Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Unterrichtsräume, wo diese Möchtegern-Ärzte ihre Grundausbildung in den medizinischen Wissenschaften erhielten, bevor sie auf die Patienten im Krankenhaus losgelassen wurden. Von hier gingen die Entscheidungen aus, die ihre tägliche Existenz regelten, anschließend die Wahl ihres Wohnortes mitbestimmten und in einigen Fällen sogar, ob sie in der Medizin Karriere machten oder nicht.
    Aber die neueste Truppe dieser Lehrlinge der Heilkunde würde sich erst eine Stunde später, um acht Uhr, für einen weiteren Tag auf ihrer vierjährigen Reise in den Stockwerken weiter unten um ihre Professoren scharen. Und die Verwaltungsleute, die diesen Prozess in Gang hielten, würde nicht eher als eine halbe Stunde danach in ihre mit Teppichboden ausgelegten Büros strömen, an denen sie gerade vorbeieilte. Sie wusste, was eine Verabredung mit dem Dekan um sieben Uhr morgens normalerweise bedeutete: Er wollte niemanden in der Nähe haben, der das Geschrei oder das Weinen hören konnte, wenn er vorhatte, irgendeine unangenehme oder besonders heikle Sache zu erörtern.
    »Guten Morgen, Dr. Sullivan«, begrüßte Greg Stanton sie, nachdem sie an seine Tür geklopft hatte. Er kam hinter seinem massiven Schreibtisch aus Rosenholz hervor und überquerte einen einfarbig taubengrauen Teppichboden, um ihr die Hand zu schütteln. Der Duft frisch gebrühten Kaffees lag in der Luft, und sie entdeckte eine silberne Kanne und ein Tablett mit Croissants auf einem Tisch inmitten mehrerer beigefarbener Sofas. Die wirklich brutalen Treffen, so hatte sie von anderen Opfern dieser frühen Sitzungen erfahren, umfassten kein Frühstück. Es kann sich also nur um ein sensibles Thema handeln, vermutete sie einigermaßen erleichtert.
    »Guten Morgen, Greg, und nennen Sie mich bitte Kathleen«, entgegnete sie und war entschlossen, bei ihrem Treffen weiterhin beim Vornamen zu bleiben. Sie hatte langjährige Erfahrungen mit dem mangelnden Gleichgewicht der Machtverhältnisse in der Welt der akademischen Medizin, und sie hatte immer wieder festgestellt, dass ein wenig Ungezwungenheit nie schadete und manchmal die Unebenheiten des Spielfeldes zu ihren Gunsten ausgleichen konnte. So freundlich Stanton in ihren früheren Verhandlungen erschienen war, so blieb doch immer die absolute Autorität seines Amtes über ihre Arbeit und ihre berufliche Stellung, und deshalb trat sie ihm instinktiv mit einem gewissen Argwohn gegenüber.
    »Ja, natürlich, Kathleen«, erwiderte er und bot ihr einen Sitzplatz an. »Kaffee?«
    Sie nahm den Kaffee, den er ihr einschenkte, und suchte in seinem Gesicht nach irgendeinem Hinweis auf bevorstehende Unannehmlichkeiten, aber seine blauen Augen und sein höfliches Lächeln blieben undurchschaubar. Wie üblich war er angezogen, um Eindruck zu machen. Er trug einen sandbraunen Maßanzug und ein wasserblaues Hemd, was genau zu seinem Teint passte. Im Fakultätsclub nannten einige Witzbolde ihn gelegentlich ›das Model‹. Als er sie dabei ertappte, wie sie ihn musterte, versicherte sie rasch: »Sie sehen wunderbar aus, Greg. Offensichtlich lassen Sie sich durch den Druck Ihres Amtes nicht vom Schwimmen abhalten«, lehnte sich zurück und signalisierte damit ihre Bereitschaft, zu hören, was er ihr zu sagen hatte.
    Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber, ohne sich selbst einen Kaffee zu nehmen. »Ich komme gleich zur Sache«, begann er. »Seit Ihrer Konferenz in Hawaii bin ich ganz schön unter Beschuss geraten – hauptsächlich wegen Ihrer Aufmerksamkeit erheischenden Spekulation, dass genetisch modifizierte Nahrungsmittel mit diesem Fall von Hühnergrippe in Zusammenhang stehen könnten, den sie da vor anderthalb Jahren hatten.«
    Auf der Stelle versteifte sie sich. »Einen Augenblick. Dieses Meeting hat überhaupt nichts mit Ihnen zu tun. Ich wurde unabhängig von meiner Zugehörigkeit zu dieser Fakultät von der UNO als Vorsitzende benannt –«
    »Ich weiß, ich weiß!«, unterbrach er sie. »Aber die Biotech-Branche macht nicht solch feine Unterschiede. Kurz, eine Gruppe von Vorstandsvorsitzenden, die von diesem Arschloch Sydney Aimes repräsentiert wird, besteht auf einem Widerruf, andernfalls drohen sie ihre Zuwendungen für unsere Hochschule zurückzuziehen, die, wie ich Ihnen sicher nicht erklären muss, beträchtlich sind.«
    »Das ist Erpressung!«, platzte sie heraus. Sie saß schon kerzengerade auf der Stuhlkante.
    »Ja, und ich bin auch verdammt wütend deswegen. Aber die Hochschulleitung hat mir die Hände

Weitere Kostenlose Bücher