Der unsterbliche Highlander
Augenwinkeln sah er aus wie dreißig.
Er zuckte mit den Schultern. »So um die fünf-, sechstausend Jahre. Es ist ein bisschen schwierig, das genau festzulegen, wenn man sich so oft zwischen den Zeiten bewegt, wie ich es getan habe. Aoibheal ist etwa sechzigtausend Jahre alt. Ich bin nach den Maßstäben meiner Rasse fast noch ein Kind.«
»Ich verstehe.« Uahh! Das war definitiv nicht menschlich. Leider minderte sein Alter keineswegs die Anziehungskraft, die er auf sie ausübte: Im Gegenteil, es schien sie perverserweise sogar zu verstärken.
Er deutete auf das Frühstückstablett. »Möchtest du vielleicht ein Croissant? Nein? Wie wär's mit ein wenig Obst?« Er bot ihr eine Schale mit geschnittenen Erdbeeren, Mangos und Kiwis an. »Bist du nicht hungrig? Wenn ich aufwache, komme ich immer fast um vor Hunger.« Er klang, als würde er regelrecht Anstoß an diesem Umstand nehmen.
Oh, sie hatte Hunger, großen sogar, aber das Einzige, was sie wirklich verschlingen wollte, war er.
Plötzlich war sie wieder vierzehn Jahre alt, und das Feenwesen aus ihren fantastischen Träumen brachte ihr das Frühstück ans Bett. Sie starrte den goldenen Torques an. Sie musste es wissen. »Was bist du eigentlich?«, fragte sie gereizt.
Er neigte den Kopf zur Seite. »Ich bin ein Tuatha De Danaan.« Er zog die schwarzen Augenbrauen zusammen. »Das weißt du doch.«
»Ich meinte«, erklärte sie mürrisch, »deinen Torques.«
»Ah.« Die Augenbrauen entspannten sich. »Ich bin der letzte Prinz des Hauses der D'Jai.«
»Ein P-p-prinz?«
»Ja.« Seine Augen wurden schmal. »Hast du ein Problem damit?«
Sie brachte kein Wort mehr heraus.
»Ich habe keinen Dünkel, falls dir das Sorgen bereitet. Ich habe die ganze Zeit mit Bürgerlichen geschlafen.« Er grinste provozierend.
»Darauf möchte ich wetten«, brummte Gabby. »Aber nicht mit dieser.«
»Noch nicht«, stimmte er ihr zu - viel zu milde für ihren Geschmack.
»Und ich bin keine Bürgerliche. Bei uns gibt es keine solchen Klassenunterschiede mehr.«
»Ja, das stimmt«, gab er ihr Recht. »Du bist keine Bürgerliche.« Er setzte sich ans Fußende des Bettes und zog ein Bein unter das andere.
»Was soll das heißen?«, erkundigte sie sich wachsam und behielt ihn genau im Auge. Sie war darauf gefasst, dass er irgendetwas versuchte. Aber er rührte sich nicht vom Fleck, sondern saß einfach nur lässig im Schneidersitz in ihrem femininen Schlafzimmer mit den vielen Rüschen auf dem Bett - ein Hüne umgeben von Spitzenkissen und bestickten Überwürfen. Der ganze Mädchenkram ließ ihn nur noch männlicher erscheinen.
»Trink deinen Kaffee, und ich erzähle es dir«, lockte er.
Ein scheußlicher Verdacht keimte in ihr auf. »Warum ist es dir so wichtig, dass ich den Kaffee trinke? Sind da Drogen drin oder so was?«
Er verdrehte die Augen, nahm die Tasse in die Hand und trank selbst ein paar Schlucke, dann reichte er sie ihr. »Selbstverständlich nicht, Irin. Ich möchte nur, dass du den Tag gut beginnst. Ich will, dass du glücklich bist.«
»Na, klar.« Aber der Duft von frisch gemahlenem und aufgebrühtem Kaffee stieg ihr verführerisch in die Nase; sie seufzte innerlich und kapitulierte ohne weiteren Widerspruch. Sie nahm die Tasse und trank. Himmlisch. Heiß und schwarz und süß - genau, wie sie ihn mochte. Er hatte die richtige Menge Zucker verwendet. Als er aus dem Fenster sah, drehte sie die Tasse zu der Stelle, an der er getrunken hatte und schloss die Lippen um den Rand.
Kaffee im Bett - wann hatte sie jemals jemand so verwöhnt? Niemals. Und er hatte ihr all das gebracht, was sie gewöhnlich frühstückte. Ein Croissant und Früchte, damit sie all die Süßigkeiten rechtfertigen konnte, die sie tagsüber naschte, ganz zu schweigen von ihrer Schwäche für mit Käse überbackene Pommes. Und Skyline Coneys. Das alles setzte sich direkt auf ihre Hüften. Aber solange sie jeden Morgen eine gesunde Mahlzeit zu sich nahm, hatte sie kein schlechtes Gewissen.
»Okay. Also, warum bin ich keine Bürgerliche?« Er hatte ihre Neugier angestachelt. Hier war ein Mann, äh, ein Feenwesen, das mehr über Geschichte wusste als jeder lebende Mensch, und noch dazu hatte er alles selbst miterlebt. Was konnte er ihr über ihre Vorfahren erzählen?
»Du bist eine Sidhe-Seherin. In längst vergangenen Tagen, im alten Irland tausend Jahre vor Christi Geburt, wurden Frauen wie du von den Menschen hoch geschätzt und behandelt wie Mitglieder der Königshäuser, denn nur sie
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