Der Unheimliche
nun. »Das sollten Sie
doch wissen, Kaufman. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund. Wenn einer von
uns ermordet wird, geben sich alle Polizisten weit und breit die denkbar größte
Mühe — und bisher haben sie in solchen Fällen noch immer den Täter gefunden.
Sie legen keinen Wert darauf, daß ein Präzedenzfall geschaffen wird. Sie denken
doch wohl nicht ernsthaft daran, mich umzubringen?«
»Ich fürchte, es bleibt mir
nichts anderes übrig«, antwortete er. »Es liegt aber keinerlei persönliche
Feindseligkeit darin, Lieutenant. Ich hoffe, daß Sie das verstehen?«
»Aber selbstverständlich«,
erwiderte ich. »Damit bekommt die Sache natürlich ein ganz anderes Gesicht.«
Er sah mich unverwandt an.
»Vielleicht haben Sie recht«, meinte er dann. »Vielleicht kommt niemand mit
einem Mord an einem Polizisten davon. Aber könnte man es vielleicht nicht doch
noch einmal versuchen? Wenn ich Sie jetzt laufenlasse, bedeutet das doch nichts
anderes, als daß Sie mich ohne Umweg direkt in die Gaskammer befördern lassen.
Wenn ich Sie aber jetzt erledige, bleibt mir immerhin eine Chance — selbst,
wenn sie nicht sehr groß sein sollte.«
»Warum hören wir nicht mit
diesem albernen Zeug auf?« rief Porky ungeduldig.
»Wann verpassen wir ihnen endlich eins?«
Ich hörte den Healy die Anfahrt
heranbrummen, bis er in der Nähe des Hauses verstummte. Ich wog das Für und
Wider ab: Vier von ihnen gegen uns zwei — und sie hatten die Pistolen. Einen
Augenblick dachte ich auch, daß es wohl vorteilhafter für einen Polizisten sei,
sich an seine Vorschriften zu halten.
Die beiden Leibwächter kamen in
das Zimmer zurück und sahen sehr selbstzufrieden aus — zumindest hatten sie
doch eine Aufgabe glänzend gelöst.
»Noch etwas, Chef?« fragte Mac
eifrig. »Wie wär’s, dem Burschen da die Nase einzuschlagen?«
»Ihr könnt das Mädchen in seinen
Wagen bringen«, sagte Kaufman. »Fahrt dann zu ihrem Haus und wartet dort auf
uns. Wir kommen bald nach — aber laßt sie nicht aus
den Augen!«
»Bestimmt nicht, Chef«,
erklärte Mac grinsend. »Das überlassen Sie ganz uns!«
»Wenn ihr dabei aber wieder was
verbockt«, drohte Kaufman leise, »wird keiner von euch mehr je einen Fehler
begehen.«
Sie ergriffen Jo und eilten mit
ihr aus dem Zimmer. Eine Minute später hörte ich das Brummen des Healys in der
Feme ersterben.
»Schenk uns noch einen Whisky
ein«, bat Kaufman Porky Smith. »Wir alle brauchen
einen, besonders der Lieutenant.«
»Schon gut«, sagte Porky mürrisch. »Hast du dich inzwischen zu etwas
entschlossen?«
»Und ob!« Kaufman nickte. »Ich
glaube auch, daß es hinhaut. Aber erstmal den
Whisky.«
Smith schenkte ein und reichte
mir das Glas. Genießerisch nahm ich einen Schluck und konzentrierte mich auf
Kaufman. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß mir seine guten Einfälle gefallen
würden, war aber dennoch neugierig, etwas Näheres darüber zu hören.
» Porky «,
sagte er, »dieser Bursche ist zwar ein Polizist, aber im übrigen ist er ein typischer Frauenjäger.«
»Na und?«
»Neulich abend hatten wir eine Gesellschaft«, fuhr Kaufman fort. »Du erinnerst dich doch, wie
er diese Jo Dexter ergriff und sie aus dem Haus hinaus in seinen Wagen
schleppte und davonfuhr?«
»Weiß ich«, antwortete Porky .
»Und heute
abend ist sie vielleicht seiner müde geworden und hat ihm gesagt, sie
hätte genug von ihm«, fuhr Kaufman fort. »Da der Lieutenant nun aber ein
Frauenjäger ist, wie ich sagte, konnte er sich damit einfach nicht abfinden. So
führte er sich also wie ein Verrückter auf — vielleicht hatte er gar nicht die
Absicht, sie zu töten, aber in seiner blinden Wut hat er es dann eben doch
getan.«
»Und was dann?« Porky schien nicht sehr beeindruckt.
»Spinn das mal selber weiter«,
meinte Kaufman freundlich. »Er ist Lieutenant bei der Polizei. Er hat gerade
eine Frau in blinder Wut ermordet. Er sieht bereits die Schlagzeilen in der
Presse vor sich, in denen er als Lustmörder hingestellt wird. Was tätest du,
wenn du in seiner Haut stecktest?«
»Ach so — du meinst wohl, er
würde sich eine Kugel in den Kopf jagen?« rief Porky und lachte laut auf.
»Manchmal bist du wirklich gar
nicht so schwer von Begriff«, stellte Kaufman fest. »Genau das wird er tun.«
Jäh hielt Porky im Lachen inne. »Du machst doch keinen Witz?«
»Ich glaube, das wäre gar nicht
so übel«, meinte Kaufman. »Bestimmt hat man ihn und Jo Dexter zusammen in Pine City gesehen, wir haben Zeugen
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