Der Unterhändler
Strom. Der ursprüngliche Aktenkoffer hätte das Signal ausgelöst.
»All right«, sagte Zack. Er trat einen knappen Meter zurück. Quinn roch, daß der Mann schwitzte. »Du bist sauber. Steck den Bleistift wieder rein und steig in den Kofferraum.«
Quinn tat wie geheißen. Es wurde dunkel um ihn, als sich der große, rechteckige Kofferraumdeckel schloß. Schon drei Wochen vorher waren für den entführten Simon Cormack Luftlöcher in den Boden gebohrt worden. Es war stickig, aber erträglich in dieser Enge; er hatte trotz seiner Körpergröße ausreichend Platz, solange er in der Position eines Fötus kauerte – allerdings würgte es ihn beinahe, so intensiv war der Mandelgeruch.
Der Volvo wendete, der Ganove mit der MP rannte herbei und stieg hinten ein. Alle drei Männer nahmen ihre Gesichtsmasken ab und zogen die Oberteile der Trainingsanzüge aus, worauf Hemden, Krawatten und Jacketts zum Vorschein kamen. Die Jacken der Trainingsanzüge landeten auf dem Rücksitz, über der Skorpion- MP . Als sie fertig waren, glitt der Volvo, nun von Zack selbst gesteuert, aus der Lagerhalle hinaus.
Nach anderthalb Stunden erreichten sie das Haus mit der eingebauten Garage, vierzig Meilen von London entfernt. Zack hielt immer genau die vorgeschriebene Geschwindigkeit ein, seine Komplizen saßen aufrecht und schweigend auf ihren Sitzen. Seit drei Wochen hatten diese beiden Männer zum erstenmal ihr Versteck verlassen.
Als das Garagentor geschlossen war, zogen alle drei Männer wieder die Oberteile ihrer Trainingsanzüge an und setzten erneut die Masken auf. Einer ging ins Haus, um ihre Ankunft dem vierten Mann zu melden. Erst dann öffnete Zack den Kofferraum des Volvo. Quinn hatte steife Gelenke und blinzelte, als ihn das Licht der Garagenlampe traf. Er hatte den Bleistift aus der Wäscheklammer genommen und hielt sie mit den Zähnen fest.
»Schon gut, schon gut«, sagte Zack. »Das ist nicht nötig. Wir werden dir jetzt den Jungen zeigen. Aber auf dem Gang durchs Haus trägst du das hier.«
Er hielt eine Kapuze hoch. Quinn nickte. Zack zog sie ihm über den Kopf. Es bestand die Möglichkeit, daß sie einen Versuch machen würden, ihn zu überrumpeln, aber es würde nur einen Sekundenbruchteil dauern, die geöffnete Wäscheklammer zuschnappen zu lassen. Sie führten ihn, während er die linke Hand hochhielt, in das Haus, durch einen kurzen Gang und dann ein paar Stufen zum Keller hinab. Er hörte, wie dreimal laut an eine Tür geklopft wurde und nach einer Pause das Knarren einer Tür. Er wurde in einen Raum geschoben. Dann war er allein und hörte, wie Riegel vorgelegt wurden.
»Du kannst jetzt die Kapuze abnehmen«, sagte Zacks Stimme. Er sprach durch das Guckloch in der Kellertür. Quinn zog sich mit der rechten Hand die Kapuze vom Kopf. Er war in einem Kellerraum mit Boden und Wänden aus Beton, vielleicht einem ehemaligen Weinkeller. Auf einem Stahlrohrbett an der Wand gegenüber saß eine schlaksige Gestalt, Kopf und Schultern ebenfalls von einer schwarzen Kapuze bedeckt. Dann ein zweimaliges Klopfen an der Tür. Wie auf Kommando zog die Gestalt auf dem Bett die Kapuze ab.
Simon Cormack starrte verblüfft den hochgewachsenen Mann neben der Tür an, dessen Regenmantel halb aufgeknöpft war und der in der linken Hand eine Wäscheklammer hochhielt. Quinn erwiderte den Blick des Präsidentensohnes.
»Hallo, Simon, bist du okay, Junge?« Eine Stimme aus der Heimat.
»Wer sind Sie?« flüsterte er.
»Ach so, ja. Der Unterhändler. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Geht’s dir gut?«
»Ja, mir geht’s … ordentlich.«
An der Tür wurde dreimal geklopft. Der junge Mann zog sich die Kapuze über den Kopf. Die Tür ging auf. Zack stand da. Mit Gesichtsmaske. Bewaffnet.
»Also, da ist er. Jetzt die Diamanten.«
»Natürlich«, sagte Quinn, »du hast dein Wort gehalten. Ich halte meins.«
Er steckte den Bleistift zwischen die Backen der Wäscheklammer und ließ die Drähte von der Taille abwärts baumeln, schlüpfte aus dem Regenmantel und riß sich das Holzkistchen von der Brust. Er nahm das flache Samtpäckchen mit den Steinen und hielt es Zack hin. Dieser nahm es und reichte es an einen Mann hinter ihm weiter. Sein Revolver war noch immer auf Quinn gerichtet.
»Die Bombe nehm ich auch mit«, sagte er, »damit du dir nicht den Weg nach draußen freisprengst.«
Quinn bog die Drähte gegeneinander und verstaute sie zusammen mit der Wäscheklammer im Kistchen. Aus der beigefarbenen Substanz zog er die Schnur
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