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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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mißtrauischen Blick zu und folgte ihr.
Ruhig sank die Platte den Schacht hinunter. Sie wurden erst aufmerksam, als sie nicht wie befohlen in der Verwaltungsetage hielt, sondern unaufhaltsam tiefer glitt. Der Notstopp funktionierte nicht. Sophia suchte Randaiks Nähe. Instinktiv legte er seinen Arm um sie.
Die Platte hielt erst im Kellergeschoß. In der Steuerzentrale mußte Chaos herrschen.
Sie tasteten sich durch die Kellerräume. Die weißen Betongänge waren schwach beleuchtet. Automatisch öffneten und schlossen sich die Feuerschotts, um sie hindurchzulassen. Schließlich gelangten sie in einen größeren Raum, der die Hauptaggregate der Klimaanlage enthielt. Äußerlich war ihnen nichts anzumerken. Randaik wischte über die Rundung eines Steuerkyberneten. Ein wenig Staub – sonst schien alles in Ordnung zu sein.
Ein rasselndes Geräusch ließ sie herumfahren. Aus einer der Nuklearbatterien trat ein vierschrötiger Kerl. Er löste sich aus der metallisch schimmernden Wandung und blickte wild um sich. Seinen Oberkörper bedeckte ein Kettenhemd. Über den Schädel hatte er einen schmucklosen Helm gestülpt, dessen Nasenschiene ihm das Aussehen eines Raubvogels verlieh. In der Hand hielt er ein breites Schwert.
Als er Randaiks und Sophias ansichtig wurde, schrie er in einer unverständlichen Sprache einige Worte, die wie eine Drohung klangen, und augenblicklich traten drei Maskierte aus dem Reaktor.
Randaik verlor nicht seine Geistesgegenwart. Er zerrte Sophia hinter die Säule des Kyberneten. Die Schritte der vier Unheimlichen dröhnten, näher kommend, schwer über den Boden. Als gäbe es für sie kein Hindernis, drang die Bande in die Kybernetensäule ein – und war verschwunden.
Randaik hielt Sophia an sich gepreßt. Auf seiner Stirn hatte sich kalter Schweiß gesammelt. Er nahm Sophia an der Hand, und sie eilten zum anderen Ende des Gewölbes, wo sie einen Ausgang zu finden hofften. Da erscholl hinter ihnen ein höhnisches Lachen.
Zwischen zwei Pumpenaggregaten stand der weißbärtige Alte. Er trug ein mittelalterliches Jägergewand, hatte einen Bogen gespannt und zielte auf sie.
Der Pfeil drang Randaik unterhalb des rechten Schlüsselbeins in die Brust. Er spürte den harten Schaft in sich. Doch als er entsetzt die Wunde betastete, fand er sich unversehrt. Der Schütze war verschwunden.
»Was ist das nur«, flüsterte Sophia, »träumen wir?«
Randaik atmete schwer. »Vielleicht ist es ein Fehler in der Energieanlage, vielleicht ein vagabundierendes Feld, das Halluzinationen erzeugt.«
Durch eine automatische Tür gelangten sie in einen Betonstollen. An seiner Decke zogen sich Lüftungskanäle entlang. Das Heulen der Ventilation war stärker als sonst zu vernehmen, ein entnervendes Geräusch. Lautlos schob sich hinter Randaik und Sophia die Feuersicherungstür zu.
Als sie das Ende des Ganges erreichten, fanden sie den Ausgang verschlossen. Erschöpft lehnte sich Sophia gegen die Wand. »Was nun?«
Randaik lief zurück. Er rüttelte vergeblich an der hinteren Tür. Um ihre Chancen in Ruhe zu durchdenken, hockten sie sich auf ein warmes Heizungsrohr.
Sophia legte ihren Kopf an seine Schulter. Sie lachte leise und sagte: »Ich habe mir solche Situation immer anders vorgestellt. Ich meine«, fügte sie hinzu, »daß ich dasitzen würde und meinen Kopf an deine Schulter lehne…« Sie brach ab, kaum daß sie das letzte Wort zu Ende sprach.
Er empfand die Berührung als angenehm. Er wollte auch, daß sie weiterredete. Er hatte nie auf solche Vertrautheit gewartet. Aber dies war der Moment, da sie möglich, ja fast notwendig erschien. Es verwirrte ihn. Sie hatte nie für einen von ihnen ein weitergehendes Interesse gezeigt. Ich rede mir etwas ein, dachte Randaik und begann hastig zu sprechen, wobei er unwillkürlich die Stimme zum Flüstern dämpfte. »Wer ist eigentlich auf den Gedanken gekommen, den Urlaub mal in einer absolut ruhigen Gegend zu verbringen, fern aller Ferienhektik?«
»Wir hatten es satt. Eine Ablenkung jagt die andere, und das Ganze nennt sich programmierte Urlaubsgestaltung. Zweimal im Jahr treffen wir uns, aber selbst im Urlaub haben wir keine Zeit füreinander.«
Randaik war unsicher, worauf sich ihr Bedauern bezog. Ihre Hand streifte sein Knie. Es war eine flüchtige Geste, wie zufällig. Sie löste den erregenden Wunsch nach einer erneuten Berührung in ihm aus. Unsicher verfolgte er mit den Augen ihre Hand, die sich vor dem Grau des Fußbodens feingliedrig abhob. Da sah er es.
Der

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