Der Vampir der mich liebte
eine Mann-Frau-Geschichte gelaufen, die noch nicht geklärt war, und es wäre nicht in Ordnung, wenn ich ihn nur anrief, um ihm von einer Sache zu erzählen, bei der er mir ohnehin nicht helfen konnte. Wenigstens empfand ich das so.
Ich machte mir Sorgen, dass eine Nachricht von Jason kommen könnte, während ich weg war. Aber der Sheriff suchte ja nicht nach ihm, also würde ich wohl nicht so bald etwas hören.
Ehe ich ging, achtete ich noch darauf, dass der Schrank im kleinen Schlafzimmer auch wirklich aufgeräumt aussah und alles völlig normal wirkte. Sollte ich Eric eine Nachricht hinterlassen? Dann wäre er sofort verraten, falls jemand einbrach. Ans Telefon würde er nicht gehen, dazu war er zu klug. Durch seinen Gedächtnisverlust war er allerdings auch derart verwirrt, dass es ihn erschrecken würde, wenn er sich nach seinem Erwachen ganz allein im Haus wiederfand, ohne eine Erklärung für meine Abwesenheit, dachte ich.
Dann hatte ich einen Geistesblitz. Ich griff nach einem kleinen quadratischen Blatt Papier, einem >Wort des Tages< aus dem Kalender des Vorjahres (>Obsession<), und schrieb:
Jason, solltest du zufällig hier hereinschauen, ruf mich an! Ich mache mir große Sorgen um dich. Keiner weiß, wo du bist. Ich bin am Nachmittag oder am Abend wieder zurück. Ich fahre jetzt mal bei dir zu Hause vorbei, und dann schaue ich, ob du nach Shreveport gefahren bist. Danach komme ich zurück. Alles Liebe, Sookie.
Ich klebte den Zettel mit Tesafilm an den Kühlschrank, genau dorthin also, wohin der Weg einen Bruder als Erstes führen würde, wenn er bei seiner Schwester hereinschaute.
So. Eric war auf jeden Fall gewitzt genug, zwischen den Zeilen zu lesen. Und dennoch klang es alles auch in sich plausibel. Sollte also jemand einbrechen und das Haus durchsuchen, würde der Zettel wie eine reine Vorsichtsmaßnahme wirken.
Dennoch hatte ich Angst, den schlafenden und so angreifbaren Eric allein zu lassen. Was, wenn die Hexen kamen?
Aber warum sollten sie?
Wenn sie Erics Spur gefunden hätten, wären sie doch längst hier. Zumindest wollte ich das glauben. Ich überlegte, ob ich Terry Bellefleur anrufen und bitten sollte, das Haus zu hüten - er war enorm stark, und als Ausrede könnte ich vorschieben, dass ich jemanden brauchte, um das Telefon zu bewachen. Doch es war nicht fair, jemand anderen zu Erics Schutz in Gefahr zu bringen.
Ich rief in jedem Krankenhaus im Umkreis an, mit dem Gefühl, dass der Sheriff mir wenigstens diese kleine Aufgabe hätte abnehmen können. In den Krankenhäusern kannten sie die Namen aller neu Aufgenommenen, aber keiner von ihnen war Jason. Ich rief bei der Verkehrspolizei an, fragte nach den Unfällen der letzten Nacht und fand heraus, dass es in der Umgebung keine gegeben hatte. Ich rief ein paar Frauen an, mit denen Jason mal zusammen gewesen war, und erhielt eine ganze Menge abweisender Antworten, einige davon sogar obszön.
Damit war alles Grundsätzliche erledigt. Jetzt konnte ich zu Jasons Haus fahren, und ich war einigermaßen stolz auf mich, als ich die Hummingbird Road Richtung Norden entlangfuhr und dann nach links abbog. Während ich westwärts auf das Haus zusteuerte, in dem ich die ersten sieben Jahre meines Lebens verbracht hatte, ließ ich Merlotte's Bar rechts liegen und fuhr an der großen Abfahrt nach Bon Temps vorbei. Ich nahm die linke Abzweigung, und da sah ich unser altes Zuhause auch schon, gut zu erkennen an Jasons Pick-up, der direkt davor parkte. Daneben stand ein anderer, genauso glänzender Pick-up, etwa sechs Meter entfernt von Jasons Wagen.
Als ich aus dem Auto ausstieg, überprüfte ein sehr schwarzer Mann gerade den Boden rund um Jasons Pick-up. Erstaunt erkannte ich, dass der zweite Wagen Alcee Beck gehörte, dem einzigen afroamerikanischen Detective der Bezirkspolizei. Alcees Anwesenheit wirkte sowohl beruhigend als auch verwirrend auf mich.
»Miss Stackhouse«, sagte er ernst. Alcee Beck trug ein Jackett, Hosen mit Bügelfalte und abgewetzte Stiefel. Die Stiefel passten nicht zum Rest seiner Kleidung, und ich hätte wetten mögen, dass er sie in seinem Pick-up aufbewahrte und nur anzog, wenn er mal irgendwo auf dem Land herumstapfen musste, wo es reichlich Schlamm gab. Alcee (dessen Name Al-ßej ausgesprochen wurde) war außerdem ein starker »Sender«, und ich konnte seine Gedanken sehr klar erkennen, wenn ich mich aufs Zuhören konzentrierte.
Kurz zusammengefasst erfuhr ich so, dass Alcee Beck nicht erfreut war, mich hier
Weitere Kostenlose Bücher