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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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bereits eine Schätzung veröffentlicht, der zufolge die Teilnehmer speziell in diesem Bereich eine neue Rekordzahl erreichen und mindestens die Dreihunderttausend übertreffen würden.
    »Wie werden Sie die Hubschrauber einsetzen?«
    »Einen für den Franklin D. Roosevelt Drive. Einen für die Uferpromenade am Fluss, wo wir jetzt gerade stehen, und einen für die Seitenstraßen einschließlich der Dächer, bis ganz hinüber zur Lexington Avenue. Dieser dritte Pilot wird sich ganz besonders um die Leute auf den Krankenhausgebäuden kümmern.« Er hielt inne und sah jedes des guten Dutzends von Gebäuden vor sich, die alle von einer jubelnden, dicht gedrängten Menge bekrönt sein würden. Dann fügte er hinzu: »Mit ein wenig Glück werden wir die Hälfte des medizinischen Personals mit einem einzigen Überflug infizieren, was zur Verwirrung beitragen wird. Wenn erst einmal die Opfer die ersten Symptome bekommen und in die Notaufnahme kommen. Bis dahin wird es natürlich ihre eigene DNA sein, die sie krank macht, und es wird keinerlei medizinische Hilfe für sie geben.« Er hoffte, dass seine erzwungene Begeisterung überzeugend klang. In Wahrheit war er von umso mehr Abscheu erfüllt, je länger er sprach.
    »Aus welcher Höhe werden Sie sprühen?«
    »Wenigstens hundert Fuß, und es wird sich wie ein feiner Dunst anfühlen. Im Gegensatz zu dem, was wir in die Maispflanzen ›hineingeschossen‹ haben, kann dieser Vektor aus viel größerer Höhe und mit viel weiterer Streuung verbreitet werden. Denn er ist so aufgebaut, dass er eingeatmet wird oder sich einfach auf unbedeckte Haut, Augen oder Lippen setzt. Das haben uns jedenfalls unsere Simulationen im Labor gezeigt. Und wir stellen uns vor, dass die mikroskopisch kleinen Fettpartikel, die wir benutzen, um die fremde DNA zu schützen, der Flüssigkeit eine leicht fettige Struktur geben. Am Ende eines heißen Tages könnte sie sich sogar angenehm auf sonnenverbrannter Haut anfühlen und die Zielpersonen dazu bringen, sie in die schon entzündete Haut einzumassieren. Tatsächlich werden wir, um die Gefahr einer Panik möglichst gering zu halten und die Leute vom Davonlaufen abzuhalten, über die Medien das Gerücht verbreiten, dass eine Kosmetikfirma eine Werbekampagne durchführt und eines ihrer Sonnenschutzmittel über die Menge versprüht. Hoffentlich erhöht das die Zahl derer, die wir duschen.«
    »Und die Infektionsrate?«
    »Unseren eigenen Tierversuchen zufolge werden ungefähr vierzig Prozent der Infizierten der Krankheit erliegen. Das sind einhundertzwanzigtausend Menschen.«
    »Mein Gott«, flüsterte der Mann, als ob er tatsächlich ein Gebet spräche. Er starrte mit bestürztem Blick zur Schnellstraße hinauf, wie man vielleicht ein beunruhigendes Kunstwerk betrachtet.
    Während Morgan ihn betrachtete, fragte er sich, ob der Mann ihren Plan bis zu diesem Augenblick nur wie eine akademische Übung betrachtet hatte, ziemlich genauso, wie er es selbst bis zu der Nacht über dem Maisfeld in Oklahoma getan hatte. Hatte sein Begleiter, nachdem er zum Schauplatz gekommen war und die praktischen Details gehört hatte, endlich die volle Tragweite dessen begriffen, was sie vorhatten? Nun, vielleicht beginnst du jetzt genauso zu schwitzen wie ich, hoffte er. Wenn es so ist, stehen wir von jetzt an, wenigstens was die Nerven betrifft, auf derselben Stufe, und das sollte deinen einseitigen Drohungen, über nachlassende Begeisterung zu berichten, ein Ende setzen. Aber vor seinem inneren Auge sah er weiter die Menschenmassen, als ob sie sich bereits auf der Schnellstraße und längs des Flusses versammelt hätten. Sie reckten alle die Hälse und starrten in seine Richtung – alle sahen wie gebannt auf das Monster, das so fatal ihren genetischen Code verändern würde.
    »Also reden wir noch mal über Richard Steele«, fuhr der Mann an seiner Seite fort und durchbrach die Stille, die eben noch für immer anzudauern schien.
    Dienstag, 23. Mai, 6.55 Uhr
    Es war eine Vorladung gewesen, keine Einladung.
    »Ich möchte Sie zu einem Arbeitsfrühstück einladen, Dr. Sullivan«, hatte Greg Stanton ihr in der vorigen Woche am Telefon verkündet. »Wie wäre es Dienstagmorgen um sieben?«
    Sie zitterte, als sie den abgedunkelten, verlassenen Korridor entlangging, der zu seinem Büro führte, aber nicht vor Kälte. Generationen von Medizinstudenten hatten diesen Ort ›den Bunker‹ genannt. Er befand sich ganz oben in einem zwanzigstöckigen Obelisken voller Labors und

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