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Der unsichtbare Feind (German Edition)

Der unsichtbare Feind (German Edition)

Titel: Der unsichtbare Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Reynolds
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Der Schüler schwor dabei auf den Kodex der Schule,
ehe er ihn ansteckte“, Stumm blickte wieder auf, „Sehen Sie Inspektor, der
Schulbeitrag hier ist beachtlich, nur außerordentlich reiche Familien können es
sich leisten, ihre Kinder hier herzuschicken. Die Schüler verbringen vom
vierzehnten bis zum neunzehnten Lebensjahr ihre Zeit hier, das heißt, dass sie
hier ihre ersten Kontakte für ihr späteres Berufsleben knüpfen. Ganz zu schweigen
vom enorm guten Ruf der Schule. Wer so einen Ring besaß, dem standen praktisch
alle Türen offen. Es ist ein Symbol für Erfolg. Nichtsdestotrotz wurde diese
Tradition, wie ich zu meinem Bedauern sagen muss, eben in den späten Siebzigern
beendet. Woher haben Sie das Foto?“
    Stark konnte die Neugierde
des Direktors in dessen Augen lesen: „Es tut mir leid, das kann ich zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verraten. Herr Stumm, ich hätte gerne Zugriff auf
ihr Archiv.“
    Der Schulleiter räusperte
sich kurz: „Nun ja, Diskretion ist eines unserer wichtigsten Prinzipien. Wenn
die Elternschaft davon etwas mitbekommen würde …, ich fürchte …“
    Stark beugte sich vor, eine
aggressive Geste, mit der er bewusst in den Freiraum des Mannes eindrang: „Herr
Stumm, Sie können mir jetzt Zutritt zum Archiv verschaffen, oder ich kommen mit
einem Durchsuchungsbefehl und fünfzehn Beamten zurück, die die Zufahrt
großräumig sperren, und ich verspreche Ihnen, ich werde persönlich dafür Sorge
tragen, dass lokale Medien rechtzeitig davon Wind bekommen“, schleuderte er ihn
entgegen.
    Der Direktor schöpfte Luft. Abwehrend
gestikulierte er mit den Armen: „Also gut, aber ich bitte Sie inständig, seinen
Sie diskret und lassen Sie die Medien aus dem Spiel, wir können keine negativen
Schlagzeilen gebrauchen, das wäre der Supergau.“
    Eine Zeit lang verharrte Stark
regungslos, bis er schließlich knapp antwortete: „Selbstverständlich.“
    Der sichtlich zerknirschte Direktor
stand auf und verließ das Zimmer. Wenige Momente später kam er mit dem Mann,
den Stark zuvor am Gang getroffen hatte zurück: „Das ist Hausmeister Berger, er
wird Sie zum Archiv führen.“
    Stark stand auf, bedachte
den Direktor mit einem süffisanten Lächeln und verließ mit dem in blauen
Overall gekleideten Hausmeister das Büro.
    „Das Archiv liegt etwas
abgelegen“, brummte der Hausmeister, „Als die Schülerzahl neunzehndreiundachtzig
verdoppelt wurde, wurde das Archiv ausgelagert.“
    Stark stapfte mit dem
Hausmeister einen makellosen Kiesweg, der durch den angeschlossenen Park
führte, entlang. Trotz seiner mageren Gestalt, dem gebückten Gang und der
faltigen, schlaffen Gesichtshaut, gab der Mann ein Tempo vor, bei dem Stark
Mühe hatte mitzuhalten.
    „Sehen Sie das kleine
Gebäude hinter den Tannen?“, fragte Berger und deutete mit ausgestecktem Arm
auf einen einstöckigen Bau, mit weißen Steinwänden und Strohdach. An der Seite
führte ein breiter Kamin nach oben, zwei Wagenräder zierte die Fassade neben
der Eingangstür.
    „Es ist ein originales
Cottage aus Irland. Stand dort über hundert Jahre rum. Die Schule hat es
günstig gekauft, abbauen und hier wieder errichten lassen“, referierte er.
    Der Hausmeister kramte einen
dicken Schlüsselbund hervor und sperrte die Eichenholztür auf.
    „Heute dient es als
Gerätehaus“, erläuterte er, „dort hinten führt eine schmale Treppe in den Keller,
wo sich das Archiv befindet.
    Stark sah sich in dem Raum
um. Ein kleiner Traktor, den man als Rasenmäher, aber auch als
Schneeräumfahrzeug verwenden konnte, parkte in der Ecke. Eine Werkbank und Gartenwerkzeug
und eine Kreissäge schlängelten sich an der Wand entlang. Auf einem endlos
langen Shadowboard hingen Schraubendreher, Inbusschlüssel, Zangen ein
Akkuschrauber und eine Stichsäge.
    Der Hausmeister ging voran
und stieg die Treppe hinab in die Dunkelheit, mit einem Arm immer am Handlauf
gestützt.
    „Passen Sie auf Inspektor,
der einzige Lichtschalter für das Archiv ist am Fuß der Treppe, wir wollten das
eigentlich ändern lassen, aber da hier ohnehin kaum jemand runterkommt, ist das
irgendwie vergessen worden“, seufzte er.
    Mit vorsichtigen Schritten
tastete sich Stark die finstere Treppe hinunter. Auf halbem Weg hörte er ein klack,
und gleich darauf flackerten Neonröhren für einen Moment, bis sie dauerhaft
Licht abgaben.
    Stark fand sich in einem quadratischen
Raum wieder. Ein schmaler Gang in der Mitte führte durch unzählige
verschiebbare Archivwände, die an

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