Der Venuspakt
Bett eines der Gästezimmer gelegt. Eine kurze Untersuchung ergab, dass ihre
Wunden nicht tief waren und ihr abgesehen von einem bereits gestillten Na-
senbluten und Prellungen nichts fehlte. Sie wuschen ihr mit einem weichen
Schwamm das Blut aus dem Gesicht und verbanden ihren verletzten Arm.
Angelina spürte großen Stress in dem bleichen Feenkind. Offensichtlich
hatten sie die Ereignisse des Abends völlig erschüttert. Sie sandte dem Mäd-
chen ein paar beruhigende Gedanken, bevor sie zusammen mit der Haushäl-
terin das Schlafzimmer verließ und behutsam die Verbindungstür hinter sich
schloss. Den heimlichen Beobachter bemerkte sie nicht.
Asher konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sanft berührte er das ra-
benschwarze Haar des Feenkindes. Der Vampir griff in die seidige Pracht und
vergrub sein Gesicht darin, um ihren verführerischen Duft genussvoll in sich
aufzunehmen. Sie roch, wie alle Feen, nach Kräutern und frisch geschnitte-
nem Gras, aber ihre Mischung besaß zudem eine persönliche Note erdigen
Waldbodens und Jungfräulichkeit und war dadurch einzigartig und sehr ver-
führerisch. Ihre Strähnen glitten schließlich lang und glatt durch seine Hand
zurück aufs Bett – da spürte er ihren Blick.
Das Mädchen starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
«Pst, kleine Fee! Du musst keine Angst haben!», versuchte er sie zu beru-
higen und konnte doch nicht leugnen, dass ihre Furcht ihn erregte. Ihre per-
fekten Brüste hoben und senkten sich unter dem dünnen Laken, ihr Atem
ging stoßweise und er wäre ein Heiliger gewesen, wenn er beim Anblick ihrer
leicht geöffneten Lippen der Versuchung widerstanden hätte, sie zu küssen.
Sanft streifte er ihren Mund, der nachgiebig und weich seine Liebkosungen
willkommen zu heißen schien. Asher begann, sie mit seiner Zunge zu necken,
und stieß dabei auf keinerlei Gegenwehr. Ermutigt vertiefte er seinen Kuss
und spürte ... nichts!
Enttäuscht richtete er sich auf. Diese Fee war süß und verführerisch, aber
seine Seelenpartnerin war sie nicht. Noch schlimmer. Er hatte in ihren Gedan-
ken nur das Bild des blonden Mannes aus der Bar gesehen, von dem sie nicht
einmal wusste, dass er ein Werwolf war! Ihre Furcht war echt und er hatte
kein Recht sie zu küssen, verletzt und hilflos wie sie war.
Asher kam sich vor wie ein Schuft und floh regelrecht aus dem Raum. Aller-
dings nicht ohne vorher einen Schlafzauber zu sprechen, der sie diesen Vorfall
vergessen lassen würde. Dieses Feenkind und der Werwolf waren füreinander
bestimmt – ihm blieb nur die Hoffnung, eines Tages der Frau aus seinen Träu-
men zu begegnen. Und es gab sie, da war er sich ganz sicher. Während des
Kusses war es ihm kurz vorgekommen, als gäbe es jemanden hinter der Fee,
ein Wesen, das durch sie hindurch zu ihm sprach und für seine Verwirrung
verantwortlich war.
Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für romantische Schwärmerei-
en, rief er sich zur Ordnung und begann zu überlegen, wie er das Geheimnis
der Attentatsserie ergründen konnte.
Ein paar Zimmer weiter hob Donates einen Augenblick lang seinen Kopf
und lauschte prüfend in die Nacht. Aber er konnte keine Störungen feststellen
– er hatte sich offenbar geirrt. Ein wenig hilflos schaute der Vampir auf den
verletzten Polarwolf und entschied: «Wir brauchen Verbandsmaterial!»
Die Haushälterin nickte und schickte sich an, das Verlangte zu holen.
Angelina schaute ihren Geliebten an: «Mon Amour, wärst du wohl so nett
und begleitest sie?»
Donates hob fragend eine Augenbraue. Es war ihm anzumerken, dass er
nicht entzückt war, sein Weib mit dem Lykanthropen alleine zu lassen.
«Weib? Verschwinde lieber, bevor ich meinem archaischen Gatten zeige,
wozu so ein ›Weib‹ fähig ist!» Ihr Lächeln nahm jedem möglichen Vorwurf
die Spitze und Donates trollte sich verlegen grinsend.
Sowie sie alleine war, setzte sie sich zu dem verletzten Tier und kraulte es
beruhigend hinter den Ohren. Angelina war überrascht, wie weich und dicht
das herrliche silbergraue Fell war. Sie hatte nie zuvor einen Werwolf berührt,
aber merkwürdigerweise immer geglaubt, ihr Fell müsse hart und struppig
sein. Dann schloss sie die Augen und versuchte, mit dem Wolf mentalen Kon-
takt aufzunehmen:
Du musst loslassen!
Das Tier spitzte die Ohren.
Komm zurück. Ich kann dir nur helfen, wenn du zu uns zurückkommst!
Ein leises Grollen war zu hören.
Du musst keine Angst haben. Hier wird dir niemand
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