Der Unterhändler
gekommen, aber der Mann, dessen sie sich bedienten, um die Entführung und Ermordung Simon Cormacks zu inszenieren, der Mann, den Zack den Dicken nannte, ist mir bekannt. Orsini hatte ihn erkannt und nannte mir seinen Namen. Sobald er verhaftet ist, was sicher geschehen wird, wird er zweifellos die Namen der Männer preisgeben, die ihn dafür bezahlten.
Im Augenblick, Sam, sitze ich in einem Versteck und schreibe alles nieder, bis ins letzte Detail: Namen, Daten, Ereignisse. Die ganze Geschichte vom Anfang bis zum Ende. Sobald ich damit fertig bin, schicke ich Kopien des Manuskripts an ein Dutzend verschiedene Adressaten, den Vizepräsidenten, das FBI , die CIA usw. Sollte mir danach irgend etwas zustoßen, ist es zu spät, die Mühlen der Gerechtigkeit noch anzuhalten.
Ich werde mich bei Dir erst dann wieder melden, wenn ich fertig bin. Versteh bitte, wenn ich Dir nicht schreibe, wo ich bin. Es geschieht nur zu Deinem Schutz.
Alles Liebe, Quinn.«
Einen Augenblick lang schwiegen alle wie betäubt. Einem der Anwesenden strömte der Schweiß aus den Poren.
»Mein Gott!« stöhnte Michael Odell. »Das ist ja nicht zu fassen.«
»Wenn das stimmt, was er schreibt«, sagte Morton Stannard, der ehemalige Anwalt, »sollte er auf keinen Fall auf freiem Fuß bleiben. Er sollte uns hier sagen, was er weiß.«
»Ich stimme zu«, sagte Justizminister Bill Walters. »Abgesehen von allem andern hat er sich damit zu einem unentbehrlichen Zeugen gemacht. Wir haben ein Schutzprogramm für Zeugen. Er sollte in seinem eigenen Interesse in Gewahrsam genommen werden.«
Die Zustimmung war einmütig. Bereits am Abend ermächtigte das Justizministerium die zuständige Stelle, einen Haftbefehl zu erlassen, um Quinn als unentbehrlichen Zeugen festzunehmen und festzuhalten. Das FBI aktivierte sämtliche Ressourcen des National Crime Information System, um nach ihm zu fahnden. Zur Unterstützung dieser Maßnahme wurden über das polizeiliche Fernschreibersystem alle anderen Vollzugsorgane alarmiert – städtische Polizeidirektionen, Sheriffs, US -Marshals und Autobahnstreifen. Alle Benachrichtigungen waren mit Quinns Foto versehen. Angeblich wurde er im Zusammenhang mit einem großen Juwelendiebstahl gesucht.
Mit einer Großfahndung war es allerdings nicht getan, denn Amerika ist ein riesiges Land mit einer Fülle von Möglichkeiten, unterzutauchen. Trotz landesweiter Fahndungsaktionen sind gesuchte Verbrecher jahrelang auf freiem Fuß geblieben. Außerdem wurde nach Quinn als amerikanischem Staatsbürger, dessen Paß- und Führerscheinnummern bekannt waren, gefahndet, nicht aber nach einem Frankokanadier namens Lefevre mit untadeligen Papieren, einer veränderten Frisur, mit Hornbrille und einem leichten Bart. Quinn hatte sich nach der Rasur in der sowjetischen Botschaft in London den Bart stehen lassen, der inzwischen seine untere Gesichtshälfte bedeckte.
In seine Berghütte zurückgekehrt, ließ er dem Komitee im Weißen Haus drei Tage Zeit, sich über seinen gezielten Brief an Sam den Kopf zu zerbrechen, dann machte er sich daran, sie unter der Hand zu kontaktieren. Eine Bemerkung, die sie in Antwerpen hatte fallenlassen, brachte ihn darauf, wie er das anstellen könnte. »Ich bin die Tochter eines Predigers in Rockcastle«, hatte sie gesagt.
In einem Buchgeschäft in St. Johnsbury kaufte er ein Ortsregister, das drei Rockcastles in den USA enthielt. Eines war tief im Süden, das zweite ganz im Westen. Sams Akzent war der Ostküste näher. Das dritte Rockcastle befand sich im Kreis Goochland, im Bundesstaat Virginia.
Telefonische Nachfragen räumten jeden Zweifel aus. Es gab einen Reverend Brian Somerville in Rockcastle, Bundesstaat Virginia. Den Namen gab es nur einmal – die ungewöhnliche Schreibweise unterschied ihn von den gewöhnlichen Summervilles und Sommervilles.
Quinn verließ wieder sein Versteck, flog von Montpelier nach Boston und von dort weiter nach Richmond, wo er in Byrd Field landete, inzwischen mit bewunderswertem Optimismus in Richmond International Airport umgetauft. Das Telefonbuch von Richmond, das Quinn bereits am Flughafen konsultierte, hatte hinten einen Anhang, dem zu entnehmen war, daß der Reverend als Geistlicher an der Smyrna Church of St. Mary’s an der Three Square Road amtierte, aber in der Rockcastle Road Nr. 290 wohnte. Quinn mietete einen Kleinwagen und fuhr die dreißig Meilen auf der Route 6 nach Rockcastle. Reverend Somerville kam selbst an die Haustür, als Quinn
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