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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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verschanzten sie sich.
    Sie hielten drei Monate durch, bis ihnen schließlich die Munition ausging. Dann marschierten sie über die Brücke, die den See überspannt, in die benachbarte Republik Ruanda.
    Das übrige war Quinn bekannt. Obwohl ohne Munition, versetzten sie die Regierung von Ruanda in Angst und Schrecken, die fürchtete, die Söldner könnten das ganze Land zugrunde richten, wenn man ihnen keine Zugeständnisse machte. Der belgische Konsul war überfordert. Viele der Söldner aus Belgien hatten ihre Personalausweise verloren, zufällig oder absichtlich. Der Konsul, der sich nicht anders zu helfen wußte, stellte ihnen provisorische belgische Ausweise auf die Namen aus, die ihm angegeben wurden. So dürfte aus Paul Marchais Paul Lefort geworden sein. Es war sicher kein allzu großes Kunststück gewesen, später einmal diese provisorischen Papiere in endgültige verwandeln zu lassen, zumal wenn es tatsächlich einen Paul Lefort gegeben hatte, der dort unten gestorben war.
    Am 23.   April 1968 brachten zwei Maschinen des Internationalen Roten Kreuzes die Söldner schließlich in ihre Heimat zurück. Die eine, mit allen Belgiern – bis auf einen – an Bord, flog direkt nach Brüssel. Die belgische Öffentlichkeit war bereit, ihre Söldner als Helden zu empfangen; nicht so die Polizei. Sie überprüfte anhand ihrer Fahndungslisten alle, die die Maschine verließen. Marchais mußte in der anderen DC -6 mitgeflogen sein, die ihre menschliche Fracht teils in Pisa, teils in Zürich und Paris absetzte. Zusammen hatten die beiden Flugzeuge 123 europäische und südafrikanische Söldner nach Europa transportiert.
    Quinn war überzeugt, daß Marchais in der zweiten Maschine gewesen war und daß er sich zwanzig Jahre lang mit Jobs ohne Aufstiegschancen auf Rummelplätzen durchgeschlagen hatte, bis er für seinen letzten Einsatz im Ausland angeworben worden war. Wonach er suchte, das war der Name eines anderen, der bei diesem letzten Auftrag mit dabeigewesen war. Das Material enthielt nichts, was einen Hinweis liefern konnte. Lutz kehrte zurück.
    »Noch eine letzte Sache«, sagte Quinn.
    »Ich kann nicht«, protestierte Lutz. »Es wird ohnehin schon gemunkelt, daß ich an einer Hintergrundgeschichte über Söldner sitze. Dabei stimmt es nicht einmal – ich schreibe gerade über die Konferenz der EG -Landwirtschaftsminister.«
    »Weiten Sie Ihren Horizont«, regte Quinn an. »Wie viele deutsche Söldner waren bei der Meuterei in Stanleyville, beim Marsch nach Bukavu und dessen Belagerung dabei und im Internierungslager in Ruanda?«
    Lutz machte sich Notizen.
    »Wissen Sie, ich hab’ zu Hause Frau und Kinder, die auf mich warten.«
    »Dann sind Sie ein glücklicher Mann«, sagte Quinn.
    Diesmal kam Lutz schon nach zwanzig Minuten wieder. Er blieb, während Quinn las.
    Was Lutz ihm gebracht hatte, waren die gesamten Unterlagen über deutsche Söldner, ab 1960. Es war mindestens ein Dutzend gewesen. Wilhelm war im Kongo dabeigewesen, in Watsa. Gestorben an Verwundungen, die er bei einem Überfall an der Straße nach Pauls erlitten hatte. Rolf Steiner war in Biafra gewesen, lebte gegenwärtig in München, hatte sich aber nie im Kongo aufgehalten. Quinn blätterte um. Siegfried Müller (»Kongo«-Müller) war vom Anfang bis zum Ende überall im Kongo dabeigewesen; 1983 in Südafrika verstorben.
    Noch zwei andere Deutsche waren erwähnt, beide wohnhaft in Nürnberg, mit beigefügten Adressen, aber sie hatten im Frühjahr 1967, als das Fünfte Kommando aufgelöst wurde, das Land verlassen und waren bei der Meuterei in Stanleyville, im Juli dieses Jahres, nicht dabeigewesen. Damit blieb einer.
    Werner Bernhardt hatte dem Fünften Kommando angehört, war aber, als es aufgelöst wurde, abgehauen und zu Schramme gestoßen. Er hatte an der Meuterei, dem Marsch nach Bukavu und der Belagerung des Badeortes teilgenommen. Eine Adresse war nicht angegeben.
    »Wo könnte er jetzt sein?« fragte Quinn.
    »Wenn keine Adresse dabei ist, ist er untergetaucht«, sagte Lutz. »Das war schließlich anno 1968. Und jetzt schreiben wir 1991. Er könnte inzwischen gestorben … oder irgendwo sein. Typen wie die … Sie wissen ja … Zentral- oder Südamerika, Südafrika …«
    »Oder hier in Deutschland«, sagte Quinn. Darauf holte sich Lutz das Telefonbuch des Lokals. Es gab vier Spalten mit Anschlüssen unter dem Namen Bernhardt. Und das allein in Hamburg. Die Bundesrepublik besteht aus zehn Ländern, und in jedem gibt es eine Vielzahl von

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