Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
seitwärts auf den Boden und war nicht mehr zu sehen.
    Befriedigt lief der junge Mann aus dem Orsini-Klan, der soeben für die Familie seinen ersten Mann umgelegt hatte, über das Dach und die Mauer entlang, sprang hinab auf den Heuwagen, dann auf die Erde und rannte in die Gasse zurück, aus der er gekommen war. Dann ging er ohne Eile, seines Triumphs gewiß, durch das Dorf zu dem Häuschen am Rand des Weilers, wo ihn der Mann erwartete, der sein Idol war. Er bemerkte nichts davon, wie sich eine Gestalt, leiser und größer als er selber, aus einem dunklen Hauseingang löste und ihm folgte.
    In das Chaos in seinem Zimmer über der Taverne würde später die Wirtin Ordnung bringen. Ihre Matratze war nicht mehr zu retten, von unten bis oben aufgeschlitzt, die Kokosfasern herausgeholt, um das karierte Hemd auszufüllen, bis es so steif war, daß es ohne Stütze auf dem Stuhl sitzen konnte. Sie würde lange Streifen durchsichtigen Klebebands finden, mit dem die Kleiderpuppe in ihrer aufrechten Position gehalten worden war, sowie die Reste des Stetson und das Buch.
    Sie würde die Bruchstücke des Styropor-Kopfs der Schaufensterpuppe einsammeln, den der Verkäufer in Marseille, von Quinn dazu überredet, aus dem Lager geklaut und ihm verkauft hatte. Von den beiden Kondomen, prall gefüllt mit Ketchup aus dem Speisesaal der Fähre, die im Kopf der Schaufensterpuppe gehangen hatten, würde sie kaum eine Spur entdecken, abgesehen von den roten Spritzern überall im Zimmer, die sich jedoch mit einem feuchten Tuch beseitigen ließen.
    Der Wirt würde sich fragen, warum ihm der Kopf der Schaufensterpuppe entgangen war, als er das Gepäck des Amerikaners durchsuchte, und schließlich die gelockerten Dielen unter dem Bett entdecken, unter denen ihn Quinn gleich nach seiner Ankunft versteckt hatte.
    Schließlich würde er dem aufgebrachten Mann in dem dunklen Anzug, der am Nachmittag in der Taverne Karten gespielt hatte, die zurückgelassenen Cowboystiefel, die Jeans, die fransenbesetzte Lederjacke zeigen und ihm, dem »capo« des Ortes, berichten, daß der Amerikaner jetzt sicher seine anderen Sachen anhabe: eine dunkle Hose, eine schwarze Windjacke mit Reißverschluß, Wüstenstiefel mit Kreppsohlen und einen ausgeschnittenen Pullover. Sie würden alle die Leinwandtasche untersuchen und feststellen, daß nichts mehr darin war. Dies würde sich in der Stunde vor Tagesanbruch abspielen.
    Als der junge Mann das Häuschen, das sein Ziel war, erreicht hatte, klopfte er leise an die Tür. Quinn drückte sich fünfzig Yards hinter ihm in einen dunklen Hauseingang. Der Bursche mußte den Befehl zum Eintreten erhalten haben, denn er öffnete das Schnappschloß und trat ein. Als sich die Tür schloß, kam Quinn näher heran, umkreiste das Haus und fand ein Fenster mit geschlossenen Läden, in denen ein Spalt war, breit genug, um hineinspähen zu können.
    Dominique Orsini saß an einem grob zurechtgezimmerten Tisch und schnitt mit einem rasierklingenscharfen Messer Scheiben von einer dicken Salami ab. Der Bursche mit der Lupara stand vor ihm. Sie unterhielten sich im korsischen Idiom, das mit dem Französischen nichts zu tun hat und für einen Ausländer unverständlich ist. Der Junge schilderte, was sich in der letzten halben Stunde ereignet hatte; Orsini nickte mehrmals. Nachdem der Bursche seinen Bericht beendet hatte, stand Orsini auf, kam um den Tisch herum und umarmte den jungen Mann, der vor Stolz glühte. Als sich Orsini drehte, fiel das Licht der Lampe auf die bläuliche Narbe, die an einer Wange vom Wangenknochen bis zum Kiefer hinablief. Er zog einen Packen Geldscheine aus der Tasche; der Bursche schüttelte protestierend den Kopf. Orsini stopfte ihm die Scheine in die Hemdtasche, klopfte ihm auf den Rücken und entließ ihn. Der junge Mann verschwand.
    Es wäre ein Kinderspiel gewesen, den korsischen Killer zu töten. Aber Quinn wollte ihn lebend haben, hinten in seinem Wagen und bei Sonnenaufgang in einer Zelle in der Polizeidirektion von Ajaccio. Er hatte das PS -starke Motorrad bemerkt, das in dem Brennholzschuppen stand.
    Eine halbe Stunde später hörte Quinn, im Schatten der Scheune und des abgestellten Traktors wartend, daß das Motorrad angelassen wurde. Orsini kam langsam aus einer Seitengasse auf den Dorfplatz gefahren und schlug dann die Richtung zum Ort hinaus ein. Zwischen den hinteren Rädern des Traktors und der nächsten Hauswand war Platz genug für das Motorrad. Orsini fuhr über eine vom Mond hell

Weitere Kostenlose Bücher