Der Vampir der mich liebte
anzutreffen, dass er mich nicht mochte und glaubte, Jason sei etwas zugestoßen. Mein Bruder war Detective Beck völlig egal, aber vor mir hatte er Angst. Er fand, ich sei eine zutiefst unheimliche Person, und er ging mir aus dem Weg, wo er nur konnte.
Was mir nur recht war, um ehrlich zu sein.
Ich wusste mehr über Alcee Beck, als mir lieb war, und was ich über Alcee wusste, war alles andere als angenehm. Unkooperativen Gefangenen gegenüber verhielt er sich brutal, obwohl er seine Frau und seine Tochter auf Händen trug. Er hielt die Hand auf, wann immer sich ihm die Gelegenheit bot; und er sorgte dafür, dass sich diese Gelegenheiten ziemlich regelmäßig boten. Alcee Beck beschränkte seine Praktiken allerdings auf die afroamerikanischen Mitbürger, denn seine Theorie besagte, die würden ihn nicht an seine weißen Kollegen verpfeifen - womit er bislang Recht hatte.
Ist jetzt klar, was ich meinte, als ich sagte, dass ich all diese Dinge eigentlich gar nicht hören möchte? Das hier war etwas ganz anderes als zu erfahren, dass Arlene Charlsies Ehemann nicht gut genug für Charlsie fand oder dass Hoyt Fortenberry beim Ausparken einem anderen Auto eine Delle verpasst und es dem Besitzer nicht gesagt hatte.
Und ehe jetzt jemand fragt, was ich tue, wenn ich so etwas erfahre, sage ich es lieber gleich. Ich halte einfach die Klappe. Ich habe auf übelste Weise erlebt, dass es fast nie funktioniert, wenn ich versuche mich einzumischen. Keiner wird dadurch glücklicher, stattdessen gerät nur meine Seltsamkeit in den Mittelpunkt des Interesses und einen Monat lang fühlt sich niemand wohl in meiner Gegenwart. Bei mir liegen mehr Geheimnisse als Geld in Fort Knox. Und diese Geheimnisse werden ganz genauso streng gehütet.
Zugegeben, das meiste davon hätte im großen Lauf der Dinge nicht viel Unterschied gemacht, Alcees mieses Verhalten führte dagegen zu echtem menschlichem Elend. Bislang hatte ich jedoch noch keine einzige Idee gehabt, wie Alcee zu stoppen wäre. Er war ziemlich clever, wenn es darum ging, seine Aktivitäten zu kontrollieren und vor denen zu verbergen, die ihm dazwischenfunken könnten. Und ich war gar nicht sicher, ob Bud Dearborn tatsächlich nichts wusste.
»Detective Beck«, sagte ich. »Suchen Sie nach Jason?«
»Der Sheriff hat mich gebeten, hier mal vorbeizufahren und nachzusehen, ob mir irgendwas Ungewöhnliches auffällt.«
»Und ist Ihnen etwas aufgefallen?«
»Nein, Ma'am, nichts.«
»Hat Jasons Boss Ihnen erzählt, dass die Tür seines Pick-up offen stand?«
»Ich habe sie zugemacht, damit sich die Batterie nicht völlig verbraucht. Dabei habe ich natürlich aufgepasst und nichts angefasst. Aber ich bin sicher, Ihr Bruder taucht hier jede Minute wieder auf.«
»Ich habe einen Schlüssel zu seinem Haus und möchte Sie bitten, mich hineinzubegleiten.«
»Nehmen Sie an, dass Ihrem Bruder in seinem Haus etwas zugestoßen ist?« Alcee Beck sprach jedes Wort so deutlich aus, dass ich mich fragte, ob er in seiner Jacketttasche einen Kassettenrecorder laufen ließ.
»Könnte sein. Er fehlt normalerweise nicht bei der Arbeit. Nein, er fehlt nie bei der Arbeit. Und ich weiß immer, wo er ist. Mich auf dem Laufenden halten, das kann er richtig gut.«
»Würde er Ihnen auch erzählen, dass er mit einer Frau abhauen will? Die meisten Brüder täten so was wohl eher nicht, Miss Stackhouse.«
»Er würde es mir erzählen, oder er würde es Catfish erzählen.«
Alcee Beck tat sein Bestes, um die skeptische Miene in seinem dunklen Gesicht aufrechtzuerhalten. Doch so leicht wollte ihm das nicht gelingen.
Das Haus war abgeschlossen. Ich suchte den richtigen Schlüssel an meinem Schlüsselbund, und wir gingen hinein. Ich empfand kein Gefühl von Nachhausekommen, als ich eintrat, jenes Gefühl, das ich als Kind stets empfunden hatte. Mittlerweile lebte ich schon so viel länger in Großmutters Haus als hier. Als Jason zwanzig wurde, war er sofort hierher gezogen; und obwohl ich immer mal vorbeischaute, hatte ich in den letzten acht Jahren wohl kaum mehr als vierundzwanzig Stunden insgesamt in diesem Haus verbracht.
Ich blickte mich um. Mein Bruder hatte das Haus in all den Jahren nicht sehr verändert. Es war ein kleines Haus im Ranchstil mit kleinen Zimmern, und natürlich war es längst nicht so alt wie Großmutters Haus - mein Haus - und viel besser zu heizen und kühl zu halten. Mein Vater hatte das meiste selbst gemacht, und er war ein guter Handwerker gewesen.
In dem kleinen Wohnzimmer
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