Der unsichtbare Feind
Kampf ist sinnlos, aber das wußten wir vor einigen Monden noch nicht.«
Er konnte aus dem hochmütigen, scharfen Gesichtsausdruck des Hexenmeisters dessen Gedanken nicht deuten. Die Duinen schwiegen, aber alle drei starrten Varamis und Luxon aus weit offenen Augen an.
»Niemand hat die Flamme geraubt. Sie gehörte stets uns!« sagte Aiquos. »Und wir werden sie behalten!«
»Nichts ist für die Ewigkeit«, meinte Varamis verzweifelt. »Alles kann sich ändern. Vieles ändert sich schneller, als jedermann von uns zu denken vermag. Auch das ist dir nicht fremd, Aiquos!«
»Nichts ist mir fremd!« bestätigte der Hexer. »Auch nicht, daß deine Flotte vernichtet wird. Deine Männer sterben! Alle Ostvölker und erst recht die Loggharder sind Barbaren. Sie sind das Vermächtnis des Lichtboten nicht wert!«
Luxon hob den Arm und rief:
»Du gebrauchst starke und böse Worte, Aiquos!«
»Ebensolche Taten werden ihnen folgen!« lautete die Antwort. Die gelben Zähne des Hexers zeigten sich in einem unfrohen Lächeln des Stolzes.
»Du bist nicht umzustimmen?« wollte Luxon wissen.
»Hör gut zu, ehe ihr den Opfertod findet!«
Er sprach lauter und erhob seine Arme. Seine Stimme hallte über das Deck. Inzwischen waren auch Luxons Männer aufgewacht und standen eingekeilt zwischen den Seeleuten und den Kriegern.
»Hört alle zu!
Luxon von Logghard ist mit einer großen Flotte in unser Reich eingedrungen. Wir sind hier, um diese Flotte zu vernichten, und wir werden es tun. Sie wollen die Flamme des Lichtboten stehlen. Die Flamme, die in unserem Reich brennt und leuchtet, gehört uns.
Die Barbaren im Osten, wie immer ihre Namen lauten, konnten ihren Teil des Vermächtnisses nicht halten und nicht verwalten. Ich spreche von den schützenswerten Gesetzen, die ihnen vom Lichtboten auferlegt worden sind. Wie anders konnte es denn sein, daß sie es sogar zuließen, daß das Auge des Lichtboten ihnen abhanden kam?«
Irgendwie hatte er sogar recht, dachte Luxon. Zwei Splitter von DRAGOMAE wurden im Reich der Zaketer aufgefunden, wie Quaron hervorgestoßen hatte, voller Zorn. Diese beiden Splitter hatten schließlich den Vorstoß der Zaketer gegen Logghard und die Völker des Shalladad ausgelöst.
»Dieser Mann hier sagt, er sei der Mächtigste in seinem Barbarenreich. Er hat seine Schiffe hierher geführt. Sie werden uns angreifen, und wir werden sie versenken. Mein mächtiger Zauber schützt und hilft uns. Nun schwätzt der Fremde, daß die Zaketer und die Barbaren Seite an Seite gegen das Böse kämpfen sollten, obwohl er selbst die Überbringer der einzigen guten Nachricht der letzten Jahre überwältigt hat und in deren Rolle geschlüpft ist!
Ich habe genug geredet!
Die Schlacht der Schiffe werden wir gewinnen. Dann sterben diese Männer den Opfertod und werden dem HÖCHSTEN geweiht. Geht zurück an eure Arbeit, Männer, und bereitet euch auf den Kampf vor!«
Er machte eine Handbewegung.
»Bringt Varamis und Luxon zurück zum Heck. Sie sollen zusehen müssen, wie ihre stolze Flotte Stück für Stück vernichtet und alle ihre Krieger getötet oder versklavt werden.«
Die Krieger drängten die beiden zurück. Finster und keineswegs zufrieden mit dem Urteil des Hexenmeisters sah ihnen der echte Luminat nach. Varamis brummte.
»Endlich kann ich diesen Staub vergessen! Bald wird sein Zauber wirken, Luxon!«
»Vielleicht sterben wir bald«, sagte Luxon und legte seinen Arm um Varamis’ schmale Schultern. »Aber bis zum letzten Moment sollten wir hoffen.«
Ein einziger Umstand genügte, um ihn nicht restlos in Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit versinken zu lassen.
Der Jubel und das Kriegsgeschrei, das nach den Worten des Hexenmeisters ausgebrochen war, hatte keineswegs laut und begeistert geklungen. Vielleicht waren außer den Logghardern doch noch einige Männer an Bord, die nicht einsahen, warum man nicht gemeinsam gegen die Mächte aus der Dunkelheit streiten sollte anstatt gegeneinander.
»Was bedeutet der nächtliche Zauber? Hast du das herausgefunden?« fragten die Männer, die sich um Varamis drängten.
»Nicht genau. Es hat etwas mit der Flotte der Zaketer zu tun!«
Die Sonne kletterte ihrem Gipfel entgegen, die Hitze nahm zu, trotz des Windes. Wieder wendete die Nullora, und die Segel wurden in die richtige Stellung gebracht. Die Tropfen des Wassers, das von den Blättern der Riemen tropfte, funkelten grell.
»Sein Zauber«, sagte Luxon dumpf, »wird unsere Schiffe vernichten! Nun habe ich keinen
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