Der Unsichtbare Feind
geachtet hatte, in einer Schlange zu stehen, in der ein Mann die Überprüfung durchführte.
Ihr Hauptziel war es, gleichartige Blatt- und Wurzelproben von Büschen und Gräsern in unterschiedlicher Entfernung vom Gebäude zu bekommen. Da in der Branche allgemein die Ansicht herrschte, dass nackte DNA-Vektoren harmlos seien, ergriffen die meisten Einrichtungen auch nicht die speziellen Vorsichtsmaßnahmen zu ihrer Isolation, die sie routinemäßig bei Viren, Bakterien und Parasiten anwendeten. Stattdessen präparierten und manipulierten die Labortechniker die Vektoren ohne die Benutzung von Abzugshauben und ließen es zu, dass sie in die Röhren und Schächte der normalen Heizungs- und Klimaanlagen entlassen wurden. Die höchsten Konzentrationen verseuchter Erde und Pflanzen würden daher am wahrscheinlichsten in der Nähe der Austrittsöffnungen von Anlagen, die diese Luft ausstießen, zu finden sein. Da ihr dies bekannt war, entschied sie sich, vor allem Proben von Blättern und Erde rund um das Fundament des Gebäudes zu nehmen.
Wenn sie auch die Schatten in ihrem Versteck unsichtbar machten, waren ihr doch die Überwachungskameras am Tor und über dem Haupteingang nicht entgangen. Genug Licht von den Natriumleuchten auf dem Parkplatz streute bis zu dem Rasen in ihrer direkten Umgebung, sodass jeder sie auf der offenen Grasfläche leicht sehen würde. Sie entschloss sich zu warten, bis weniger Menschen in der Nähe waren, bevor sie sich über das restliche Grundstück bewegte.
»Diese Sullivan, dieses verdammte Weib – die wird uns noch Scherereien machen, da bin ich mir sicher«, rief Morgan in sein Telefon und lief dabei hinter seinem Schreibtisch auf und ab. »Wir haben diese Sitzung in der Hoffnung durchgeführt, den Medien den Wind aus den Segeln zu nehmen und zu vermeiden, dass uns diese Saukerle von den Umweltschützern allzu genau unter die Lupe nehmen, aber herausgekommen ist, dass sie uns praktisch unters Mikroskop gelegt hat. Als Nächstes lässt sie vor dem Haupttor Demonstranten antanzen, die als Maiskolben verkleidet sind.«
»Entspannen Sie sich«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Nach dem, was Sie mir erzählt haben, hat sie nur die üblichen alten Vorwürfe wieder aufgewärmt. Sie hat keine Ahnung, was wir wirklich vorhaben. Wann erwarten Sie die Ankunft der neuen Vektoren, damit Sie mit der Produktion beginnen können?«
»Nicht vor Neujahr.«
»Und die Arbeiten mit der ersten Lieferung?«
»Gehen gut voran. Wir haben sie sofort wieder aufgenommen, nachdem die Zirkusvorstellung für die Reporter beendet war. Das Saatgut aus unserer ersten Ernte müsste nächste Woche zur Verschiffung bereit sein, und die Tests mit den flüssigen Präparaten verlaufen nach Plan.«
»Wann werden Sie die Flüssigkeit liefern?«
»Wenn die Resultate gut ausfallen, Mitte Januar. Gegen Ende Februar wird ein Tankwagen mit dem Stoff neben jedem der Ziele in dem halben Dutzend Staaten im Süden geparkt sein, wo wir beginnen wollen. Bis Anfang April werden wir dasselbe in den gemäßigteren Regionen erledigt haben.«
»Außer der Gruppe, die die Tierversuche durchführt, hat keiner Ihrer Techniker einen Verdacht, was sie tun?«
»Nein. Sie glauben, sie machen die üblichen Modifizierungen unter strengeren Kontrollen, das ist alles. ›Als Teil unserer Zugeständnisse an die Baumschützer‹, erzähle ich ihnen. Übrigens, mir wurde aufgetragen, Ihnen mitzuteilen, dass unser Kunde langsam ungeduldig wird.«
»Er hat Sie in der Firma angerufen?«
»Nein. Seine Unterhändlerin hat es mir gesagt, als sie die Proben brachte, mit denen wir jetzt arbeiten. Mann, die sieht fantastisch aus. Sind Sie ihr jemals begegnet?«
»Nein! Und ich habe auch nicht die Absicht, sie oder sonst jemanden von denen zu treffen – sie könnten meine Tarnung auffliegen lassen.«
»Wie lautet dann Ihre Antwort für unseren Kunden? Ich muss in Kürze wieder in sein verfluchtes Allerheiligstes reisen. Gott, wie ich es hasse, da hinzufahren.«
Bereits ganz zu Anfang hatten die beiden Männer sich auf die Annahme verständigt, dass ihre Gespräche abgehört wurden. Sie hatten sich angewöhnt, niemals Namen, Orte oder viele Einzelheiten zu erwähnen, besonders wenn sie sich auf den Mann bezogen, für den sie arbeiteten – sowohl zu ihrer eigenen Sicherheit als auch zu der seinen.
»Sagen Sie ihm gar nichts. Oder besser noch, sagen Sie ihm, dass alles gut läuft, aber dass es aus Sicherheitsgründen umso besser ist, je
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