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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim C. Fest , Bernd Eichinger
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Truppen bei Torgau an der Elbe getroffen und, statt aufeinander zu schießen, die Hand gereicht hatten, gelangte auf vielen Wegen in den Bunker. Die Hoffnung auf den täglich erwarteten Bruch der alliierten Kriegskoalition zerschlug sich damit, auch wenn Hitler alle Kraft darauf verwendete, seine Enttäuschung zu verbergen. Mit dem Starrsinn, der ihm, wie er glaubte, gerade in den ausweglosen Lagen seines Lebens stets zu Hilfe gekommen war, versicherte er noch in der Konferenz des gleichen Tages: »In Berlin sieht es schlimmer aus, als es ist.«
      In Wirklichkeit verhielt es sich umgekehrt und war schlimmer, als er mitsamt den Höhlenbewohnern im Bunker erkennen oder zugeben mochte. Spätere Ermittlungen haben ergeben, daß in den Bezirken der Innenstadt bereits durch den Bombenkrieg weit über die Hälfte aller Gebäude zerstört war. Doch erst jetzt ging die Stadt im Dauerfeuer der Eroberer buchstäblich zugrunde. Der sowjetische Generaloberst Bersarin hat nach der Einnahme Berlins bemerkt, die westlichen Alliierten hätten in mehr als zwei Jahren fünfundsechzigtausend Tonnen Sprengmaterial über der Stadt abgeladen, die Rote Armee dagegen in lediglich zwei Wochen vierzigtausend Tonnen. Statistiker haben später errechnet, daß auf jeden Bewohner Berlins nahezu dreißig Kubikmeter Trümmermasse entfielen.
      Vor allem die großen Zufahrtsstraßen waren nur noch Schneisen aus Schutt. Ausgebombte irrten Tag und Nacht durch die Ruinenfelder und rutschten oft in die tiefen, bis zum Rand mit grünlichem Wasser gefüllten Krater. In dicke Mäntel gehüllt, einen Helm auf dem Kopf und das Gewehr mit Hilfe einer Schnur geschultert, liefen Volkssturmleute durch die Straßen, viele auf der ziellosen Suche nach ihrer Befehlsstelle, da für ihren Einsatz nicht nur der militärische Abschnittskommandeur, sondern auch die örtliche Parteistelle zuständig war, so daß sich die Anweisungen oftmals offen widersprachen. Sowohl in den bereits eroberten wie den einstweilen noch gehaltenen Stadtbereichen gingen Angst und Panik um. Zwar hatte die Führung der Roten Armee alsbald begonnen, Ortsverwaltungen zu ernennen und mit korrekter Strenge auch gegenüber der eigenen Truppe eine zumindest provisorische Ordnung herzustellen. Auf den unteren Ebenen hingegen herrschte oftmals die Willkür unberechenbar verordneter Abführungen und Beschlagnahmungen, vermehrt durch die nicht endenden Vergewaltigungen durch siegestrunkene Rotarmisten, denen mancherorts jede weibliche Person, vom halbwüchsigen Mädchen bis zur betagten Frau, zum Opfer fiel.
      Das verzerrte Gegenbild davon war im Inneren des Verteidigungsringes anzutreffen, wo, wie immer in Zeiten des Untergangs, ein wüstes Treiben losbrach. Die Tagebücher der Zeit sprechen von Ausschweifungen, Massenbesäufnissen und hastigen erotischen Exzessen. Er werde das Bild nie vergessen, heißt es in einer Aufzeichnung: »Ringsum Schwerverwundete, Sterbende, Leichen; ein Verwesungsgeruch, der kaum zu ertragen war. Dazwischen betrunkene Uniformierte, die mit ebenso betrunkenen Frauen eng umschlungen herumlagen.« Ein anderer Beobachter stieß in einem Restaurant am Kurfürstendamm auf eine Gruppe angetrunkener SS-Offiziere, die »mit Damen in langen Kleidern Weltuntergang feierten«. Vielen schien es, als kehre sich das Unterste mit demonstrativer Dreistigkeit nach oben. Zwar wurden die lebenslang befolgten Wohlverhaltensregeln von der großen Mehrheit noch immer beachtet. Aber Gier und Lumpigkeit beherrschten die sichtbare Szene. Plündernde Hausfrauen zogen noch unter dem Feuer der feindlichen Artillerie durch die halbzerstörten Wohnviertel und rafften als herrenloses Gut zusammen, was immer ihnen in die Hände fiel. Vereinzelt bildeten sich »Straßengerichte«, die ihnen eine Art Prozeß machten und sie kurzerhand, mit einem Pappschild um den Hals, am nächsten Baum aufhängten: »Ich habe Volksgenossen bestohlen!«
      Andere suchten auf drastischere Weise den »Ausgang aus der Hölle« zu finden, von dem in einer Aufzeichnung die Rede ist. Professor Ernst Grawitz, Vizepräsident des Deutschen Roten Kreuzes und »Reichsarzt der SS«, setzte sich auf die Nachricht hin, daß die Spitzen des Regimes dabei seien, die Stadt zu verlassen, mit seiner Frau und seinen Kindern zum Abendessen. Als alle Platz genommen hatten, griff er unter den Tisch, zog zwei Handgranaten ab und sprengte sich mitsamt der Familie in die Luft.
      Doch waren es nicht nur die Parteigänger des zugrunde

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