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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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doch nicht so schweres Trauma heimgesucht. Das Problem damals seien die Belastungen und die Angst gewesen – da er nicht gewußt habe, was mit seinem Sohn geschah, ob er am Leben oder tot, in guter Verfassung war oder schlecht behandelt wurde, oder wann er wieder frei sein werde.
    Während Simons Gefangenschaft sei die Belastung etwas schwächer geworden. Der Präsident hatte auf dem Umweg über Quinn erfahren, daß sein Sohn immerhin noch lebte. Als sich der Zeitpunkt des Austauschs näherte, habe er sich etwas erholt.
    Der Tod seines einzigen Sohnes und die grausig-brutale Art, wie er umgebracht worden war, hätten ihn getroffen wie ein Körperschlag einen Boxer. Zu introvertiert von Natur, als daß er sich anderen leicht mitteilen konnte, zu gehemmt, um seinen innersten Gefühlen Ausdruck zu geben, habe er seinen Schmerz in sich verschlossen und sei in einen Zustand anhaltender Melancholie geraten, die seine geistige und moralische Kraft untergrabe, jene Eigenschaften, die man als den Willen des Menschen bezeichne.
    Die Mitglieder des Komitees hörten ihm bedrückt zu. Sie wollten wissen, wie die psychische Verfassung ihres Präsidenten beschaffen war. Bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen sie ihn zu sehen bekamen, brauchten sie keinen Experten, der sie ins Bild setzte: ein Mann, ermattet und konzentrationsunfähig, bis zur Erschöpfung müde, vor der Zeit gealtert, ohne Energie und ohne Interesse. Es hatte schon vorher Präsidenten gegeben, die krank geworden waren; der Regierungsapparat war damit zurechtgekommen. Aber etwas Derartiges war neu. Auch ohne die zunehmende Unruhe in den Medien begannen sich mehrere der Anwesenden zu fragen, ob John F . Cormack noch lange im Amt bleiben könne oder sollte.
    Bill Walters hörte mit unbewegtem Gesicht dem Psychiater bis zum Ende zu. Mit seinen vierundvierzig Jahren war er der Benjamin im Kabinett, ein kampfgestählter, brillanter Wirtschaftsanwalt aus Kalifornien. John F . Cormack hatte ihn als Justizminister nach Washington geholt, um sich seine Talente gegen das organisierte Verbrechen nutzbar zu machen, das sich heute zum großen Teil hinter der Fassade von Großunternehmen verbirgt. Diejenigen, die Walters bewunderten, räumten ein, daß er rücksichtslos sein konnte, allerdings nur, um dem Gesetz Geltung zu verschaffen; seine Feinde hingegen, und er hatte sich einige Leute zu Feinden gemacht, fürchteten seine Härte.
    Er hatte ein angenehmes Äußeres und wirkte manchmal, gekleidet wie ein Jüngerer und mit seinem gefönten, modisch geschnittenen Haar, beinahe jungenhaft. Doch hinter dem gewinnenden Aussehen konnte sich eine Kälte verbergen, die sein inneres Wesen unzugänglich machte. Wer mit Walters zu tun gehabt hatte, wußte, wenn er auf ein Ziel zusteuerte, zeigte sich das nur daran, daß er zu blinzeln aufhörte. Dann konnte sein starrer Blick entnervend wirken. Als Dr.   Armitage den Raum verlassen hatte, brach Walters das düstere Schweigen.
    »Meine Herren Kollegen, wir werden uns ernsthaft mit dem fünfundzwanzigsten …«
    Sie wußten alle Bescheid, aber er war der erste, der die mögliche Anwendung dieses Artikels zur Sprache brachte. Nach dem 25. Verfassungszusatz können der Vizepräsident und die höchstrangigen Kabinettsmitglieder dem Senatspräsidenten und dem Speaker des Repräsentantenhauses in schriftlicher Form ihre Absicht vortragen, daß der Präsident nicht mehr imstande sei, die Vollmachten und Pflichten seines Amtes wahrzunehmen. Genauer gesagt: nach Paragraph 4 des 25. Verfassungszusatzes.
    »Sie haben ihn zweifellos auswendig gelernt, Bill«, fuhr Odell ihn an.
    »Moment, Michael«, sagte Jim Donaldson, »Bill hat ihn ja nur erwähnt.«
    »Er würde schon vorher zurücktreten«, sagte Odell.
    »Ja«, sagte Walters begütigend, »aus Gesundheitsrücksichten, und das mit aller Berechtigung und dem Verständnis und der Dankbarkeit der Nation. Es könnte nur sein, daß wir ihm den Vorschlag machen müßten. Das ist alles.«
    »Doch noch nicht jetzt!« protestierte Stannard.
    »Ganz recht. Wir haben Zeit«, sagte Reed. »Der Kummer wird sicher vergehen. Er wird sich davon erholen und wieder werden, wie er war.«
    »Wenn aber nicht?« fragte Walters. Sein steter, starrender Blick, richtete sich auf jedes Gesicht in dem Raum. Michael Odell erhob sich unvermittelt. Er hatte ja auch zu seiner Zeit so manches Mal seine Ellenbogen in der Politik eingesetzt, aber Walters hatte etwas Kaltes an sich, das ihm nie gefallen hatte. Der Mann trank

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