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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Augen glichen hohlen Schatten, wie die einer Totenmaske, und das Gesicht schien mitten in der Luft zu hängen. Plötzlich drehte sich die schwebende Erscheinung zur Seite und verschwand.
    Oh Gott, dachte sie und lief zum Hühnerstall zurück. Sie schlug die Tür auf, stürzte hinein, langte in eines der geschützten Nester an der Rückseite und griff sich eine Hand voll altes Stroh. Sie hatte weder die Zeit noch genügend Licht, um zu sehen, ob es die gewünschte dicke Dungschicht hatte. Sie stopfte es mit allem anderen zusammen in die Tasche, floh aus der Umfriedung und lief auf den Zaun zu. Der Mond brach plötzlich über ihr aus den Wolken, und das Feld wurde in Silber getaucht, sodass jeder Meter des 200 Meter langen Weges hell wie im Tageslicht dalag. Die Schneise, die auf dem Hinweg durch das hohe Gras entstanden war, bildete jetzt einen dunklen, verräterischen Pfad, der sie leicht verraten würde, wenn sie ihm folgte. Durch den Wind hörte sie das Schlagen einer Tür aus Richtung des Hauses, dann ein Rufen.
    Sie konnte nicht einmal sicher sein, dass es Hacket gewesen war, den sie gesehen hatte, aber sie hörte noch seine Worte – »Ich habe eine Waffe für Unbefugte!« Wäre er wirklich verrückt genug, um auf jemanden zu schießen? Wenn er tatsächlich hinter ihr herlief, würde sie es niemals bis zu den Wäldern schaffen und Deckung finden, bevor er sie in sein Schussfeld bekam. Sie drehte sich daher um, musterte suchend die Scheune nach einem Versteck und sprintete zu der Tür, die immer noch krachend gegen die Wand schlug. Innen duckte sie sich, zog die Tür hinter sich zu und hielt sie fest, bis ihr klar wurde, dass es ihm auffallen könnte, wenn sie kein Geräusch mehr machte. Sie öffnete sie einen Spalt weit, gerade genug, um hinauszuspähen. Sie würde die Tür wieder frei schwingen lassen, wenn Hacket noch nicht aufgetaucht war. Zu ihrem Entsetzen aber liefen zwei Männer in ihr Blickfeld, die beide Helme und Handfeuerwaffen trugen. Sie hielten die Mündungen aufwärts gerichtet, und am Ende der Läufe konnte sie die Umrisse kurzer, stumpfer Zylinder sehen. Die Waffen hatten Schalldämpfer!
    Von der Magengrube bis zum Hals hatte sie ein Gefühl, als ob ihr eine Faust die Luft abdrückte. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen, und sie musste sich zusammennehmen, damit ihr nicht die Beine wegsackten. Trotzdem blieb ein Teil ihres Verstandes klar genug, um sich zu fragen: Warum hat Hacket hier Männer mit Schalldämpfern?
    Die beiden sprachen abgehackt in einer Sprache miteinander, die sie nicht verstand. An ihren Händen konnte sie erkennen, dass sie dunkle Haut hatten, und zunächst dachte sie, dass es sich vielleicht um eingeborene Hawaiianer handelte, die einen polynesischen Dialekt sprachen. Aber ihre rauen Worte waren ganz anders als die sanften Klänge, die sie ein paarmal auf der Insel aufgeschnappt hatte. Die beiden Männer verschwanden aus ihrem Blickfeld, und sie blieb verzweifelt zurück, hatte keine Ahnung, wo sie geblieben sein konnten.
    Es war sinnlos, auf ihre Schritte zu lauschen, da das Pfeifen und Ächzen des Windes in der zugigen, knarrenden Scheune es unmöglich machte, solch leise Geräusche zu hören. Sie musste eine Stelle finden, wo sie hinaussehen konnte. Ganz langsam zog sie die Tür wieder zu, befestigte den Haken auf der Innenseite und sah sich dann nach einem Fenster oder einer Öffnung um. Rechts von ihr fiel ein Mondstrahl durch ein verschmutztes Rechteck aus Glas. Nach ein paar Sekunden hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und sie erkannte, dass sie sich in einen kleinen Verschlag ohne weiteren Ausgang zurückgezogen hatte. Sie suchte sich ihren Weg durch einen Haufen Werkzeuge – Schaufeln, Hacken, Rechen –, die auf dem Boden verstreut lagen. Nach ein paar Schritten stolperte sie über einen wirr verknäulten Schlauch, stürzte mit den Kniescheiben auf eine Eisenstange und jaulte vor Schmerz auf. Sie wartete, ob sie sie gehört hatten. Sie lauschte dem Wehklagen des Windes in den Dachsparren, unfähig, auch nur zu atmen.
    Niemand kam auf die Tür zugelaufen.
    Sie stand wieder auf, legte den Rest der Strecke bis zu dem Fenster zurück und stellte sich auf die Zehenspitzen, um hinauszusehen. Sofort entdeckte sie einen der Männer, dessen Silhouette sich gegen das Mondlicht abzeichnete. Er stand an den Zaun gelehnt und blickte über das Feld hinweg. Den zweiten Verfolger konnte sie nicht sehen. Sie nahm an, dass er vielleicht direkt draußen

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