Sie hätte überall hingehen
können, aber am wahrscheinlichsten waren doch Los Angeles und Pine City. Ich verbrachte eine Woche in Los Angeles und
kämmte alle Schönheitssalons durch. Vergeblich. Als ich nach Vale

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