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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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die Erinnerung kam: eine Lichtung in Vietnam, vor langer Zeit; ein vietnamesischer Bauer – oder was von ihm noch übrig war – an vier in die Erde gerammte Pfähle gebunden.
    »Ich erinnere mich«, sagte er.
    »Gut«, sagte Moss, »und jetzt machen wir uns auf den Weg. Wo hast du dich einquartiert?«
    »In einer Blockhütte, oben in den Hügeln.«
    »Wohl damit beschäftigt, ein kleines Manuskript zu schreiben, nehm’ ich an. Das müssen wir uns doch mal anseh’n. Keine krummen Dinger, Quinn! Es könnte sein, daß dich Duncan mit seiner Pistole verfehlt, aber dann bekommt die Kleine es ab. Und du kannst gar nicht schnell genug sein, um meiner Knarre zu entkommen.«
    Eine kurze Bewegung des Gewehrs zeigte an, daß Quinn niedergeschossen würde, noch ehe er zehn Yards in Richtung auf die Bäume geschafft hätte.
    »Leck mich doch am Arsch!« sagte Quinn. Moss lachte leise vor sich hin, wobei sein Atem durch die eingedrückte Nase pfiff.
    »Dein Hirn muß eingefroren sein, Quinn. Ich will dir sagen, was mir durch den Kopf geht. Wir bringen dich und die Kleine zum Ufer hinunter. Niemand kann uns stören, meilenweit kein Mensch. Dich binden wir an einen Baum und dann schaust du zu. Ich schwör’ dir, es wird zwei Stunden dauern, bis sie tot ist, und jede Sekunde dieser zwei Stunden wird sie um Erlösung flehen. So, willst du jetzt fahren?«
    Quinn dachte an die Dschungellichtung, an den Bauern mit den von weichen Bleikugeln zerschmetterten Handgelenken, Ellenbogen, Knien und Fußgelenken, wie er gewimmert hatte, daß er nur ein Bauer sei und nichts wisse. Als Quinn erkannt hatte, daß der fette Kerl, der dieses »Verhör« führte, schon längst, schon seit Stunden, Bescheid wußte, hatte er sich umgedreht und ihn mit einem Fausthieb krankenhausreif geschlagen.
    Wäre er allein gewesen, hätte er versucht, es mit den beiden aufzunehmen, so aussichtslos es war, und wäre dann, mit einer Kugel im Herzen, einen anständigen Tod gestorben. Aber zusammen mit Sam … Er nickte.
    McCrea trennte sie und fesselte ihnen die Hände hinter dem Rücken. Dann setzte er sich ans Steuer des Renegade. Quinn neben ihm. Moss folgte ihnen mit dem Ram, Sam lag hinten auf dem Boden.
    West Danville erwachte gerade zum Leben, aber niemand dachte sich etwas, als die beiden Geländefahrzeuge durchkamen und in Richtung St.   Johnsbury weiterfuhren. Ein Mann hob grüßend die Hand, Salut an Kameraden, die wie er die klirrende Kälte überlebt hatten. McCrea erwiderte die Geste, zeigte sein freundliches Grinsen und schlug in Danville nördliche Richtung ein, auf Lost Ridge zu. Am Pope-Friedhof dirigierte ihn Quinn noch einmal nach links, in Richtung Bear Mountain. Der Ram hinter ihnen hatte keine Schneeketten und kam nur schwer voran.
    Als sie das Ende der Schotterstraße erreichten, ließ Moss den Ram stehen, stieß Sam vor sich her und kletterte hinten in den Renegade. Sie war weiß im Gesicht und schlotterte vor Angst.
    »Du wolltest dich also wirklich abseilen«, sagte Moss, als sie vor der Blockhütte ankamen.
    Draußen herrschten beinahe fünfunddreißig Grad Kälte, aber in der Hütte war es noch immer so behaglich warm wie bei Quinns Aufbruch. Er und Sam mußten sich ein Stück weit voneinander getrennt auf ein Etagenbett am einen Ende des großzügigen Wohnraums setzen, aus dem die Hütte hauptsächlich bestand. McCrea hielt noch immer die Pistole auf sie gerichtet, während Moss rasch die übrigen Räume darauf untersuchte, ob sie hier allein waren.
    »Nett«, sagte er schließlich, und mit einem Ton der Befriedigung, »nett, und ungestört ist man auch. Du hättest nichts Besseres für mich finden können, Quinn.«
    Quinns Manuskript befand sich in einer Schublade des Schreibtisches. Moss zog seinen Anorak aus, setzte sich in einen Lehnsessel und begann zu lesen. McCrea saß auf einem Stuhl und behielt seine Gefangenen im Auge, obwohl diese Handschellen trugen. Auf seinem Gesicht lag noch immer das Lächeln des braven Jungen von nebenan. Zu spät erkannte Quinn, daß es eine Maske war, daß der Jüngere sich irgendwann bewußt geworden war, wie nützlich dieses Talent zur Verstellung war, und es im Laufe der Jahre entwickelt hatte, um sein wahres Ich zu verbergen.
    »Du hast auf der ganzen Linie gesiegt«, sagte Quinn nach einer Weile. »Aber trotzdem interessiert es mich, wie du alles eingefädelt hast.«
    »War kein Problem«, sagte Moss, der noch immer las. »Und wird ja so oder so nichts mehr ändern.«
    »Wie ist McCrea für

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