Der Unterhändler
Raum. Er ging nach hinten hinaus, auf einen Hof, umgeben von Scheunen, die nach vorne offen waren. Die Matratze auf dem Bett war dünn, gefüllt mit klumpiger Kokosfaser, doch für das, was er vorhatte, genügte sie. Mit seinem Taschenmesser lockerte er zwei Dielen unter dem Bett und versteckte darunter einen der Gegenstände, die sich in seiner Reisetasche befanden. Die übrigen Dinge darin blieben einer Inspektion zugänglich. Er schloß die Tasche, ließ sie auf dem Bett stehen, zog sich ein Haar heraus und klebte es mit Speichel quer über den Reißverschluß.
In die Taverne zurückgekehrt, führte er sich ein reichliches Mittagessen aus Ziegenkäse, frischem, krustigem Brot, hausgemachter Schweinefleischpastete und saftigen Oliven zu Gemüte, das er mit Wein hinunterspülte. Dann machte er einen Spaziergang durch das Dorf. Er wußte, daß er bis zum Sonnenuntergang in Sicherheit war; seine Gastgeber hatten ihre Anweisungen erhalten und verstanden.
Es gab nicht viel zu sehen. Niemand kam aus den Häusern, um ihn zu grüßen. Er sah, wie ein kleines Kind von zwei abgearbeiteten Frauenhänden eilends zu einer Tür hineingezogen wurde. Der Traktor auf der Dorfstraße stand mit seinen großen Hinterrädern so dicht an der Gasse, aus der er gekommen war, daß nur eine Lücke von etwas mehr als einem halben Meter blieb. Die Vorderräder befanden sich dicht vor einer Scheune.
Gegen 17 Uhr wurde die Luft kühler. Quinn kehrte in die Taverne zurück, wo im Kamin ein munteres Feuer prasselte. Er ging auf sein Zimmer, um sich ein Buch zu holen, überzeugte sich, daß die Reisetasche durchsucht worden war, aber nichts daraus entnommen und daß die gelockerten Dielen unter dem Bett nicht entdeckt worden waren.
Er saß zwei Stunden lesend in der Taverne, wobei er den Hut aufbehielt. Dann aß er wieder, ein schmackhaftes Schweinefleischragout mit Bohnen und Gebirgskräutern, dazu Linsen, Brot, ein Stück Apfelkuchen und Kaffee. Statt Wein trank er Wasser. Um 21 Uhr zog er sich auf sein Zimmer zurück. Eine Stunde später ging im Dorf das letzte Licht aus. Niemand saß an diesem Abend in der Taverne vor dem Fernsehgerät – der Wirt war stolzer Besitzer eines von nur drei Apparaten im Dorf. Niemand spielte Karten. Um 22 Uhr lag das Dorf im Dunkeln. Nur die Glühbirne in Quinns Zimmer brannte noch.
Es war eine schwache Birne, die ohne Lampenschirm in der Zimmermitte an einer staubigen Schnur von der Decke hing. Das beste Licht hatte man unmittelbar darunter, und dort saß die Gestalt mit dem hohen Stetson in einem Lehnsessel und las.
Der Mond ging um 1.30 Uhr auf, stieg hinter dem Ospedale-Massiv hoch und tauchte eine halbe Stunde später Castelblanc in ein unheimliches weißes Licht. Die magere Gestalt bewegte sich lautlos im schwachen Mondlicht durch die Straße; sie kannte ihren Weg genau. Sie glitt zwei schmale Gassen entlang und schlich sich in den Komplex der Scheunen und Höfe hinter der Taverne.
Geräuschlos sprang die Gestalt auf einen Heuwagen, der in einem der Höfe abgestellt war, und von dort auf eine Mauer. Sie lief leichtfüßig die Mauer entlang und landete gewandt auf dem Pultdach der Scheune, Quinns Fenster direkt gegenüber.
Die Vorhänge waren nur halb zugezogen. Durch die dreißig Zentimeter breite Öffnung war Quinn deutlich zu sehen: das Buch auf dem Schoß, der Kopf leicht vornüber geneigt, um im schwachen Licht der Glühbirne die Buchstaben besser zu sehen, die Schultern in dem rotkarierten Hemd über der Höhe des Fensterbretts, auf dem Kopf der weiße Stetson.
Der junge Mann auf dem Dach grinste; dieser Leichtsinn ersparte es ihm, durch das Zimmerfenster zu steigen, um zu tun, was getan werden mußte. Er nahm die Schrotflinte ab, die ihm an einem Lederriemen über der Schultern hing, entsicherte und zielte. In vierzig Fuß Entfernung füllte der Kopf mit dem Hut den Raum über den beiden Läufen der Lupara aus; die Abzüge waren durch einen Draht gekoppelt, damit beide Läufe gleichzeitig feuerten.
Der Knall des Schusses hätte eigentlich das Dorf aufwecken müssen, aber nirgends gingen Lichter an. Der grobe Schrot aus den beiden Flintenläufen zertrümmerte die Fensterscheiben und zerfetzte die dünnen Baumwollvorhänge. Der Kopf des hinter dem Fenster sitzenden Mannes schien zu explodieren. Der Schütze sah, wie der Luftdruck den Hut wegriß, der Schädel zersplitterte und leuchtend rotes Blut in alle Richtungen spritzte. Ohne Kopf kippte der Torso in dem rotkarierten Hemd
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