Der Vampir der mich liebte
einfallsreicher als der schwerfällige, bedächtige Hoyt. Sollte Jason nie wieder auftauchen, wäre Hoyts Leben sehr viel langweiliger.
Auf dem Parkplatz des Supersparmarkts verabschiedeten wir uns voneinander, und ich war erleichtert, dass Hoyt mich nicht auf das »TrueBlood« in meinem Einkaufswagen angesprochen hatte. Auch die Kassiererin hatte kein Wort darüber verloren, die Flaschen jedoch nur widerwillig angefasst. Beim Zahlen wurde mir klar, dass meine Gastfreundschaft Eric gegenüber ganz schön ins Geld ging. Erst die Kleider, jetzt das synthetische Blut, das summierte sich.
Es war schon dunkel, als ich zu Hause ankam und die Plastiktüten mit meinen Einkäufen aus dem Auto hievte. Ich schloss die Hintertür auf, ging hinein und rief nach Eric, während ich die Küchenlampe anschaltete. Ich bekam keine Antwort, also packte ich erst mal die Lebensmittel weg. Eine Flasche »TrueBlood« ließ ich neben dem Kühlschrank stehen, damit er sie gleich zur Hand hatte, wenn er hungrig war. Ich holte die Schrotflinte aus dem Kofferraum meines Autos, lud sie und versteckte sie im Schatten des Heißwasserboilers. Dann rief ich bei der Polizei an. Nichts Neues über Jason, sagte die Polizistin, die Telefondienst hatte.
Niedergeschlagen sank ich gegen die Küchenwand und rührte mich eine Weile nicht. Deprimiert in der Gegend herumhängen war allerdings auch keine besonders gute Idee. Ich sollte besser ins Wohnzimmer gehen und für Eric einen Film in den Videorecorder einlegen. Mittlerweile hatte er wohl alle Folgen von >Buffy< gesehen, und >Angel< besaß ich nicht. Ich fragte mich, ob ihm >Vom Winde verweht< gefallen würde. Vielleicht hatte er den Film auch schon x-mal gesehen. Andererseits, er litt ja an Gedächtnisverlust. Ihm sollte also alles neu vorkommen.
Als ich die Diele hinunterging, vernahm ich das leise Rascheln einer Bewegung. Vorsichtig öffnete ich die Tür zu meinem alten Zimmer, um kein zu lautes Geräusch zu verursachen, falls mein Gast noch nicht aufgestanden sein sollte. Doch, er war aufgestanden. Eric zog gerade seine Jeans hoch, mit dem Rücken zur Tür. An Unterwäsche hatte er keinen Gedanken verschwendet, er trug nicht mal dieses knallenge rote Ding. Mir blieb die Luft weg. Ich gab einen erstickten Laut von mir, zwang mich, meine Augen ganz fest zu schließen, und ballte die Fäuste.
Falls es so etwas wie einen internationalen Wettbewerb um den schönsten Hintern der Welt gab, würde Eric ihn gewinnen - ganz sicher, jede Wette. Er würde die größte Trophäe weit und breit bekommen. Mir war bislang nicht klar gewesen, dass auch Frauen manchmal dagegen ankämpfen müssen, einen Mann unbedingt berühren zu wollen - doch hier stand ich jetzt: die Fingernägel in die Handflächen gegraben und den Blick starr auf die Innenseite meiner Augenlider gerichtet, als könnte ich vielleicht doch durch sie hindurchspähen, wenn ich mich nur stark genug anstrengte.
Es war irgendwie erniedrigend, jemanden so ... so wollüstig - na, wenn das kein »Wort des Tages« für meinen Kalender war - zu begehren, nur weil er körperlich wunderschön war. Ich hätte nie geglaubt, dass Frauen so was auch passierte.
»Sookie, ist alles in Ordnung?«, fragte Eric. Durch einen Sumpf der Lust bahnte ich mir einen Weg zurück zur Vernunft. Er stand direkt vor mir, die Hände auf meinen Schultern. Ich sah hinauf in seine blauen Augen, deren Blick sich ganz auf mich konzentrierte und von nichts anderem als Sorge um mich sprach. Ich war genau auf Augenhöhe mit seinen Brustwarzen. Ich biss auf die Innenseite meiner Lippe. Nein, ich würde mich nicht diese paar Zentimeter hinüberlehnen.
»Entschuldige«, sagte ich sehr leise. Ich traute mich nicht, laut zu sprechen oder mich auch nur zu bewegen. Sonst hätte ich mich wohl direkt auf ihn gestürzt. »Ich wollte hier nicht einfach so reinplatzen. Ich hätte anklopfen sollen.«
»Du hattest doch sowieso schon alles von mir gesehen.«
Ja, aber nicht die nackte Hinterseite. »Trotzdem, das war nicht höflich.«
»Das macht doch nichts. Du siehst ziemlich mitgenommen aus.«
Ach, wirklich? »Na ja, mein Tag war ziemlich miserabel«, sagte ich angespannt. »Mein Bruder ist verschwunden, und die Werwolf-Hexen in Shreveport haben die - die Vizepräsidentin des dortigen Werwolfrudels ermordet, ihre Hand lag im Blumenbeet. Oder irgendjemandes Hand zumindest. Belinda ist im Krankenhaus. Ginger ist tot. Ich brauche jetzt erst mal eine Dusche.« Ich drehte mich auf dem Absatz um und
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