Der Unsichtbare Feind
weniger Details er kennt.«
Morgan runzelte die Stirn. »Das können Sie ihm erzählen, wenn Sie wollen. Jedes Mal wenn wir uns treffen, sind es gerade die Details, die er wissen will. Und außerdem erinnert er mich ständig daran, wie viel Geld er uns bezahlt und wer hier für wen arbeitet. Glauben Sie mir, er muss nicht erwähnen, dass es äußerst ungesund ist, ihm vorzuenthalten, was er haben will. Ich schwöre, dass er die Banditen, mit denen er sich umgibt, wahrscheinlich mit Menschenfleisch bezahlt.«
Ein tiefer Seufzer kam aus dem Hörer, dann: »Er ist ein Arschloch. Vielleicht sollten Sie ihn an seine zahlreichen gescheiterten Versuche erinnern, ›das Herz Amerikas zu treffen‹, wie er es nennt. Machen Sie ihm klar, dass seine verdammte Bombenkampagne gegen US-Botschaften dazu geführt hat, dass seine eigenen Labors und seine Leute in die Luft gesprengt wurden, sodass wir keinen Platz zum Arbeiten und kaum genug Vektormaterial haben, um die ersten klinischen Versuche zu beenden. Und wie wir uns in Frankreich den Mund fusselig reden müssen, um den zweiten Vektor zu bekommen, ist einfach verrückt!« Die Stimme des anderen wurde immer höher, sein Ton immer zorniger.
Morgan blieb ruhig und konnte kaum seine Wut darüber im Zaum halten, dass es wieder einmal an ihm hängen bleiben würde, den Verrückten zu besänftigen, den er in wenigen Tagen auf der anderen Seite der Erdkugel treffen würde.
»Gute Reise!«, sagte die Stimme, bevor Morgan hörte, wie er auflegte.
In New York City lehnte sich der Mann, der mit Bob Morgan gesprochen hatte, in seinem Sessel mit der hohen Rückenlehne zurück und streckte sich, um Nacken und Beine zu entspannen. Während er auf die Skyline von Manhattan blickte, reflektierten die Wolkenkratzer der City so viel von den Lichtern der Umgebung, dass sie aus Sternen gemachten Obelisken ähnelten. »Noch so einer von deinen stümperhaften Plänen«, murmelte er und ließ seinen Blick auf dem Chrysler Building ruhen.
Geistesabwesend presste er die Fingerspitzen beider Hände vor seinem Mund zusammen und tippte mit den Zeigefingern gegen seine Lippen. Wer ihn so sah, hätte vielleicht angenommen, dass er beten wollte. Stattdessen murmelte er einen Abschiedsgedanken für seinen Kunden – einen, den er ihm nie ins Gesicht zu sagen wagen würde. »Dank mir, Arschloch, wirst du nächstes Jahr um diese Zeit die Vereinigten Staaten auf die Knie gezwungen haben.«
Die Zeit kroch. Sie hatte es nicht einmal gewagt, den Kopf zu heben, um durch die Fichtenzweige zu spähen, als sie das Plaudern ihrer Gruppe hörte, die das Gelände verließ. Jemand hätte zufällig ihr helles Gesicht im Schatten erblicken können. Minuten später erfüllte das Motorgeräusch des Mietbusses, der sie hergebracht hatte, die Nacht, als er davonfuhr. Morgan muss angenommen haben, dass ich ein Taxi gerufen habe, dachte sie beruhigt.
Sie horchte, während das verbliebene Personal in kleineren Gruppen das Gebäude verließ. Mehr Lärm drang aus der Umgebung des Parkplatzes – Türen, die zugeschlagen wurden, das Starten von Automotoren, das Knirschen von Reifen auf dem Kies. Bald verschwanden auch diese Geräusche in der Nacht.
Nur das tröstliche Rauschen des Windes in den Zweigen um sie herum blieb übrig. Von Zeit zu Zeit fuhren ein paar Wagen auf der Straße vor dem Tor vorbei. Ein Zug rumpelte durch den Abend. Einmal erkannte sie in weiter Entfernung die schwachen Schreie einer Eule. Ansonsten war das Land, das die isolierte Anlage umgab, in Stille versunken.
Zeit, sich zu bewegen, dachte sie, streckte ihre Beine aus und rollte mit dem Kopf, um die Verspannung im Nacken zu lockern. Sie stöhnte, als ihre Glieder protestierten, und kroch aus der Deckung hervor, tief zusammengekauert, und bewegte sich rasch auf den Schatten am Rande der weitläufigen Flächen zu. Sobald sie dort war, kniete sie sich hin und begann im Schein einer kleinen Taschenlampe, die sie mitgebracht hatte, die Proben einzusammeln, die sie brauchte. Als Erstes suchte sie nach einer Grasfläche, die noch nicht das Wachstum eingestellt hatte. Zu ihrem Glück war es den November hindurch fast immer mild gewesen, und ein großer Teil des Rasens war noch grün.
Als sie gerade damit beschäftigt war, mit ihrer Schere die Wurzeln aus einer kleinen Grassode herauszuschneiden, hörte sie in der Ferne, wie sich mehrere Fahrzeuge näherten. Sie vermutete, dass sie einfach vorbeifahren würden, wie es die Wagen auf der Straße zuvor getan
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