Der Vater des Attentäters (German Edition)
gearbeitet hat?»
«Ja, Sir. In Austin, Texas, hat er sechs Wochen lang Flugblätter verteilt und Wähler registriert.»
«Und ist es ebenfalls richtig, dass sein Gruppenleiter in Austin später in das Team für die nationale Kampagne gewechselt ist?»
«Ja, Sir. Sein Name ist Walter Bagwell.»
«War Mister Bagwell am Tag des Attentats in Los Angeles?»
«Ja, Sir. Er war zur Zeit der Schüsse ebenfalls in Royce Hall.»
«Gibt es irgendeinen Hinweis darauf, dass Daniel Allen während der Tage vorher Kontakt zu Mister Bagwell hatte?»
«Wir haben mit Mister Bagwell gesprochen. Er sagt aus, seit drei Monaten nichts mehr von Mister Allen gehört zu haben.»
Senator Foster nahm seine Brille ab und rieb sich die Stirn. «Was ist hier nur passiert, Mister Miles? Wie konnte das alles möglich sein?»
«Die Sicherheitsvorkehrungen im Vorfeld der Veranstaltung waren unvollständig.»
«Unvollständig.»
«Mangelhaft.»
«Sind die verantwortlichen Beamten disziplinarrechtlich dafür belangt worden?»
«Senator, wenn Sie erlauben: Die Aufgabe, einen Präsidentschaftskandidaten zu schützen, ist weit komplizierter als der Schutz des amtierenden Präsidenten. Die Kandidaten wollen, dass der Secret Service so diskret wie möglich bleibt. Sie wollen keine Wand zwischen sich und den Wählern. Zudem werden die Veranstaltungen oft in letzter Minute beschlossen, so dass keine Zeit für die Vorausteams bleibt, die Orte angemessen zu sichern.»
«Das klingt nach Ausreden.»
«Es sind aber keine, Senator. Es sind Tatsachen. Die für Senator Seagram zuständigen Beamten waren gewissenhafte Leute. Die Wahrheit ist: Um diese Tragödie hundertprozentig verhindern zu können, hätten wir ein dreimal so großes Personalaufgebot benötigt, wie es uns tatsächlich zur Verfügung stand. Wir hätten Royce Hall schon drei Tage früher schließen und das Gebäude täglich neu durchsuchen müssen. Eine solche Sicherheitsstufe ist während des Wahlkampfs jedoch nicht möglich, wenn Veranstaltungen kurzfristig innerhalb von Tagen, manchmal Stunden, geplant werden.»
«Sie meinen also, das Attentat sei nicht zu verhindern gewesen?»
«Mit etwas Glück», sagte Miles, «wäre es zu verhindern gewesen. Aber das hatten wir nicht.»
Mein Sohn wurde an einem 9. April um sechs Uhr nachmittags geboren. Als die Schwester ihn vorsichtig nahm, um seine Atemwege zu säubern, packte er ihren Kittel mit eisernem Griff. Wir waren im Saint John’s Health Center, wo ich gerade meine Zeit als Assistenzarzt beendete. Ellen hatte bereits neunzehn Stunden Wehen hinter sich, als der Arzt sich zu einem Kaiserschnitt entschloss. Unter grellem Neonlicht wurde mein Sohn seiner Mutter aus dem Leib geschnitten. Der erste Schnitt erfolgte schnell, und schon Sekunden später war der erste Schrei zu hören. Ich saß direkt neben Ellen und redete beruhigend auf sie ein, während sie sich mühte, ihren Sohn zu sehen. Ihre Arme waren in einer Kreuzigungshaltung arretiert. Unser Sohn wurde uns gereicht, so dass sie ihr Gesicht an ihn drücken konnte, dann wurde sie zur Nachversorgung gefahren. Ich folgte der Geburtsschwester. Ich war dreißig Jahre alt, hatte in der Nacht zuvor Dienst gehabt und stand schwankend über der Wiege, fast wäre ich im Stehen eingeschlafen. In meinen Adern pulsierte jedoch auch diese neue Energie. Ich war Vater, ich hatte einen Sohn. Mein eigener Vater war gestorben, als ich noch ein Kind gewesen war. Wie Senator Seagram war ich nur mit einer Mutter aufgewachsen. Wusste ich überhaupt, wie man sich als Vater verhielt?
Daniel sah mich mit riesigen Augen an. Er war jetzt warm und trocken, denn man hatte seine Arme und Beine vom Fruchtwasser befreit, der kleine Mund bewegte sich In diesem Moment war er ein Geschöpf, das alle Möglichkeiten dieser Welt verkörperte. Ein Bild der Unsterblichkeit. Die Liebe, die ich verspürte, war absolut, und die Dinge in meinem Leben, die mir immer als zufällig erschienen waren, kamen mir mit einem Mal wie die logischen Bestandteile eines riesigen Masterplans vor. Die Geschichte der Erde, mit all ihren Kriegen und Katastrophen, ihren Hungersnöten und Überschwemmungen, hatte zu diesem einen Moment geführt, diesem einen Kind, diesem Jungen, der da auf der weichen Baumwolldecke lag und seinen Vater ansah.
Eines Tages würde er lachen lernen, Saft aus einem Glas trinken, pfeifen. Alles war neu. Daniel starrte mich an, lauschte meiner müden Stimme und streckte die winzige Hand aus. Er kannte mich,
Weitere Kostenlose Bücher