Der Venuspakt
Ihre Handgelenke schmerzten im eisenharten Griff, mit dem er sie gepackt
hielt, und voller Ekel spürte sie seine andere Hand unter ihre Bluse kriechen
und gierig nach ihren Brüsten tasten. Sie versuchte vergeblich, sich aus seiner
Umarmung zu schlängeln, aber ihre Gegenwehr schien ihn noch heftiger zu
erregen und er drängte sich umso dichter an sie heran.
Fatalistisch ergab sie sich ihrem Schicksal. Sie erkannte, ohne Aussicht auf
Rettung war sie seinen Angriffen ausgeliefert, denn der Vampir war viel stärker
als sie. Ihre Gegenwehr gefiel ihm offenbar und es war nur eine Frage der Zeit,
wann er sie vergewaltigen oder töten würde. Vermutlich plante er beides.
Nuriya wurde plötzlich ganz schlaff in Senthils Armen und sackte schein-
bar ohnmächtig in sich zusammen. Senthil erschrak: Hatte er sie versehent-
lich getötet? Diese Sterblichen konnten so empfindlich sein, und sie war ja
nur zur Hälfte eine Fee.
Nein, sie lebte noch. Ihr Herz klopfte wie das eines verängstigten Vogels.
Wütend schlug er ihr ins Gesicht.
«Treib kein Spiel mit mir! Das haben schon ganz andere als du mit ihrem
Leben bezahlt!»
Nuriya hätte am liebsten geweint, doch dann erinnerte sie sich an das ver-
räterische Rot ihrer Tränen und sie wandte ihr brennendes Gesicht ab. Der
Entführer gab ihr einen heftigen Stoß, sodass sie zurück auf das primitive La-
ger stürzte. Ein normaler Mensch hätte sich sicher ein paar Knochen bei dem
heftigen Aufprall gebrochen, aber das schien ihr Peiniger nicht zu bemerken.
Sin war nicht begeistert, die Fee Anvea aufsuchen zu müssen. Sie war ziem-
lich zickig und auch nicht besonders gut auf seine Schwester zu sprechen.
Beide wurden einst als große Kriegerinnen verehrt, aber seine Schwester war
nebenher auch noch für Liebesangelegenheiten zuständig und hatte dabei die
Gunst von Anveas Bruder – manche sagten – er sei auch ihr Liebhaber, gewon-
nen. Außerdem war die Venus das Himmelszeichen seiner Schwester und das
verhieß in der jetzigen Situation nichts Gutes.
Kein Wunder also, dass Anvea ihn, als er in ihren Salon schlenderte, wütend
anfauchte: «Sin! Du wagst es, hierher zu kommen? Verschwinde sofort aus
meinem Haus!»
«Das würde ich sehr gerne, aber zuerst solltest du mir verraten, welches Un-
heil du diesmal angezettelt hast.»
«Was meinst du damit?», fragte sie mit einem listigen Gesichtsausdruck
und drapierte ihren üppigen Leib auf einer gut gepolsterten Liege.»
Sin betrachtete interessiert ihre Selbstzufriedenheit. Er lehnte sich gegen
eine marmorne Säule, verschränkte die Arme vor der Brust und beschloss, ihr
zu schmeicheln.
«Du bist gewachsen!», stellte er fest. Anvea wuchs immer, wenn es ihr ge-
lang, Zwietracht zu säen.
«Nicht wahr?», fragte sie und strich zufrieden über ihre Hüften.
«Erzähl mir nicht, dass du diesen listigen Plan ausgeheckt hast, das Venus-
bündnis zu stören.»
Die Fee schien ein wenig größer zu werden und entgegnete stolz: «Oh doch,
das war meine Idee!» Sie kicherte und rieb sich dabei die Hände. «Das wird ein
sehr blutiger Krieg zwischen dem Reich des Lichts und der Dunkelheit!» Sie
lachte erneut: «Blutig! Das ist gut!»
Sin unterdrückte einen Seufzer und schenkte ihr stattdessen ein strahlen-
des Lächeln.
«Sehr gut! Doch sage mir, was willst du mit der Auserwählten tun, wenn du
sie gefangen hast?»
«Aber Senthil hat sie schon längst ...», erschrocken hielt sie die Hand vor
ihren Mund und schaute Sin aus großen Augen an. «Das hätte ich nicht ver-
raten dürfen!»
«Mach dir keine Gedanken, er erzählt bereits selbst überall herum, wie ge-
schickt er das Mädchen gefangen hat.» Als Sin das ärgerliche Blitzen in An-
veas Augen sah, fügte er noch hinzu: «Und er behauptet, demnächst die Welt
der Schatten zu regieren und selbst bald ein Kriegsgott zu werden!»
Nichts davon stimmte, aber die Reaktion der Fee bestätigte ihn in seiner
Strategie. Wütend richtete sie sich auf und kreischte: «Der Wurm! Wie kann
er es wagen?»
«Er ist wahrlich ein Unwürdiger», schmeichelte Sin.
«Sterblich oder nicht, diese menschliche Rasse ist einfach völlig misslun-
gen, findest du nicht auch?»
Sin ignorierte ihre Frage. «Warum hast du dich überhaupt mit ihm einge-
lassen?»
«Ach, du weißt doch – mir ist so schnell langweilig.»
«Wie kann dir bei all den fürchterlichen Kriegen, die diese Sterblichen ge-
geneinander führen, langweilig werden?», wunderte Sin sich und
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