Der Vampir der mich liebte
welchem Grund tun sie das? Warum gerade Shreveport? Wenn sie solche Möglichkeiten haben, Vampirblut trinken und den Willen besitzen, richtig böse Dinge zu tun, warum suchen sie sich dann nicht eine wohlhabendere Stadt aus?«
»Eine wirklich gute Frage.« Alcide dachte angestrengt nach. Seine grünen Augen bekamen einen leichten Silberblick, wenn er nachdachte. »Ich habe noch nie von einer Hexe gehört, die so viel Macht besitzt. Und ich habe noch nie von einer Hexe gehört, die ihre Gestalt wandeln kann. Vermutlich passiert so was überhaupt zum ersten Mal.«
»Was passiert zum ersten Mal?«
»Dass eine Hexe versucht, eine ganze Stadt in ihre Gewalt zu bringen und die Besitztümer der übernatürlichen Einwohner an sich zu reißen«, antwortete er.
»An welcher Stelle in der Supra-Hackordnung stehen die Hexen eigentlich?«
»Nun ja, sie sind Menschen und sie bleiben Menschen.« Er zuckte die Achseln. »Normalerweise halten Supras Hexen bloß für Möchtegern-Übernatürliche. Von der Sorte, die man im Auge behalten muss, weil sie Magie praktizieren und wir nun mal magische Geschöpfe sind ...«
»Also sind sie keine große Bedrohung?«
»Genau. Sieht allerdings aus, als müssten wir darüber noch mal neu nachdenken. Ihre Anführerin trinkt Vampirblut. Blutet sie sie selbst aus?« Er tippte eine Nummer ein und hielt sich das Handy ans Ohr.
»Keine Ahnung.«
»Und welche Gestalt nimmt sie an?«
Jeder Gestaltwandler hatte eine Vorliebe für ein ganz bestimmtes Tier, quasi sein Lieblingstier. Und Gestaltwandler konnten sich auch jederzeit als »Werluchs« oder als »Werfledermaus« bezeichnen, solange das außer Hörweite eines Werwolfs geschah. Werwölfe besaßen nämlich eine ganz entschiedene Abneigung gegen alle anderen zweigestaltigen Geschöpfe, die sich selbst die Bezeichnung »Wer« gaben.
»Nun ja, sie ist... so wie du«, sagte ich. Die Werwölfe betrachteten sich als die Könige der zweigestaltigen Wesen. Sie verwandelten sich nur in ein einziges Tier, und natürlich in das beste. Im Gegenzug nannten die anderen Gestaltwandler die Werwölfe »die Schlägertypen«.
»Oh, nein.« Alcide war entsetzt. Dann hatte er seinen Anführer am Telefon.
»Hallo, hier ist Alcide.« Schweigen. »Es tut mir leid, wenn ich Sie bei der Gartenarbeit störe. Ich habe etwas sehr Wichtiges erfahren und müsste mich so bald wie möglich mit Ihnen treffen.« Erneutes Schweigen. »Ja, Sir. Wenn Sie erlauben, bringe ich jemanden mit.«
Einige Sekunden darauf beendete Alcide das Gespräch. »Bill weiß doch sicher, wo Pam und Chow wohnen, oder?«, fragte er mich.
»Bestimmt. Aber er ist nicht da und kann es mir nicht sagen.« Wenn er es denn überhaupt getan hätte.
»Und wo ist er?« Alcides Tonfall klang trügerisch ruhig.
»In Peru.«
Ich hatte auf meine Serviette hinabgesehen, die ich zu einem Fächer faltete. Als ich wieder aufblickte zu dem Mann neben mir, sah ich, wie dieser mit ungläubiger Miene auf mich herabstarrte.
»Er ist weg? Er hat dich damit ganz allein gelassen?« »Na, er wusste ja nicht, was passieren würde«, sagte ich, bemüht, es nicht wie eine Rechtfertigung klingen zu lassen. Dann erst dachte ich: Was sage ich da eigentlich? »Alcide, ich habe Bill, seit ich aus Jackson zurück bin, nicht mehr gesehen. Nur noch ein einziges Mal, als er kam, um mir zu sagen, dass er das Land verlässt.«
»Aber sie hat mir erzählt, du wärst wieder mit Bill zusammen«, sagte Alcide in einem sehr seltsamen Ton.
»Wer hat dir das erzählt?«
»Debbie. Wer sonst?«
Meine Reaktion war vermutlich nicht sehr schmeichelhaft. »Und du hast Debbie geglaubt?«
»Sie hat mir erzählt, auf dem Weg zu mir hätte sie bei Merlotte's reingeschaut und dich und Bill dort sehr, äh, vertraulich miteinander umgehen sehen.«
»Und du hast Debbie geglaubt ?«, fragte ich erneut. Wer weiß, vielleicht würde er, wenn ich nur oft genug die Betonung wechselte, mir sagen, dass er bloß Witze machte.
Jetzt sah Alcide wirklich wie ein Schaf drein oder jedenfalls so schafsähnlich, wie es einem Werwolf möglich ist.
»Okay, das war dämlich«, gab er zu. »Die knöpf' ich mir vor.«
»Tu das.« Tja, tat mir echt leid, wenn das nicht allzu überzeugt klang. Aber das hatte ich schon einmal gehört.
»Und Bill ist wirklich in Peru?«
»Soweit ich weiß, ja.«
»Und du bist allein zu Hause mit Eric?«
»Eric weiß nicht, dass er Eric ist.«
»Er erinnert sich nicht daran, wer er ist?«
»Nein. Und an seinen Charakter
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