Der Vampirprinz: Royal House of Shadows (German Edition)
(und dann auch noch so oft).
Von jetzt an Hände weg, beschloss sie. Und eines Tages würde sie sich für ihr Verhalten entschuldigen. Vielleicht. Sie war sich nicht sicher, ob das glaubwürdig sein würde. Obwohl sie sich besser zurückhalten sollte – schließlich war er ein Missbrauchsopfer –, gefiel es ihr, ihn anzufassen. Böse Jane. Aber, na ja, ihm schien es auch zu gefallen, von ihr angefasst zu werden. Er warf sich immer herum und beruhigte sich erst, wenn sie in Reichweite war.
Nicolai sprach im Schlaf. Manchmal stellte er Fragen an einen Mann, der seine Hilfe brauchte, manchmal verfluchte er Laila für die schrecklichen Dinge, die sie ihm angetan hatte, und manchmal kämpfte er gegen hässliche Monster und zappelte mit Armen und Beinen. Nach den letzten beiden Vorfällen schwor er immer Rache. Schmerzhafte, langsame Rache.
Ein Schwur, den er jetzt mit Leichtigkeit in die Tat umsetzen konnte. Die Schwellungen in seinen Handgelenken und Fußknöcheln waren abgeklungen, seine Daumen hatten sich wieder eingerenkt, und seine Füße hatten sich vor ihren Augen wieder zusammengefügt. Selbst die Abschürfungen an seiner Haut waren verschwunden. Es war ein erstaunlicher Prozess, den sie da beobachtete.
Die Vampire, die sie erforscht hatte, waren auch schnell geheilt, aber nicht so schnell. Außerdem hatten sie auch nicht so lange am Stück geschlafen. Sie machte sich Sorgen um ihn.
Brauchte er Blut? Er hatte im Palast viel getrunken, und Überfütterung richtete genauso viel Schaden an wie Hunger. Vielleicht noch mehr, denn Überfütterung weckte einen unstillbaren Drang nach mehr, mehr, mehr. Nichts anderes zählte mehr, und Leiche um Leiche säumte den Weg von Vampiren, die es übertrieben hatten.
Sie dürfte so etwas nicht wissen. Sie hatte sich fast verraten, als sie zugegeben hatte, von der Sache mit dem In-Flammen-Aufgehen zu wissen. Und während sie sich selbst dafür hasste, an seinen Artgenossen Experimente durchgeführt zu haben, wünschte sie sich doch, sie hätte noch mehr geforscht, um jetzt mehr zu wissen. Alles, um Nicolai in diesem Augenblick zu helfen.
Jane seufzte. Sie würde ihm noch einen Tag geben. Und was dann? fragte sie sich.
Sie müsste eine Art Trage für ihn bauen und ihn durch den Wald bis zur nächsten Stadt schleifen, dort einen Heiler finden und ihn untersuchen lassen. Wenn es in der Nähe überhaupt eine andere Stadt als Delfina gab.
Das Problem – abgesehen von ihrer geringen Kraft und ihrer mangelnden Ortskenntnis – war ihr Gesicht. Ihre magische Maske. Als Odette konnte sie nicht einfach in der Menge untertauchen, wie die Reaktion der Menschen vor dem Palast bewiesen hatte. Vielleicht würde Laila bald davon erfahren, wohin sie geflohen waren. Jemand könnte versuchen, Nicolai gefangen zu nehmen.
In dem Fall würde Jane die Person töten müssen, und sie war nicht bereit, zum Mörder zu werden.
Ihr entfuhr ein weiterer Seufzer, dieses Mal ein müder. Während ein goldener Mond sich an den samtschwarzen Himmel hängte, legte sie ihre gebastelten Waffen – Zweige, die sie an Steinen geschärft hatte, bis sie zu Dolchen und Speeren geworden waren – neben Nicolai. Dann legte sie sich selbst neben ihn.
Sie hatte vor einer Stunde ihr Gewand gewaschen und es über einen Ast gehängt, der in der Nähe herabhing. Bis auf ihren Slip war sie nackt. Es ging also nicht anders. Sie würde sich keine Selbstvorwürfe machen, weil sie Nicolais Wärme brauchte. Na ja, jedenfalls nicht viele. Die Bäder waren vielleicht überflüssig gewesen, sich an ihn zu schmiegen war es nicht.
Neben ihm zu liegen erweckte in ihr eine Fülle von wundersamen Empfindungen. Frieden, nach so vielen Monaten der Angst und der Trauer. Seelentiefe Zufriedenheit. Hoffnung auf die Zukunft, vor der sie sich bisher stets gefürchtet hatte. Er sollte nicht in der Lage sein, sie so schnell und so heftig zu beeinflussen, selbst mit Magie nicht.
Nachdem sie eine Weile darüber nachgedacht hatte, wurde ihr klar, dass Magie die Gefühle eines Menschen nicht verändern konnte. Er hatte seine Entführer nie an sich herangelassen, und wenn sie die Möglichkeit gehabt hätten, ihn zu zwingen, hätten sie es getan.
Obwohl sie erschöpft war, fiel es ihr schwer, einzuschlafen. Ihr Rücken war verschorft, und der Schorf spannte und platzte bei jeder Bewegung wieder auf. Und ihre Beine – ohne ihr morgendliches Jogging und die Krankengymnastik verkrampften ihre Beine immer öfter, schmerzten und pochten. Sie
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