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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim C. Fest , Bernd Eichinger
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gehenden Regimes, die diesen Ausweg wählten. Nicht wenige gerade von denen, die untadelig durch die Zeit gekommen, aber dem Zusammenbruch der Welt und aller Maßstäbe nicht länger gewachsen waren, gingen in jenen Wochen in den Tod. Zu den Bildern unvergeßlichen Grauens gehört das Ende jenes Arztes, der bei der Annäherung der Sowjettruppen entsetzt bemerkte, daß er nur noch zwei Giftampullen besaß, so daß er seine noch kleinen, sich verzweifelt wehrenden Kinder eins nach dem anderen in der Badewanne ertränkte, ehe er sich und seine Frau mit einer Injektion umbrachte. Die seit Februar 1945 anhaltende »Selbstmord-Epidemie« in Berlin kennt nur Schätzungen mit einigen tausend Toten monatlich. Im Mai, als erstmals wieder halbwegs verläßliche Zahlen erhoben wurden, verzeichnete man immer noch mindestens siebenhundert Personen, die ihrem Leben ein Ende gemacht hatten.

    Unterdessen klammerte sich Hitler an die unscheinbarsten
    Erfolgsmeldungen wie etwa die Nachricht, daß zwei Transportmaschinen auf der Ost-West-Achse gelandet seien, oder machte sich aus allerlei Erdachtem absurde Versprechungen. Der Russe werde in Berlin, rechnete er vor, zum »Ausbluten« gezwungen, zumal er sich mit der Viermillionen-Stadt »eine kolossale Last aufgeladen« habe. Sooft der Name Wenck fiel, entzündeten sich neue Hoffnungen, und als in der Lagekonferenz vom 27. April einer der Offiziere mit fester Stimme versicherte, »Wenck kommt her, mein Führer!«, kehrte bereits die euphorische Laune zurück: »Man muß sich das vorstellen«, fuhr Hitler freudig hoch: »Das wird wie ein Lauffeuer durch ganz Berlin gehen, wenn es heißt: Eine deutsche Armee ist im Westen (in die russischen Linien) eingebrochen und hat Fühlung mit der Festung aufgenommen.« Unmittelbar darauf traten auch die alten Überspanntheiten wieder hervor. »Wir haben kein Ölgebiet mehr«, sagte Hitler in die Runde. »Das ist katastrophal, weil es jede weiträumige Operation unmöglich macht. Wenn ich diese Geschichte hier erledigt habe, müssen wir wieder schauen, daß wir die Ölgebiete wiederbekommen.« Später führte er mehrere Unterredungen darüber, welche Auszeichnung General Wenck für die einzigartige Operation zur »Rettung des Führers« erhalten solle.
    In der Lagebesprechung des gleichen Tages trug Mohnke vor,
    daß sechs Feindpanzer am Wilhelmplatz, nur einen Steinwurf von der Reichskanzlei entfernt, aufgetaucht, doch von den rasch herbeigeführten Panzervernichtungstrupps ausgeschaltet worden seien. Am Vortag war Schöneberg gegen den verzweifelten, vor allem von vierhundert kaum fünfzehnjährigen Hitlerjungen bis in den Tod geleisteten Widerstand gefallen.
      Tatsächlich nahm die Erbitterung der Kämpfe zu, je näher die sowjetischen Verbände dem Zentrum kamen. In den Randbezirken der Stadt waren sie zügig vorwärtsgelangt. Die Panzerspitzen hatten die Masse der Straßensperren kurzerhand zusammengeschossen oder wie »Streichholzhindernisse« überrollt und kleinere Widerstandsnester für die nachrückenden, mit Geschützen und Flammenwerfern ausgerüsteten Einheiten am Wege liegenlassen. Doch am inneren Verteidigungsring stockte der Vormarsch. An vielen Stellen mußten die Einheiten sich Haus für Haus vorankämpfen, und die Attrappen, die Marschall Schukow vor der Eröffnung der Schlacht von einzelnen Berliner Straßenzügen nachgebaut hatte, um am Modell die Eroberung der Stadt zu proben, erwiesen sich als gänzlich nutzlos. Zu den verlustreichsten Häuserschlachten kam es im Gebiet um die Flakbunker, zwischen Alexanderplatz und Rathaus sowie am Halleschen Tor. Aus den Gefängnissen vor allem im Norden der Stadt befreite die Rote Armee zahlreiche sowjetische Kriegsgefangene, die ohne große Umstände mit Waffen ausgerüstet und zur Verstärkung der inzwischen gelichteten Einheiten eingesetzt wurden.
      Vom Bunker gingen unterdessen immer neue und zunehmend dringlicher formulierte Funksprüche an Keitel und Jodl in Rheinsberg und Krampnitz heraus. Alle im Raum »zwischen Elbe und Oder stehenden Verbände« müßten auf Berlin angesetzt werden, hieß es immer wieder, der »Angriff zum Entsatz der Reichshauptstadt (sei) mit allen Mitteln und größter Beschleunigung zum erfolgreichen Ende zu führen«. Dazwischen kamen ständig nervösere Fragen nach Wenck und Busse, die keine Antwort gaben, sowie nach dem Korps Holste, das irgendwo im Nordosten der Stadt operierte und dessen Name kürzlich erst in den Phantasmagorien des Bunkers wie eine

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