Der Vampir der mich liebte
Alcide sie nicht sehen konnte.
»Weil Sookie ein Mensch ist«, erklärte Pam. »Und sie geht eher als natürliches Phänomen durch als ein Supra. Sie werden sie nicht aufspüren.«
Eric hatte meine Hand ergriffen. Er hielt sie so fest umschlossen, dass ich meinte, meine Fingerknochen knirschen zu hören. Der normale, unverzauberte Eric hätte entweder Pams Plan im Keim erstickt oder ihm enthusiastisch zugestimmt.
Doch jetzt war er zu eingeschüchtert, um etwas dazu zu sagen - was er offensichtlich eigentlich wollte.
»Und was soll ich tun, wenn ich dort bin?« Ich war stolz auf mich, weil ich so ruhig und überlegt wirkte. Lieber hätte ich einen ganzen Abend lang komplizierte Bestellungen eines Trupps schwer betrunkener Holzfäller aufgenommen, als die Erste in der Kampflinie zu sein.
»Versuch die Gedanken der Hexen zu lesen, während wir auf unsere Positionen gehen. Wenn sie uns zu früh entdecken, ist der Überraschungseffekt hin und die Gefahr ernster Verletzungen viel größer.« Wenn sie aufgeregt war, sprach Pam immer mit einem leichten Akzent, den ich allerdings nie einordnen konnte. Vielleicht war es einfach ein britisches Englisch, so wie es vor dreihundert Jahren gesprochen worden war. Oder was auch immer. »Kannst du sie zählen? Ist das möglich?«
Ich dachte einen Augenblick nach. »Ja, das kann ich.«
»Das wäre uns eine große Hilfe.«
»Was tun wir, wenn wir im Gebäude drin sind?«, fragte Sid. Aufgeregt grinste er in die Runde und zeigte seine spitzen Zähne.
Pam sah leicht verwundert drein. »Wir töten sie alle«, sagte sie völlig selbstverständlich.
Sids Grinsen verblasste. Ich fuhr zusammen. Und ich war nicht die Einzige.
Pam bemerkte, dass sie etwas ziemlich schwer Verdauliches ausgesprochen hatte. »Was sollten wir denn sonst tun?«, fragte sie erstaunt.
Alles schwieg.
»Sie werden alles tun, um uns zu töten«, erklärte Chow. »Sie haben nur ein einziges Mal versucht, Verhandlungen aufzunehmen, und das hat Eric das Gedächtnis und Clancy das Leben gekostet. Heute Morgen haben sie Clancys Kleider ins Fangtasia gebracht.« Verlegen wandten alle den Blick von Eric ab. Er wirkte niedergeschlagen, und ich strich mit meiner freien Hand über seinen Handrücken. Sein Griff um meine rechte Hand lockerte sich etwas. Sie war eingeschlafen und begann zu kribbeln.
»Jemand muss Sookie begleiten«, forderte Alcide. Finster blickte er Pam an. »Sie kann nicht ganz allein in die Nähe dieses Gebäudes gehen.«
»Ich gehe mit ihr«, sagte eine vertraute Stimme aus einer Ecke des Raums. Ich beugte mich vor und suchte die Gesichter ab.
»Bubba!«, rief ich erfreut. Verwundert starrte Eric das berühmte Gesicht an. Das glänzende schwarze Haar war zu einer Tolle zurückgekämmt, und der Schmollmund verzog sich zu dem weltberühmten Lächeln, das sein Markenzeichen war. Sein momentaner Hüter hatte ihn anscheinend extra für diesen nächtlichen Ausflug eingekleidet, denn statt eines strassbesetzten Glitzeroveralls trug er einen Tarnanzug.
»Wie schön, Sie zu sehen, Miss Sookie«, sagte Bubba. »Ich trage heute extra meine Militäruniform.«
»Das sehe ich. Sieht klasse aus, Bubba.«
»O danke, Ma'am.«
Pam dachte darüber nach. »Die Idee ist gar nicht schlecht«, sagte sie schließlich. »Seine, äh... mentalen Ströme, seine Signatur, ihr versteht, was ich meine? - sind so, äh, untypisch, daher werden die Hexen wohl nicht erkennen, dass ein Vampir in ihrer Nähe ist.« Pam war äußerst taktvoll.
Bubba war einfach der peinlichste Vampir der Welt. Er konnte sich zwar lautlos bewegen und war gehorsam, doch mit dem logischen Denken haperte es, und er trank auch viel lieber Katzenblut als Menschenblut.
»Wo ist Bill, Miss Sookie?«, fragte er. Ich hätte mir denken können, dass diese Frage kommen würde. Bubba hatte immer sehr an Bill gehangen.
»Er ist in Peru, Bubba. Das ist unten in Südamerika.«
»Nein, bin ich nicht«, sagte eine kühle Stimme, und mein Herz schlug einen Salto. »Ich bin wieder da.« Und aus einem der offenen Durchgänge trat meine alte Flamme.
Dieser Abend steckte wirklich voller Überraschungen. Hoffentlich waren auch noch einige angenehme darunter.
Bill so unerwartet wiederzusehen versetzte mir einen stärkeren Schock, als ich vermutet hätte. Ich hatte noch nie zuvor einen Exfreund gehabt - mein Leben war ja insgesamt ziemlich frei von Freunden geblieben -, und so wusste ich nicht, wie ich mit seiner Anwesenheit umgehen sollte - zumal Eric meine Hand so
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