Der Vampir der mich liebte
einer Niete wie mir traf. Oops, wieder so eine Sache, von der ich eigentlich gar nichts wissen wollte. Offensichtlich schottete ich mich einfach nicht gut genug ab. Bill hatte mich immer dazu angehalten, doch jetzt, da ich ihn nicht mehr traf, wurde ich nachlässig. Das war allerdings nicht allein meine Schuld, Miss Verkniffen war eine sehr deutlich zu vernehmende Senderin.
Alcide dagegen nicht, aber er war ja auch ein Werwolf.
Er führte mich einen Gang hinunter, der mit einem hübschen Teppich ausgelegt und mit nichtssagenden Bildern - faden Landschaften und Gartenszenerien - dekoriert war, die wohl irgendein Innenarchitekt (oder Miss Verkniffen) ausgesucht hatte. Er geleitete mich in sein Büro, an dessen Tür sein Name stand. Es war ein großer Raum, jedoch kein prachtvoller oder eleganter, da er gerammelt voll war mit Arbeitsunterlagen - Plänen und Papieren und jeder Menge Bürokram. Alles sehr nüchtern und praktisch eingerichtet. Ein Faxgerät brummte vor sich hin, und neben einem Stapel Formulare war ein Rechner mit Zahlenkolonnen.
»Du hast viel zu tun. Ich hätte dich nicht anrufen sollen«, sagte ich, sofort eingeschüchtert.
»Machst du Witze? Dein Anruf war das Beste, das mir heute passiert ist!« Er klang so ernsthaft, dass ich lächeln musste. »Außerdem muss ich dir unbedingt etwas sagen. Ich habe dir das damals nicht erzählt, als ich dir deine Sachen brachte. Du weißt schon, nachdem du verletzt worden warst.« Nachdem ich von angeheuerten Schlägertypen zusammengeschlagen worden war. »Ich habe mich so miserabel gefühlt deswegen, dass ich es immer wieder hinausgeschoben habe, nach Bon Temps zu fahren, um von Angesicht zu Angesicht mit dir zu reden.«
O mein Gott, er war wieder mit seiner hinterhältigen, gemeinen Verlobten Debbie Pelt zusammen. Debbies Namen hatte ich gerade eben direkt aus seinen Gedanken aufgeschnappt.
»Ach ja?«, sagte ich und versuchte, ruhig und offen zu wirken.
Er beugte sich vor und nahm meine Hand zwischen seine großen Hände. »Ich schulde dir eine Riesenentschuldigung.«
Okay, damit hatte ich nicht gerechnet. »Wie das?«, fragte ich und sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihm auf. Ich war hierher gekommen, um Alcide mein Herz auszuschütten, und stattdessen schüttete er mir jetzt seins aus.
»In dieser letzten Nacht, im Vampir-Club«, begann er, »als du meine Hilfe und meinen Schutz am dringendsten nötig hattest und ich...«
Was nun kommen würde, wusste ich. Alcide hatte sich in einen Wolf verwandelt, statt Mensch zu bleiben und mir aus dem Club herauszuhelfen, nachdem ich gepfählt worden war. Ich legte ihm meine freie Hand auf den Mund. Seine Haut war so schön warm. Wer es gewöhnt ist, Vampire zu berühren, der weiß, wie heiß schon ein normaler Mensch sich dagegen anfühlen kann, und noch mehr ein Werwolf, dessen Körpertemperatur ohnehin ein paar Grad höher ist.
Ich fühlte, wie mein Puls sich beschleunigte, und ich wusste, er fühlte es ebenfalls. Tiere haben ein sehr gutes Gespür für Erregung. »Alcide«, sagte ich, »sprich nie wieder davon. Du konntest nichts dafür, und ich bin ja schließlich auch heil davongekommen.« Tja, mehr oder weniger - und mal abgesehen von meinem Herzen, das an Bills Treulosigkeit zerbrach.
»Danke, dass du so viel Verständnis zeigst«, sagte er nach einer Pause, in der er mich eindringlich angesehen hatte. »Obwohl ich wahrscheinlich besser damit klarkäme, wenn du ausgerastet wärst.« Er fragte sich, ob ich bloß eine tapfere Miene aufsetzte oder ob ich es tatsächlich ernst meinte. Und ich war sicher, dass er mich am liebsten geküsst hätte, aber nicht wusste, ob mir das gefallen oder ich es ihm auch nur erlauben würde.
Nun, das wusste ich selbst nicht genau. Also ließ ich es gar nicht erst darauf ankommen.
»Okay, ich bin stinksauer auf dich und kann es nur ziemlich gut verbergen«, sagte ich. Seine Anspannung löste sich, als er sah, dass ich lächelte - auch wenn es vielleicht das letzte Lächeln dieses Tages zwischen uns sein sollte. »Hör mal, dein Büro am helllichten Tag ist nicht gerade der geeignete Ort oder Zeitpunkt, um dir die Dinge zu erzählen, die ich dir erzählen muss«, sagte ich. Ich sprach sehr ruhig, damit er begriff, dass ich ihn nicht anmachen wollte. Es war ja nicht so, dass ich Alcide einfach nur mochte. Ich hielt ihn immer noch für einen wirklich tollen Typen - aber solange ich nicht sicher war, dass er mit Debbie Pelt Schluss gemacht hatte, stand er nicht auf der Liste
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