Der Unterhändler
einfach an, seinem Auftreten werde man anmerken, daß er die Staatsorgane vertrat. »Wir haben Sie erwartet, Sir. Wenn Sie so freundlich wären, mitzukommen … Mein Kollege wird Ihre Tasche tragen.«
Ohne eine Entgegnung abzuwarten, ging er leichtfüßig durch den Tunnel, löste sich am Eingang zum Hauptkorridor vom Strom der Fluggäste und trat bald danach in einen kleinen Dienstraum, an dessen Tür nur eine Nummer stand. Der Größere der beiden Männer, der in allem den ehemaligen Unteroffizier verriet, nickte Quinn freundlich zu und nahm ihm die Reisetasche ab. In dem Büro blätterte der andere rasch Quinns Paß und dann auch die Pässe »Ihrer Gehilfen« durch, holte einen Stempel aus der Jackentasche, stempelte alle drei und sagte: »Willkommen in London, Mr. Quinn.«
Sie verließen das Büro durch eine andere Tür und gingen ein paar Stufen hinab zu einem wartenden Wagen. Aber wenn Quinn gedacht haben sollte, nun ginge es unverzüglich nach London hinein, hatte er sich getäuscht. Sie fuhren zur VIP -Suite. Quinn trat ein und starrte mit düsteren Blicken um sich. Kein Aufhebens, hatte er gesagt. Nicht das geringste Aufsehen. Aber hier waren Repräsentanten der amerikanischen Botschaft, des Innenministeriums, von Scotland Yard, vom Außenministerium, der CIA und FBI und – weiß der Himmel – vielleicht auch von Woolworth und Coca-Cola versammelt. Es dauerte zwanzig Minuten.
Die Wagenkolonne war noch länger. Die amerikanische Limousine, in der er saß, einen halben Häuserblock lang und mit einem Wimpel auf der Kühlerhaube, fuhr an der Spitze. Zwei Männer der motorisierten Polizeieskorte bahnten einen Weg durch den frühabendlichen Verkehr. Dahinter kam Lou Collins, der seinen CIA -Kollegen McCrea mitgenommen hatte und ihn während der Fahrt informierte. Im übernächsten Wagen setzte Patrick Seymour Sam Somerville ins Bild. Die Briten in ihren Rovers, Jaguars und Granadas schlossen sich an.
Sie fegten über den Motorway M 4 Richtung London, bogen auf den North Circular ab und fuhren die Finchley Road hinunter. Gleich hinter Lords schwenkte der erste Wagen in den Regent’s Park ab, folgte ein Stück weit dem Outer Circle und rauschte durch eine repräsentative Einfahrt, an zwei salutierenden Wachen vorüber.
Quinn hatte während der Fahrt versonnen in die Lichter dieser Stadt hinausgeblickt, die er so gut kannte wie nur irgendeine andere auf der Welt, ja, besser als die meisten. Er hatte kein Wort von sich gegeben, bis sogar der wichtigtuerische Diplomat neben ihm verstummte. Als die Wagenkolonne auf den erleuchteten Portikus der palastartigen Villa zufuhr, machte Quinn den Mund auf. Er beugte sich bis zu dem weit vorne sitzenden Fahrer vor und bellte ihm ins Ohr.
»Anhalten!«
Der Fahrer, ein amerikanischer Marinesoldat, war so überrascht, daß er scharf auf die Bremse trat. Der Mann am Steuer des nächsten Wagens war nicht so reaktionsschnell. Man hörte das Klirren zersplitternder Scheinwerfer und Rückleuchten. Weiter hinten steuerte der Chauffeur aus dem Innenministerium sein Fahrzeug in die Rhododendronbüsche, um eine Kollision zu vermeiden. Die Wagenkolonne schob sich wie eine Ziehharmonika zusammen und kam zum Stehen. Quinn stieg aus und starrte die Villa- an. Auf der obersten Stufe unter dem Portikus stand ein Mann.
»Wo sind wir?« fragte Quinn. Er wußte genau Bescheid. Der Diplomat, der auf dem Rücksitz neben ihm gesessen hatte, kletterte eilends aus der Limousine. Man hatte ihm eingeschärft, auf Quinn aufzupassen, aber er hatte es nicht für notwendig gehalten. Andere Gestalten kamen die Kolonne entlang auf sie zu.
»Vor dem Winfield House, Mr. Quinn. Dort steht Botschafter Fairweather, um Sie zu begrüßen. Es ist alles vorbereitet, eine Suite für Sie … alles arrangiert.«
»Derangieren Sie’s«, sagte Quinn. Er öffnete den Kofferraum, packte seine Reisetasche und trat den Rückweg an.
»Wo gehen Sie denn hin, Mr. Quinn?« lamentierte der Diplomat.
»Zurück nach Spanien«, rief Quinn über die Schulter.
Lou Collins stand vor ihm. Er hatte über die verschlüsselte Verbindung mit David Weintraub gesprochen, während die Concorde unterwegs war.
»Er ist ein merkwürdiger Bursche«, hatte der DDO gesagt, »aber geben Sie ihm, was er haben will.«
»Wir haben eine Wohnung«, sagte er leise zu Quinn. »Sehr privat, sehr diskret. Wir benutzen sie manchmal für die ersten Vernehmungen von abgesprungenen Leuten aus dem Ostblock oder für Besucher aus Langley.
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