Der Unsichtbare Feind
war. Tatsächlich könnte sich die Weigerung, mit ihm zusammenzuarbeiten, als größere Gefahr für ihre Karriere erweisen, als sie von irgendeinem Nachahmer jemals ausgegangen war. »Sie werden gerade in der Universität von Honolulu analysiert. In drei oder vier Wochen dürften wir wissen, ob wir irgendwelche bösartigen DNA-Stränge finden, die die Anwesenheit eines von Menschen geschaffenen Vektors anzeigen. Dennoch glaube ich, es wäre kühn zu vermuten, dass wir dort wirklich etwas finden.«
Er zog eine Grimasse. »Wären Sie bereit, mir unverzüglich Bericht zu erstatten, wenn Sie irgendetwas finden, das auch nur vermuten lässt, dass Sie auf der richtigen Spur sind? Ich würde es natürlich vertraulich behandeln, aber wenn ich etwas in der Hand habe, wäre ich in einer Position, aus der heraus ich nicht nur darauf bestehen könnte, dass es in diesem Fall letztendlich tatsächlich um die akademische Freiheit geht, sondern dass es … sehen wir mal … wie soll ich es formulieren, dass es für die Universitätsleitung gut klingt?« Er machte eine Pause und sah zur Decke, als ob sich die richtigen Worte vielleicht dort versteckten. »… Zunächst einmal ist Ihre unorthodoxe Methode, Proben zu sammeln, ein Verdienst Ihrer wissenschaftlichen Beharrlichkeit und kein Symptom dafür, dass Sie …« Während er wieder nach Worten suchte, sah er sie direkt an, grinste sie dann zugleich breit und hämisch an und ergänzte: »Sagen wir mal, verbohrt sind?« Er ließ ein leises Kichern hören, das dennoch den Raum auszufüllen schien.
Zum ersten Mal, seit sie sein Reich betreten hatte, entdeckte sie in seinen Augen einen Funken von Amüsiertheit, die zur allzeit bereiten Fröhlichkeit seiner Worte passte, und sie begann sich schließlich ein wenig wohler zu fühlen. »Verbohrt?«, fragte sie und zog spielerisch eine Augenbraue hoch.
»Nicht, dass ich das von Ihnen glaube«, entgegnete er rasch, immer noch mit vergnügtem Gesichtsausdruck. »Selbstverständlich nicht. Das ist der Eindruck, den die Medien hinterlassen haben.« Dann verdüsterte sich seine Miene. »Natürlich hat Ihnen Richard Steeles Fiasko auch nicht gerade geholfen. Wenn er sich nicht in einen solchen Skandal verstrickt hätte, hätte die Presse Ihre Geschichte wahrscheinlich mit mehr Respekt behandelt. Ich entschuldige mich dafür, dass ich Ihnen den Mann aufgehalst habe. Offensichtlich hat er immer noch nicht alle Sinne beisammen.«
Die plötzliche Kritik überraschte sie. »Was meinen Sie damit?«, fragte sie und stellte fest, dass sie Steele verteidigte. »Bei der Konferenz machte er einen völlig vernünftigen Eindruck.« Erstaunt, wie sehr sie das Bedürfnis verspürte, ihn zu verteidigen, fügte sie hinzu: »Verdammt, wenn nur jeder Zehnte in Ihrem Beruf sich so schnell über die wichtigen Themen auf den neuesten Stand brächte wie er, hätten wir vielleicht endlich ein paar medizinische Organisationen, die sich offiziell für unsere Belange einsetzen, statt dieses schändlichen Schweigens, das bis jetzt die Norm ist. Und was diese arme Frau getan hat, dass er bei ihr gewesen ist, hat nichts mit schlechtem Urteilsvermögen zu tun –« Sie brach abrupt ab, als sie bei ihrem Ausbruch Stantons erstaunten Gesichtsausdruck bemerkte. »Entschuldigung. Es ist nur so, dass er bei uns hervorragende Arbeit geleistet hat, und die Art, wie er in den Medien angegriffen wurde, ist einfach unfair. Ich denke, das Letzte, was der Mann jetzt braucht, ist, dass andere schlecht über ihn reden.« Sie hielt einen Moment inne. »Was hat er eigentlich für eine Geschichte, ich meine, außer seinem Herzinfarkt?« Sie versuchte, spontan zu klingen.
»Seine Frau ist vor beinahe zwei Jahren gestorben, und er scheint nicht über ihren Tod hinwegzukommen.«
»Oh!«, rief sie aus. Irgendwie hatte sie eine solche Antwort nicht erwartet. Scheidung vielleicht; dass er zum Workaholic geworden war und seine Familie vertrieben hatte, das ja, aber nicht, dass die Frau in seinem Leben tot war. Sie waren fast gleichaltrig, und so war ihr die Möglichkeit, dass er schon einen solchen Verlust erlitten hatte, nicht in den Sinn gekommen.
»Ich dachte, dass die Konferenz und seine Aufgaben dort die perfekte Gelegenheit wären, dass er sich wieder nützlich fühlt«, fuhr Stanton fort. »Haben Sie mit ihm gesprochen, seit er zurück ist?« Seine Stimme war schmerzerfüllt.
»Nein. Er hat eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen und sich entschuldigt, dass er alle
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